Auch Du stirbst einsamer Wolf
kleine Zelle gesperrt, in der man warten mußte, bis man bei der Aufnahme drankam. Ich fühlte mich hundeelend und hätte am liebsten losgeweint. Aber da noch zwei andere mit mir in der Zelle waren, unterdrückte ich es, denn sie hätten mich bestimmt ausgelacht.
Als wir mit der Aufnahme fertig waren, wurden wir in ein Lager geführt, das mit einer ganzen Menge Regalen und Kartons angefüllt war. In den Regalen stapelten sich die Knastklamotten, und ich gab die Hoffnung auf, meine eigenen zurückzubekommen. Ich mußte das Filzzeug ausziehen und bekam von einem Beamten ein paar blaue Lumpen vor die Nase gelegt, die ich anziehen sollte. Da ich keinen Ärger wollte, zog ich das Zeug an, denn ich konnte mir denken, was sie mit mir gemacht hätten, wenn ich mich geweigert hätte. Ich wäre bestimmt genauso zusammengedroschen worden, wie sie es mit dem einen gemacht hatten, der an den Bus gepißt hatte.
Man bekam dann noch zwei Decken, Laken sowie das Eßgeschirr. Als wir alle unsere Sachen hatten, wurden wir in einen anderen Bau geführt und in Zellen eingesperrt, die jeweils drei Mann beherbergten. Ich schaute mich in der Zelle um und glaubte, mich knutscht ein Elch.
Es waren keine Schränke da, keine Waschbecken, kein Spiegel, nur Betten, die bis fast unter die Decke gingen, weil es ein dreifaches Stockbett war. Anstelle eines Waschbeckens war genau über der Toilette ein Wasserhahn, der die Wasch-gelegenheit sein sollte. Die Wände waren verschmiert und dreckig, und an der Wand hing ein kaputter Tisch, den man einklappen konnte. Ich konnte mir nicht vorstellen, daß jemand in einer solchen Zelle Monate hausen konnte. Aber mir wurde von meinem Kollegen gesagt, daß wir am morgigen Tag in eine andere Zelle kommen würden, die besser sei als diese. Je mehr ich mich in der Zelle umschaute, um so deprimierter wurde ich, denn wenn man noch nie in seinem Leben gehaust hatte wie ein Schwein, dann konnte man sich auch nicht vorstellen, daß man nun dazu gezwungen wurde. Oh Gott, wie weit hast du mich abrutschen lassen, daß ich mich nun schon über einem Scheißhaus waschen muß?
Aber die Franzosen, die mit mir in der Zelle waren, fanden die Zelle nicht schlimm, denn einer von ihnen sagte:
»Diesmal haben wir gar nicht so eine schlechte Zugangszelle erwischt. Die ist also noch echt gut, gegen die anderen.«
Da hat es mich fast auf den Arsch gehauen, als ich das hörte.
Dann gab es das Abendessen, das man nicht gerade als Essen bezeichnen konnte. In Nice und Monaco hatte man wenigstens etwas Anständiges zum Essen bekommen. Aber in diesem Knast bekam man überhaupt nichts Anständiges, außer anständig auf die Schnauze, wenn man aufmuckte. Das hatte ich schon mitbekommen und es langte auch.
Da ich diesen Saufraß nicht anlangte, machte ich mein Bett und legte mich hin, denn ich war todmüde, wie ich es schon lange nicht mehr war. Da ich das oberste Bett genommen hatte und beim Nachdenken immer auf die Decke stierte, kam ich mir vor, als wenn ich behämmert wäre. Dann schlief ich irgendwann ein.
Am Morgen wachte ich auf, als ein Beamter mit seinen Schlüsseln wie ein Vollidiot auf die Türe hämmerte. Dabei schrie er immer:
»Aufstehen, Aufstehen…!«
Das kann einen am frühen Morgen aus dem Häuschen bringen, wenn man so gewaltsam geweckt wird, und deshalb schrie ich auf deutsch den Beamten an:
»Du verdammter Affenarsch, was fällt dir ein, am frühen Morgen so einen Krach zu machen?«
Gottseidank verstand er kein Deutsch, und deshalb schaute er mich an, als wenn ich ein Wunder wäre und sagte mir noch einmal, aber in einem freundlichen Ton, daß ich aufstehen solle, weil wir in einen anderen Zellentrakt verlegt werden sollten. Also schwang ich mich aus dem Bett und zog mich an.
Dann wusch ich mich das erstemal in meinem Leben über einer Toilette. Ich kam mir richtig erniedrigt vor und schämte mich vor mir selbst, denn ich zählte mich auf einmal zu jenen Pennern, die an der Straße standen und bettelten.
Dann wollte ich etwas essen, aber mir verging der Appetit, als ich das knochenharte Brot in der Hand hatte, das einer der anderen in die Zelle geholt hatte. Anstatt etwas zu essen, packte ich mein Zeug zusammen. Dann kam auch schon wieder der Beamte, der so geschrien hatte. Da ich noch keine einundzwanzig Jahre alt war, mußte ich in das Jugend-gefängnis, das außerhalb des Hauptbaus lag.
Man legte mir Ketten an, und ich wurde wieder wie ein Stück Vieh in einen Wagen verfrachtet. Dann fuhren wir aus dem
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