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Auch Du stirbst einsamer Wolf

Titel: Auch Du stirbst einsamer Wolf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fritz Mertens
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Ein Beamter, der in Zivil war, öffnete vor uns ein weiteres Tor. Wir wurden in einen Waschraum geführt, in dem zwei Brausen waren und mußten duschen, da dies jeder Neuankömmling machen mußte. Wir hatten nichts bei uns, da wir nicht wissen konnten, daß wir im Knast landen würden. Peter und ich stellten uns unter die Duschen, und er sagte auf einmal zu mir:
    »Die anderen machen sich bestimmt schon Sorgen um uns!«
    »Welche anderen?«
     
    »Na, Salem und die Mädchen.«
    Ich hatte noch nicht eine einzige Minute an sie gedacht, seit wir verhaftet waren. Das wunderte mich auf einmal selber und ich sagte zu Peter:
    »Ach ja, die hatte ich ganz vergessen!«
    »Die werden sich schon irgendwann melden, oder wir müssen ihnen schreiben. Aber Salem wird uns bald ausfindig gemacht haben.«
    »Das glaube ich auch, daß er uns bald findet, denn er kennt bald jeden hier in der Gegend. Schreiben brauchen wir ihm bestimmt nicht.«
    »Warten wir es ab. Vielleicht ist er auch früher da, als wir es erwarten. Er muß uns vor allen Dingen einen guten Anwalt besorgen, denn sonst machen die auf dem Gericht mit uns, was sie wollen.« An einen Anwalt hatte ich noch nicht gedacht, und mir kam es schon vor, als wenn ich alles vergessen hätte. Aber Peter schien gar nichts zu vergessen, denn er dachte wie eine Maschine. Er sagte mir alles, was wir noch zu erledigen hatten, besser gesagt, was ich zu machen hatte, denn er wurde nach seiner Haft sowieso der Legion übergeben, und so wäre es ihm recht gewesen, wenn sie ihn für den Rest seiner Dienstzeit eingesperrt hätte.
    Ich selbst war in bezug auf Sachen, die das Gericht betrafen, total ahnungslos, denn ich hatte nie groß etwas damit zu tun.
    Das einzige, was ich einmal mit einem Richter zu tun gehabt hatte, war ein Vorführungstermin wegen eines Ladendiebstahls, als ich fünfzehn Jahre alt war. Von diesem Richter bekam ich nach fünf Minuten Palaver eine Arbeitsauflage von acht Stunden, die ich im Krankenhaus absolvieren mußte. Aber diesmal ging es nicht um einen Ladendiebstahl, sondern um eine ernste Sache und die größte Scheiße, die daran war, war, daß es im Ausland war, denn dort handhaben sie solche Dinger noch ganz anders.
     
    Nach dem Duschen wurde uns die Bettwäsche gegeben.
    Dann sperrte man uns je in eine Einzelzelle, da es nur solche in Monaco gab, wie ich später erfuhr. Nun war ich das erstemal im Knast, und ich wußte nicht, was ich machen konnte, um so schnell wie möglich wieder herauszukommen. Wenn ich nur gewußt hätte, was auf mich zukam, dann hätte ich mich bestimmt wohler in meiner Haut gefühlt.
    In meiner Zelle richtete ich mich häuslich ein, soweit dies überhaupt möglich war, denn man hatte ja fast nichts.
    Vor dem Mittagessen haute es mich fast aus den Latschen, als mich ein Beamter fragte, ob ich Bier oder Wein zum Essen haben wollte. Man mußte es zwar selbst bezahlen, aber ich hatte genug Geld in der Tasche. Es war das erstemal, daß ich hörte, daß man im Knast Alkohol trinken durfte. Das Essen überraschte mich, denn es war hervorragend. Später erfuhr ich von Benni, einem Belgier, der im Knast arbeitete, aber ebenfalls ein Gefangener war, daß die Frau des Direktors selbst kochte.
    Am Nachmittag war Promenade, die aber nicht im Freien abgehalten wurde, sondern im Knast. Da erfuhr ich von Benni, daß im oberen Stockwerk sogar Frauen waren. Aber an diese kam man so gut wie gar nicht ran. Wenn die Männer Promenade hatten, dann waren die Frauen eingeschlossen, und andersrum war es genauso. Bennis Freundin saß ebenfalls in diesem Knast, und wenn ein guter Beamter da war, dann dürfte er sich ab und zu mit ihr unterhalten. Sie war übrigens eine Deutsche, die aus München war. Peter war nicht auf der Promenade, da er sich erst damit abfinden mußte, wieder der Legion ausgeliefert zu werden. Als ich mit Benni sprach, machte er mir nicht gerade gute Hoffnungen auf die bevorstehende Verhandlung, denn er erzählte mir, daß ich nicht unter sechs Monaten Gefängnis davonkommen würde. Im Gegenteil meinte er sogar, da Monaco eine ziemlich reiche Stadt ist, deshalb sind auch die Strafen dementsprechend, wenn man sich an dem Eigentum eines dieser Geldhaie vergreift. Er meinte, daß sechs Monate die Mindeststrafe sei in dieser verdammten Stadt. Er erzählte mir von ein paar Fällen, bei denen die Leute eine viel höhere Strafe als sechs Monate bekommen und weniger angestellt hätten als wir. Je mehr er mir davon erzählte, um so depremierter wurde

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