Auch dein Tod ändert nichts (German Edition)
du auch noch ein Bier?«
»Nein.« Sie schüttelt den Kopf. »Ich glaube, ich gehe jetzt.« Sie schaut zur Terrasse, wo das Gelächter lauter und das Benehmen ausgelassener geworden ist. »Ich weiß auch nicht, warum ich hergekommen bin. Ich mag Partys eigentlich nicht so richtig.«
Ich folge ihrem Blick. Cal tut so, als würde er sich mit Suzys neuem Freund prügeln. Die Mädchen kreischen, als würden sie das ernst nehmen. Um den Kübel mit dem Bier herum gibt es ein Kampftrinken, und auf dem Rasen wird Dosenkricket gespielt.
»Ja.« Ich lache. »Ich weiß, was du meinst. He, aber danke fürs Zuhören.«
»Schon gut. Ich verstehe sie besser als die meisten Leute. Wir waren Freundinnen. Wenn es nach mir ginge, wären wir es immer noch. Sind wir auch irgendwie auf eine etwas seltsame Art. Sie schottet sich ab, lässt niemanden an sich ran. Es ist nicht so, wie die Leute glauben. Sie sagen, Caro wäre arrogant, hielte sich für besser als alle anderen. Genau das Gegenteil ist der Fall. Sie hat Angst, dass jemand herausfindet, wie sie wirklich ist, wenn sie ihn an sich heranlässt und sich dann möglichst schnell aus dem Staub macht. Da sitzt ein ganz tiefer Schmerz. Es hat ihr bestimmt gutgetan, dass du ihr so nahe gekommen bist. Sie muss dich echt gernhaben.« Sie langt nach ihrem Handy in die Tasche. »Wenn du reden willst – jederzeit.«
Wir tauschen unsere Nummern aus und sie geht. Ich bleibe nicht viel länger. Ich habe hier nichts mehr zu suchen.
Ausnahmsweise gehe ich relativ nüchtern nach Hause und dannauch gleich ins Bett. Beim Einschlafen denke ich wie immer an sie, doch am Morgen ist es Rob, der mir durch den Kopf geistert. In der Nacht war ich plötzlich aufgewacht, als wäre ich geschüttelt worden. Mein Körper war schweißgebadet, das Bettzeug um mich herum zerwühlt. Ich wusste, dass ich geträumt hatte. Aber der Traum trieb so schnell auseinander wie Rauch im Wind und ließ sich nicht mehr rekonstruieren. Alles, was ich weiß, das Einzige, was ich mit Sicherheit sagen kann, ist, dass Rob dabei eine große Rolle gespielt hat.
29
Ich gehe auf die Suche nach ihm. Diese Sache zwischen uns muss irgendwie geklärt werden. Ich radle zu Großvaters Haus rüber. Kein Anzeichen von ihm. Ich fahre zu den Kneipen, in die er immer geht, und ziehe auch da eine Niete. Ich flitze sogar an ihrem Haus vorbei. Ihr Auto ist nicht da, was ich als Zeichen dafür nehme, dass sie ebenfalls nicht da ist. Ich möchte ihr nicht begegnen, ich bin noch nicht bereit dafür, und so klingele ich nicht an der Tür. Der letzte Ort, an dem ich es versuche, ist der Schrebergarten. Aber auch da ist niemand.
Mir fällt nichts ein, wo ich noch hinfahren könnte. Das lange Radfahren hat mich ganz schön Energie gekostet, deshalb entscheide ich mich, es bleiben zu lassen. Der Pflaumenbaum hängt voller Früchte, und auch einige Äpfel sehen reif aus. Solange ich hier bin, kann ich ebenso gut etwas Nützliches tun und für Großvater Obst pflücken. Mum kann das dann mitnehmen, wenn sie das nächste Mal ins Pflegeheim fährt.
In der Hütte müsste es eigentlich Plastiktüten geben. Ich gehe hin, will die Tür aufmachen, doch sie ist mit einem nagelneuen Vorhängeschloss gesichert. Ich spähe durch das trübe kleineFenster. Drinnen liegen Säcke auf dem Boden. Rob muss hier gewesen sein. Sieht aus wie Düngemittel – vielleicht hat er vor, den Boden umzugraben und für das nächste Jahr vorzubereiten, auch wenn Großvater Mist bevorzugt, weil der natürlicher ist. Da stehen auch ein paar Flaschen mit einem Totenkopf und gekreuzten Knochen auf dem Etikett, dem Zeichen für Gift. Vermutlich ein Unkrautmittel für die Brombeeren.
Ich kann das Obst auch in meinen Satteltaschen transportieren. Ich lege mit dem Pflücken im kleinen Obstgarten hinten auf dem Grundstück los. Hier ist es still, friedlich, nur das Keckern von ein paar Elstern und das entfernte Geräusch einer Maschine, die angelassen wird, vielleicht ein Rasenmäher oder ein Einachser. Ich bin ganz in das Pflücken vertieft. Nicht zu weich – ich möchte sie nicht als Matsch heimbringen – und nicht zu grün, sonst sind sie noch zu sauer. Ich höre ihn nicht kommen, bis er direkt hinter mir ist.
»Was machst du hier?«, presst er mir ins Ohr.
Unwillkürlich zucke ich zusammen.
»Obst pflücken. Wonach sieht es denn aus?« Ich versuche, gelassen zu klingen, doch seine plötzliche Anwesenheit verunsichert mich.
Er tritt zurück. Er sieht ganz anders aus. Unauffällig
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