Auch Engel Moegens Heiss
dann kaufe ich Make-up -«
Evelyn und Joella schüttelten einträchtig den Kopf. »Das wird nicht reichen«, sagte Tante Jo.
»Wieso nicht?«
Evelyn mischte sich ein. »Liebes, wenn du wirklich etwas verändern willst, dann mach es richtig. Ja, du kannst dir eine neue Frisur zulegen und anfangen, dich zu schminken, aber was dir vor allem fehlt, ist Stil. Du brauchst Ausstrahlung, etwas, das die Menschen dazu bringt, sich nach dir umzudrehen. Und das ist wiederum zum großen Teil eine Frage der Präsentation, und was du dazu brauchst, findest du bestimmt nicht im Kosmetikregal von unserem Drugstore.«
»Aber der Umzug kostet mich schon so viel -«
»Am falschen Ende zu sparen, kann einen teuer zu stehen kommen. Glaubst du, General Eisenhower hätte in der Normandie landen können, wenn er gesagt hätte: ›Moment mal, das kostet uns zu viel; besser, wir schicken nur halb so viele Schiffe rüber‹? Du hast jahrelang gespart, aber wozu ist das ganze Geld gut, wenn du es nicht ausgibst? Schließlich wirst du nicht gleich alles verprassen, was du zurückgelegt hast.«
Daisy ließ sich zwar überzeugen, aber nicht überfahren. Sie überdachte den Vorschlag. »Erst möchte ich es so probieren,
wie ich es mir gedacht habe. Wenn ich dann nicht zufrieden bin, suche ich mir einen Berater.«
Mutter wie auch Tante kannten Daisy lang genug, um zu wissen, wann Widerspruch zwecklos war. »Na gut. Aber lass Wilma nicht an deine Haare«, warnte Tante Jo. »Der Schaden könnte nicht wieder gutzumachen sein.«
»Wilma schneidet auch dir die Haare!«, wehrte Daisy sich entrüstet.
»Schätzchen, ich lasse sie auf gar keinen Fall mit irgendwelchen Chemikalien an mich ran. Ich habe in diesem Friseursalon schon Sachen gesehen, die dir das Blut in den Adern gefrieren lassen würden.«
Unvermittelt hatte Daisy eine Vision von sich mit einem grünen Krauskopf und beschloss, erst einmal abzuwarten, bevor sie einen Termin bei Wilma vereinbarte. Vielleicht sollte sie doch lieber in die Stadt fahren, um sich das Haar machen zu lassen, selbst wenn damit ein monatlicher Besuch zum Nachschneiden und somit weitere Ausgaben verbunden waren. Wilma war zwar schlecht, aber billig.
Andererseits war Wilma zwar billig, aber schlecht.
»Denk an die Normandie«, murmelte sie vor sich hin.
»Ganz genau«, bestätigte ihre Mutter zufrieden.
Daisy war eigensinnig genug, um auf der Heimfahrt beim Drugstore zu halten und für eine atemberaubende Summe ein winziges Schminktäschchen zu erstehen. Mascara, Lidschatten, Rouge, Lipliner und Lippenstift fielen in ihrer Handtasche kaum ins Gewicht, erleichterten ihr Portemonnaie aber um lockere fünfundzwanzig Dollar, obwohl Daisy noch nicht einmal die wirklich teuren Sachen gekauft hatte. Ihr neues Projekt entwickelte sich mit atemberaubender Geschwindigkeit zu einem Fass ohne Boden.
Außerdem stöberte sie eine Weile in den Modezeitschriften und entschied sich zuletzt für eine, die genaue Anweisungen für das Schminken zu geben schien. Jede Frau, die lesen konnte,
konnte auch lernen, sich zu schminken, dachte Daisy zufrieden und kehrte mit ihren Einkäufen sowie dem Anleitungsheft nach Hause zurück.
»Was hast du gekauft?«, wollte Tante Jo wissen, sobald Daisy das Haus betreten hatte.
»Nur das Notwendigste.« Daisy zählte den Inhalt ihrer Einkaufstüte auf. »Ich will keine komplizierten Sachen wie Eyeliner ausprobieren, bevor ich mich mit dem anderen Zeug auskenne. Nach dem Abendessen lege ich alles auf, und dann schauen wir mal, wie ich aussehe.«
Weil sie Geburtstag hatte, gab es zum Abendessen eines ihrer Lieblingsgerichte: Hackbraten, Kartoffelbrei und grüne Bohnen. Allerdings war sie zu aufgeregt, um das Mahl wirklich genießen zu können; so vieles war an diesem Tag geschehen, und ihre Nerven schienen einfach nicht zur Ruhe kommen zu wollen. Nachdem die Küche aufgeräumt war, ließen sich ihre Mutter und Tante Jo vor dem Fernseher nieder, um Glücksrad zu schauen, während Daisy nach oben verschwand, um sich ein neues Gesicht zu geben.
Erst vertiefte sie sich in die Modezeitschrift und studierte die richtige Methode, Lidschatten aufzutragen: einen leichten Hauch unter der Braue, einen etwas stärkeren Schatten auf dem Lid, einen kräftigen Strich in der Falte. Das klang nicht besonders kompliziert. Es gab auch ein paar Diagramme mit Audrey-Hepburn-Rehaugen, an denen die Prozedur demonstriert wurde. Daisy klappte das winzige Döschen auf und starrte auf die vier Behälter mit mehr oder
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