Auch Du stirbst einsamer Wolf
Als dieser kam, machte er ein paar kleine Tests und eine Routine-untersuchung, wie sie jeder Hausarzt vornahm. Dann konnte man sich wieder anziehen und in den Wagen setzen, der uns wieder zurückbrachte. Keiner von uns wurde bei dieser Voruntersuchung für untauglich erklärt. Als wir wieder in unsere Bude kamen, waren schon wieder zwei Neue da. Der Laden fing an, sich zu füllen. Es waren bald alle Nationalitäten vertreten, und ich fragte mich, wann die ersten Neger kommen würden.
Innerhalb von zwei weiteren Tagen waren sechzehn Mann da, und unsere Bude war total belegt. Alle die nun kamen, mußten in ein anderes Zimmer, das nebenan lag. Wir waren eine richtige kleine Gesellschaft und machten immer Blödsinn, wie die kleinen Kinder. Ab und zu hatte ich eine traurige Minute, denn ich dachte an Rita. In diesem Laden konnte ich mir keinen ansaufen, um sie zu vergessen.
Einmal kassierte ich mitten in der Nacht einen Anschiß. Den verpaßte mir der Typ aus dem Büro, der mir meine neuen Personalien gegeben hatte. Er war immer noch sauer auf mich.
Er machte mitten in der Nacht das Licht in unserem Zimmer an und schrie meinen alten Namen:
»Fritz Mertens!«
Da ich noch halb im Schlaf war, antwortete ich:
»Ja, hier!«
Nach diesen beiden Wörtern brach über mich eine Woge von Schimpfwörtern herein, daß man echt meinen konnte, in einem Irrenhaus zu sein. Mein alter Name existierte nicht mehr, und so hätte ich nicht antworten dürfen. Es mußte für diesen Typ eine richtige Befriedigung gewesen sein, denn als er fertig war, stand er immer noch vor meinem Bett und lächelte mich an. Ich wußte, warum er dies gemacht hatte, aber ich hielt meinen Mund. Als er mich weiterhin angrinste, nahm ich meine Zigaretten, klopfte eine aus der Packung, steckte sie mir an, machte einen tiefen Lungenzug und lächelte zurück, als wenn er mich eben gelobt hätte. Sofort verging ihm sein dämliches Grinsen, er drehte sich auf dem Absatz um, fluchte und verschwand aus dem Zimmer. Ich mußte. laut lachen, da ich die Sache sehr naiv fand und wir uns bei der Legion befanden und nicht im Kindergarten. Als ich meine Zigarette aufgeraucht hatte, drehte ich mich um und schlief weiter.
Nach einer Woche waren ungefähr zwanzig Mann im Hauptquartier, die sich bei der Legion gemeldet hatten. Alle hatten wir große Erwartungen und waren gespannt, was als nächstes kommen würde. Wir wußten zwar, daß wir demnächst nach Marseille kommen sollten, aber nicht, wann und wie.
Wenn man einen der Soldaten danach fragte, bekam man keine Auskunft, außer, daß wir es noch früh genug erfahren würden.
Eines Tages wurden wir alle in ein Zimmer gerufen. Dort mußten wir an einen Tisch sitzen. Ein Sergeant stand im Zimmer und hatte einen ganzen Stapel Aktenordner unter dem Arm. Der musterte uns eine Weile und fing dann zu sprechen an. Für die, die ihn nicht verstanden, wurde von einem anderen Soldaten übersetzt.
»Meine Herren!«
Darauf machte er eine lange Pause und schaute ziemlich ernst in die Runde.
»Heute ist der Tag, an dem Sie ihren Vertrag mit der Legion unterzeichnen werden. Ich werde Ihnen nun erläutern, was mit Ihnen geschieht, wenn Sie die Verträge unterschrieben haben.«
Keiner im Raum machte auch nur einen einzigen Mucks.
»Sobald Sie diese Verträge unterschrieben haben, gibt es kein Zurück mehr. Wenn also jemand austreten will, so soll er es jetzt tun. Macht sich danach jemand aus dem Staub, so ist das eine Desertion, die bei uns sehr hart bestraft wird. Ich werde Ihnen nun ganz genau erläutern, was in Zukunft geschehen wird und später auch noch Fragen beantworten, wenn es welche geben sollte. Dann erst werden Sie unterschreiben. Ich wiederhole noch einmal: Wenn jemand austreten will, dann soll er es auf der Stelle tun, und der Fall ist erledigt.«
Weiterhin sagte niemand etwas, obwohl der Sergeant extra eine Pause gemacht hatte. Dann sprach er weiter:
»Nachdem Sie den Vertrag unterschrieben haben, werden Sie noch am selben Tag nach Aubagne gefahren. Dort werden Sie sehr gründlich untersucht. Danach kommt die Grundausbil-dung, sofern Sie überhaupt tauglich sind. Mit Abschluß des Vertrages haben Sie sich auf fünf Jahre verpflichtet. Von diesen fünf Jahren werden Sie drei Jahre in Frankreich Ihren Dienst absolvieren und zwei Jahre in Übersee, wie zum Beispiel Afrika oder Tahiti.
Der Sold steigt von Zeit zu Zeit. Je länger Sie dabei sind, um so mehr verdienen Sie. Wenn Sie in Übersee sind, bekommen Sie zusätzlich
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