Auch Du stirbst einsamer Wolf
ruhig auf dem Stuhl sitzen, denn ich wußte, daß mit einem Legionär nicht gut Kirschenessen ist.
Da er sich anscheinend wie zu Hause fühlte, ließ er auch noch einen Furz in der Luft hängen, der nicht gerade angenehm roch. So saß ich noch ein paar Minuten da, als er mich auf einmal fragte:
»Du willst also bei uns eintreten?«
»Ja, deswegen bin ich ja hier.«
»Aha.«
»Was passiert jetzt eigentlich mit mir?«
»Ich habe vorhin gesagt, daß du die Schnauze halten sollst.
Außerdem hast du hier keine Fragen zu stellen und nur zu antworten, wenn ich dich etwas frage. Ich hoffe, wir haben uns jetzt verstanden?«
Ich hatte sehr gut verstanden und war wieder still. Langsam aber sicher ging mir der Laden auf den Keks. Das zerrt einem an den Nerven, wenn man nur dasitzt und von nichts eine Ahnung hat. Dann kriegt man auch noch gesagt, daß man den Mund halten und sitzenbleiben soll. Ich hatte echt große Lust aufzustehen und dieser ungehobelten Wildsau, die vor mir saß, eine auf den Schädel zu hauen. Ich saß da und saß und saß.
Genau um fünf Uhr rief der Depp nach einem anderen Soldaten und sagte zu diesem:
»Bring ihn hoch und zeig ihm, wo er schlafen kann. Morgen früh um neun bringt ihr ihn mir wieder her.«
Ich dachte, mich laust ein Affe. Da sitzt man eine halbe Ewigkeit vor diesem Schnulli, damit man hinterher genausoviel weiß wie vorher und noch nervöser wird, als man schon war.
Ich beherrschte mich aber so gut ich konnte und machte so, als wenn es das normalste wäre, was es überhaupt gab. Der Soldat, der mich übernahm, führte mich in die vierte Etage und zeigte mir, wo ich die Nacht über pennen konnte. Es standen acht Stockbetten in dem Raum, und ich war der einzige, der da war.
Wenn wenigstens nur ein einziger dagewesen wäre, der über den Laden Bescheid gewußt hätte und mir darüber etwas hätte erzählen können. Wenn ich wenigstens gewußt hätte, was sie mit mir vorhatten, dann wäre es mir bestimmt besser gegangen.
Auch wenn ich wußte, daß sie mir am morgigen Tag nicht den Kopf abreißen würden, hatte ich Angst vor diesem Tag.
Mir wurde etwas zu essen gebracht, aber ich ließ es stehen, da ich keinen Hunger hatte. Statt zu essen, legte ich mich ins Bett und versuchte zu schlafen. Obwohl ich hundemüde war, konnte ich nicht schlafen, und so setzte ich mich auf die Bettkante und rauchte ein paar Zigaretten. Dann legte ich mich wieder in die Falle, und diesmal konnte ich einschlafen. In dieser Nacht hatte ich gewaltige Alpträume und wachte am laufenden Band auf.
Um sechs Uhr morgens wurde ich an der Schulter gerüttelt.
Ich wachte sofort auf, und ein Soldat sagte zu mir:
»Aufstehen und fertigmachen zum Appell!«
Komischerweise hatte ich noch keinen Vertrag unterschrieben, und trotzdem sollte ich schon zum Appell gehen. Da ich sowieso froh war, daß die Nacht zu Ende war, stand ich auf, zog mich an und ging in die erste Etage hinunter. Unten stand schon eine ganze Horde wartender Soldaten. Einer der Typen winkte mich heran, und wir marschierten alle aus dem Haus.
Auf einem kleinen Platz standen die Soldaten in Reih und Glied, und ich mußte ganz alleine abseits stehen. Dann kam einer aus der Reihe, der an der Fahnenstange eine französische Flagge befestigte. Ein zweiter Mann trat aus der Reihe hervor und stellte sich vor die anderen Soldaten und schrie ein paar Kommandos, worauf alle Haltung annahmen, außer mir. Das schien dem einen Depp nicht zu passen, der vor den Soldaten stand, und er schrie deshalb zu mir hinüber:
»Nimm gefälligst Haltung an, du Arschloch!«
Das Arschloch hatte ich überhört, da es sowieso keinen Zweck gehabt hätte, mich darüber zu ärgern. Ich nahm sofort Haltung an, so wie es die anderen machten.
Dann hißte der Mann, der an der Stange stand, ganz langsam die Fahne. Damit war auch schon der Appell beendet, und alle Soldaten marschierten wieder ins Haus zurück. Da ich keine Lust hatte, in der Kälte stehen zu bleiben, marschierte ich den anderen hinterher. Ich wurde wieder in die vierte Etage geschickt, und gleich darauf mußte ich mein Frühstück in der Kantine holen. Ich hatte einen Wahnsinns-Kohldampf, und so schlang ich das Zeug runter, als wenn mir jemand etwas wegnehmen wollte. Darauf wusch ich mich, machte mein Bett, setzte mich an den Tisch und ließ mir gemütlich eine Zigarette schmecken. Auf einmal stand einer dieser Soldaten vor mir und sagte:
»Mach dich fertig und geh duschen!«
Da ich gerne dusche und vor allem
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