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Auch ein Waschbär kann sich irren

Auch ein Waschbär kann sich irren

Titel: Auch ein Waschbär kann sich irren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Borell
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alles.«
    Lennox las mit zusammengezogener Stirn, dann gab er mir den Brief zurück.
    »Das ist ja ungeheuerlich«, sagte er. »Aber was hat das nun mit Benjamin Rogers und den Inseraten zu tun? Und wer soll auf Sie geschossen haben?«
    »Das gerade war der Punkt, wo wir uns irrten«, erklärte ich. »Sicherlich haben Rogers und Bill an dieser Sache zusammen gearbeitet, aber Esther kam völlig unerwartet dazwischen. Es war unser Fehler, anzunehmen, daß es der gleiche Mörder ist, der Bill und Rogers getötet hat. In Wirklichkeit haben wir es mit zwei verschiedenen zu tun.«
    Lennox schwieg. Ich sah es ihm an, daß er mit meiner Theorie nicht einverstanden war.
    »Haben Sie schon mit Inspektor Smith gesprochen?« fragte er.
    »Noch nicht. Ich komme ja eben von Esther. Ich habe eine Schriftprobe von ihr in der Tasche Und fliege morgen früh nach San Franzisko. Wenn wir zwei Mörder annehmen, dann geht alles auf. Einer davon ist Esther. Klarer, als das hier in diesem Gutachten steht, kann man es doch kaum noch ausdrücken!«
    Lennox zuckte mit den Schultern.
    »Kann sein«, sagte er nachdenklich, »daß Sie recht haben. Werden Sie morgen abend wieder zurück sein?«
    »Ja, bestimmt. Vielleicht schon früher.«
    »Und Sie halten es nicht für zweckmäßig, die Polizei gleich zu verständigen? Das Mädchen könnte doch, wenn Sie sich nicht irren, gemerkt haben, was Sie...«
    »Jawohl«, unterbrach ich ihn betont, »Esther kann wissen, daß sie keine Chance mehr hat... oder nur noch eine. Auch das schreibt ja dieser Graphologe. Legen Sie Wert darauf, Colonel, ihr diese letzte Chance zu nehmen?«
    Er stand auf und sagte:
    »Ich will mich nicht in Ihre Angelegenheiten mischen, Mr. Warner.«
    Er verschwand im Haus und kam mit einer Whiskyflasche zurück.
    Ich stand auf.
    »Vielen Dank, Colonel, ich möchte aber heute nichts mehr trinken. Ich muß morgen sehr früh aus den Federn und will jetzt gleich nach Hause. Sagen Sie bitte Mary-Ann noch nichts davon, aber grüßen Sie sie bitte von mir.«
    Wir drückten uns die Hand, und als ich durch den Garten ging, tat es mir schon leid, daß ich nicht doch geblieben war. Nicht etwa des Whiskys wegen, sondern weil ich Mary-Ann sicherlich noch gesehen hätte.
    Es war inzwischen schon so dunkel geworden, daß ich die Scheinwerfer einschalten mußte. Ich hatte wirklich nur den Wunsch, nach Hause zu kommen.
    Während ich in nördlicher Richtung fuhr, kreisten meine Gedanken in wirrem Durcheinander um Esther Nicholas. Meine ganze Wut auf Bills Mörder war plötzlich wie ausgelöscht. Ich hatte Mitleid mit diesem Mädchen. Nun war mir auch klar, weshalb ihr der Gedanke, Bill sei ermordet worden, so entsetzlich war! Sie flüchtete sich in die Vorstellung von einem Unfall, und ich hielt es nicht für ausgeschlossen, daß sie selbst bereits soweit war, an einen Unfall zu glauben. Womöglich hatte sie Bill sogar in einem Anfall von tatsächlicher Unzurechnungsfähigkeit in den Abgrund gestoßen? Ich wünschte nichts so sehr, als daß sie auch noch diese letzte Konsequenz ziehen würde, von der Barkley geschrieben hatte. Die Zeitungsinserate, Benjamin Rogers — das alles war mir nicht mehr wichtig. Ich hatte den Mörder Bills finden wollen, und ich hatte ihn gefunden. Wenn sie sich doch umbrächte! Wenn sie’s aber nicht tat, dann mußte ich zur Polizei. Man würde sie verhören, quälen, und wenn sie Glück hatte, kam sie in eine Irrenanstalt. Ich war kein Richter, und ich wollte keiner sein, jetzt nicht mehr.

10

    Was mag es gewesen sein, dachte ich, was Esther Nicholas schon als Kind so aus der Bahn geworfen hatte? Ihre Schuld? Die Schuld eines anderen? Ich konnte, wenn ich morgen von San Franzisko zurückkam, vielleicht noch mal zu ihr gehen, ihr sagen, daß ich alles wußte, und ihr dadurch klarmachen, daß sie jetzt handeln mußte. Durfte ich das? Colonel Lennox würde sagen: nein. Und was würde Mary-Ann sagen? Ich glaube, sie würde mich verstehen.
    Als ich den Sepulveda in Richtung San Fernando hinauffuhr, fiel mir plötzlich Sancho Pansa ein. Ich hielt vor einem Restaurant und ließ mir in der Küche ein großes Stück rohes Filetsteak geben.
    Dann stoppte ich erst wieder vor der Polizei in San Fernando. Leutnant Morris war nicht mehr im Dienst. Ich suchte ihn in seiner Wohnung auf.
    »Hallo, Leutnant«, sagte ich. »Würden Sie mir eine Frage beantworten?«
    »Das kommt darauf an«, lachte er.
    »Ich habe keine Erfahrung in solchen Dingen«, erklärte ich, »aber Sie wissen da

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