Auch Du stirbst einsamer Wolf
fast so wie in Monaco, nur daß man keinen Wein kaufen konnte, sondern nur noch eine Dose Bier für den Tag. Das Essen war auch ein bißchen schlechter, aber man konnte es noch gut essen. Mit den Beamten konnte man gar nicht sprechen, sie schlugen einem nur die Türe vor der Nase zu.
Ab und zu sprach ich mit Jürgen über meine Gefühle. Dann lachte er mich meistens aus, und einmal sagte er sogar:
»Mit deinen Gefühlsduseleien kommst du im Leben nicht weit, denn sowas darf man sich heutzutage nicht mehr leisten.
Vergiß die Scheißweiber, denen du nachtrauerst, und werde ein Mann, wie es sich gehört. Am besten, du nimmst auf niemanden Rücksicht und denkst nur an dich. So kommst du am besten durchs Leben.«
Eigentlich hatte er recht, aber was sollte ich da machen, denn ich war nun einmal so. Ich konnte einen Menschen lieben und vergaß ihn dann nie. Andersrum konnte ich auch hassen und vergaß diesen Menschen genausowenig, wie zum Beispiel meine Mutter. Sie haßte ich wie die Pest, und wenn ich ab und zu an sie dachte, hätte ich sie töten können für das, was sie getan hatte.
Zehn Tage blieb ich in Nice, als ich eines Morgens den Befehl bekam, meine Sachen zusammenzupacken. Dann mußte ich damit in die Ankleidekammer und mich vor einem Beamten pudelnackt ausziehen, da er meine Klamotten filzen wollte. Meine Unterhose und meine Socken bekam ich wieder zurück und das andere verstaute er in einem Karton. Dann bekam ich von diesem Schnulli einen grauen Filzanzug, der wirklich ekelhaft aussah und noch dazu auf der Haut kratzte.
Als ich das ekelhafte Filzzeug anhatte und an mir hinunter-schaute, wurde es mir fast schlecht, denn so dämlich war ich in meinem ganzen Leben noch nie angezogen gewesen. Dann wurde ich in eine von diesen großen Transportzellen eingeschlossen. Dort warteten noch andere, die ebenfalls dieses mistige Filzzeug anhatten.
Das Mittagessen, das wir an diesem Tag bekamen, war genauso ekelhaft wie die Klamotten, die wir anhatten. Ich aß nichts davon, sondern leerte es gleich in die Toilette.
Am Nachmittag um zwei Uhr ging es endlich los. Wir wurden alle aus der Zelle geholt. Dann wurden jeweils zwei Mann mit einer Kette aneinander gefesselt. Ich hatte noch nie mit Ketten einen anderen an mir drangemacht gehabt, und so war es für mich ein ganz komisches Gefühl. Aber das war noch nicht alles, denn es sollte noch schlimmer kommen. Als wir alle zusammengekettet waren, wurden wir in einen Bus gebracht, der in lauter kleine Gitterkäfige aufgeteilt war.
Jeweils vier Leute wurden in einen solch kleinen Käfig gesetzt, und ich meinte, ich sehe nicht richtig, als ein Beamter nochmals mit Ketten winkte. Mit schweren Fußfesseln wurden wir nochmals zusammengekettet, als wären wir wilde Tiere.
Dann wurde die Gittertüre zugesperrt und man saß da wie eine gezähmte Bestie. Wenn man einmal an den Hand-und Fußgelenken an jemanden gefesselt ist, kann man wirklich nur noch mit dem Kopf schütteln, denn dies war nicht mehr menschenwürdig. Einer der Gefangenen bekam gleich am Anfang Platzangst und fing an zu randalieren. Es war wirklich grausam, wie die Beamten den armen Kerl zusammendroschen, nur damit sie ihre Ruhe hatten. Ich sah weg, als sie ihn mit Schlagstöcken zusammenschlugen, denn es war mir zu brutal.
Er konnte sich überhaupt nicht wehren, sondern schrie nur noch vor Schmerzen. Als man alle im Bus hatte, wurden die Türen geschlossen, so daß überhaupt keine Frischluft in den Wagen kam, außer wenn der Bus einmal in Fahrt war und es etwas durch die Ritzen zog.
Da man im Bus rauchen durfte, war der ganze Wagen noch vor der Abfahrt so eingenebelt, daß einem das Luftholen schwer zu schaffen machte, außer wenn man sich ebenfalls eine Kippe ansteckte, was ich auch tat. Für die Nichtraucher mußte es eine Qual gewesen sein, und sie hatten nicht einmal die Möglichkeit, etwas dagegen zu machen. Man hätte wenigstens von den Beamten erwarten können, daß sie ein Fenster ein wenig öffneten. Aber das taten sie nicht, obwohl man sie danach fragte. Die Beamten spürten nichts von der ganzen Sache, denn sie hatten einen Extraraum, von dem aus sie beobachten konnten, was die gefesselten Gefangenen machten.
Dann fuhr der Bus endlich los, und ich wäre froh gewesen, wenn die Fahrt schon zu Ende gewesen wäre.
Vor und hinter dem Bus fuhren drei Motorräder und Wagen der Polizei. Sie hatten die Aufgabe, den Weg freizumachen, da der Bus nicht halten durfte. Wenn nun ein Feuer ausgebrochen wäre
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