Auch Du stirbst einsamer Wolf
Hauptbau heraus, die Straße ein Stück hinauf und wieder durch ein großes Tor hinein. Dort wurden wir aus dem Wagen geholt, und die Ketten wurden uns wieder abgenommen, denn über diese hohen Mauern konnte niemand fliehen. Dann brachte man uns zur Anmeldung, die sehr schnell erledigt war, denn man hatte schon auf uns gewartet.
Darauf kam ich in den Zellentrakt. Als ich meine Zelle sah, bekam ich fast einen Herzinfarkt, denn ich hatte noch nie einen solchen Schweinestall gesehen. In der Zelle flog der ganze Schaumgummi von der Matratze herum, die so ein Arschloch total zerrupft hatte. Papier und aller möglicher Abfall lag am Boden, die Toilette war dreckig, als wenn tausend Mann darauf geschissen hätten. Das ganze Ding war ein Dreckstall, wie man ihn nur selten zu Gesicht bekommt. So fragte ich den Beamten, ob ich nicht in eine andere Zelle könnte, da diese so dreckig sei. Dieser meinte aber nur, daß ich nicht im Hotel sei und sie ja sauber machen könnte. Also mußte ich mich mit dieser Zelle zufriedengeben, sowie noch zwei andere, die ebenfalls neu mit mir in der Zelle waren.
Fast zwei volle Stunden schrubbten wir die Zelle, bis sie einigermaßen sauber war. Mich kotzte der Laden total an, und als wir fertig waren, setzte ich mich auf mein Bett und schaute die Zelle an.
Auch hier gab es kein Waschbecken, sondern nur einen Wasserhahn über der Toilette. Ein Tisch von fünfzig auf dreißig Zentimeter, der an der Wand befestigt war und hochgeklappt werden konnte, sollte für drei Personen langen, wobei nicht einmal einer Platz daran hatte. Dann standen noch zwei Nachkriegshocker in der Zelle, ein dreistöckiges, metallenes Bett, und an der Wand hingen zwei Regale, die jeden Moment drohten herunterzufallen. Das war alles, was da war und ich konnte mir nicht vorstellen, wie ich da die nächsten Monate überleben sollte. Hier konnte man Schweine und Schlachtvieh einsperren, aber doch keine Menschen, dachte ich mir, als ich dasaß und mich in diesem Luxus-appartement umschaute. Da wurden Milliarden für Waffen und allen möglichen Scheißdreck ausgegeben, aber junge Leute behandelte man so schäbig, als wenn sie keine Menschen wären. In solch einer Zelle wurden Verbrecher doch erst herangezogen und kein Mensch gebessert, was eigentlich der Sinn einer Haft hätte sein sollen. Es war wirklich hart für jemanden, der noch nie in einem Gefängnis war und besonders schwer in diesem von Marseille. Nach einer Weile zog ein Zellenkollege ein Paket Spielkarten heraus, und wir fingen an, uns die Zeit zu vertreiben. Was sollte man anderes machen in einem solchen Irrenhaus. Wenn man nur dasaß und auf die dreckigen Wände schaute, würde man mit der Zeit verrückt und hätte durchgedreht. Und Durchdrehen wäre bestimmt nicht gesund, bei diesen Beamten, die ihr Handwerk mit dem Knüppel verstanden.
Da einer meiner Zellenkollegen lange Haare hatte, wurde er vor dem Mittagessen aus der Zelle geholt und zum Friseur gebracht. Als er wiederkam, hatte er ganz kurze Haare und man erkannte ihn fast nicht mehr. Man machte dies aus hygienischen Gründen, erfuhr ich später. Auch Vollbärte wurden aus hygienischen Gründen wegrasiert, was meiner Meinung nach eine komplette Idiotie ist.
Dann kam das Mittagessen, das auf einem Wagen durch die Gegend gefahren wurde und jeder an der Zellentür in Empfang nehmen mußte. Es war zwar nicht das Essen, wie ich es mir vorgestellt hatte, aber wenn man Hunger hatte, brachte man es mit Hängen und Würgen hinunter. Irgend etwas mußte man essen, damit man nicht vor die Hunde ging. Aber ich war mit hundertprozentiger Sicherheit davon überzeugt, daß es die Beamten einen Dreck interessierte, wenn jemand in der Zelle verreckte. Sie schienen alle total abgebrüht zu sein.
Nach dem Essen sollten wir uns duschen, weil wir später dem Arzt vorgeführt werden sollten. Als ich in die Dusche hineinging, haute es mich fast wieder rückwärts raus, denn dort sah es nicht besser aus als in den Zellen. Die Trennwände zwischen den einzelnen Duschen waren schwarz, so dreckig waren sie.
Am Boden lagen leere Shampooflaschen, aufgeweichtes Papier, und teilweise lief eine Jauche rum, daß es einem schlecht werden konnte. Normalerweise müßte eine Dusche sauber sein, da man sich dort weiß Gott etwas holen konnte.
Auf dem Weg zum Arztzimmer kassierten wir einen Anschieß. Wir liefen nämlich mitten auf dem Gang auf das Arztzimmer zu, das am anderen Ende lag. Uns kam gemütlich ein Beamter entgegen und blieb
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