Auch dein Tod ändert nichts (German Edition)
und ganz in Schwarz gekleidet. So habe ich ihn Schwarz noch nie tragen sehen. Wenn er nicht Uniform trägt, reicht sein Geschmack von grell bis grässlich. Er ist sauber rasiert und seine Haare sind kurz geschnitten. Er sieht auch besonders fit aus, als würde er hart an sich arbeiten.
»Was hast du denn hier gemacht?«, frage ich und nicke Richtung Hütte.
»Ach, dies und das.«
»Warum das neue Schloss?«
»Zur Sicherheit. Ich hebe da ein paar Sachen auf. Ich möchte dabei nicht gestört werden.«
»Von Einbrechern?«
»Ist immer ein Risiko.«
Ich kann kaum glauben, dass wir so miteinander reden nach all dem, was zwischen uns passiert ist. Dass wir uns über Schrebergartenkram unterhalten, wo ich doch wirklich nur eines wissen will:
»Warum bumst du meine Freundin?«
Er tritt etwas zurück. Der plötzliche Themenwechsel hat ihn überrumpelt. Mit zusammengekniffenen Augen blickt er mich an.
»Erstens ist sie nicht deine Freundin, Jimbo. Meine genauso wenig. So ein Mädchen gehört niemandem. Zweitens«, er grinst jetzt und hat die Daumen in den Gürtel gesteckt. »Zweitens hat sie sich angeboten. Und, seien wir doch ehrlich, sie ist echt gut zu vögeln. Wäre ganz schön unhöflich gewesen, ihr eine Abfuhr zu erteilen. Überhaupt, bei der muss ein richtiger Mann her. Das hab ich dir schon mal gesagt.«
Mit einem Schulterzucken wendet er sich ab, als wär’s das gewesen, als ob meine Gefühle in dieser Angelegenheit etwa so wichtig wären wie die runtergefallene Pflaume, die er mit der Schuhspitze zur Seite stößt.
»Du kannst das nicht einfach so sagen und dann weggehen!«
»Kann ich das nicht?« Er sieht mich dabei nicht einmal an.
»Es ist doch immer dasselbe mit dir, Rob«, schreie ich in seinen Rücken. »Es wird ein bisschen kompliziert, und du haust ab.Wahrscheinlich willst du gar nicht wissen, was du anderen Menschen antust oder bist einfach zu dumpf, es zu sehen!«
Er bleibt stehen. Ich lasse die Satteltaschen, die ich noch in der Hand habe, einfach fallen, darauf gefasst, dass er über mich herfällt. Der ganze Zorn und die Wut, die ich bisher im Zaun gehalten hatte, kommen in Fahrt. Irgendwo aus meinem tiefsten Inneren steigen die Verletzungen hoch, all die Verbitterung, die ich empfunden hatte, jedes Mal, wenn ich geschlagen wurde, jedes Mal, wenn er mich niedergemacht hat. Die beiden Ströme treffen aufeinander, brodeln und schäumen, steigen immer höher, sind bereit zu explodieren.
Ich renne los und mein wilder Angriff wirft ihn zu Boden. Das hat er nicht erwartet. Er ist stark, aber ich schaffe es, ihn unten zu halten. Bald rollen wir auf dem staubigen Boden herum, und ich kriege ein paar ordentliche Schläge in die Rippen und Nieren, doch das reicht nicht. Er wirft mich ab. Ich weiß nicht wie, aber plötzlich ist er über mir. Er stemmt mir das Knie ins Kreuz und schlingt mir den Arm um den Hals. Er festigt den Griff, bis ich um Atem ringe.
Er beugt sich vor und zischt mir ins Ohr:
»Ich könnte dich jetzt töten. Dir den Hals brechen. Ist dir das klar?«
Ich trete um mich und zappele, doch das bringt nichts. Ich kann sein Gewicht nicht abschütteln, und mit jeder Bewegung wird sein Griff fester, liegt wie eine Stahltrosse um meinen Hals.
»Dann mach doch.« Ich würge die Worte als rasselndes Keuchen heraus. »Das ist doch das Einzige, was du kannst. Du Psycho!«
»Nenn mich nicht so!«
Der Druck nimmt zu, bis ich fast ohnmächtig werde. Er drücktmir das Gesicht nach unten, sodass ich Erde schmecke, Sand zwischen den Zähnen spüre. Ich kann nicht atmen und bin am Ersticken.
Dann lässt er mich los. Ich stehe auf und spucke den Dreck aus. Das hier endet wie jeder Kampf, den wir ausgetragen haben. Ich werde geschlagen, fresse Dreck, und er geht weg. Er ist fast schon am Ende des Gartens. Ich stürme ihm hinterher, springe ab, beide Füße zum Angriff vorgestreckt. Ich erwische ihn an seiner schlimmen Seite, und er geht zu Boden, das Gesicht zu einem Aufheulen verzerrt. Er wälzt sich herum, umklammert sein Bein, und ich bin über ihm. Ich sitze rittlings auf ihm und zwinge ihn nieder. Jetzt ist er dran, mit dem Gesicht im Dreck zu stecken. Der Schmerz hat ihn geschwächt, doch er kämpft unter mir. Er ist so stark. Ich kann nicht glauben, wie stark er ist. In einer Sekunde wird er mich abgeworfen haben und unsere Rollen sind wieder vertauscht. Was wird er mir dann antun? Ich strecke die Hände aus, taste herum, bis ich auf die scharfen Kanten eines Klinkersteins stoße. Ich
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