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Auch Pünktlichkeit kann töten: Crime Stories

Auch Pünktlichkeit kann töten: Crime Stories

Titel: Auch Pünktlichkeit kann töten: Crime Stories Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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jetzt wird sie glücklich werden – wenn sie nie etwas über mich erfährt!«
    Es war keine Frage, sondern eine Bitte. Poirot nickte leicht.
    »Von mir wird niemand irgend etwas erfahren.«
    Ruhig sagte Miss Lingard: »Vielen Dank.«
    Später, als die Polizei gekommen und wieder verschwunden war, entdeckte Poirot nicht nur Ruth, sondern auch ihren Mann im Garten.
    Herausfordernd sagte sie: »Haben Sie wirklich geglaubt, ich sei es gewesen, Monsieur Poirot?«
    »Ich wußte, Madame, daß Sie es gar nicht gewesen sein konnten – wegen der Herbstastern.«
    »Wegen der Herbstastern? Das verstehe ich nicht.«
    »Madame, auf dem Beet befanden sich vier Fußabdrücke – und zwar nur vier Fußabdrücke. Wenn Sie Blumen geschnitten hatten, mußten sich viel mehr dort befinden. Das bedeutete, daß irgend jemand zwischen Ihrem ersten und Ihrem zweiten Aufsuchen des Beetes sämtliche Fußabdrücke beseitigt hatte. Und das wiederum konnte nur die schuldige Person getan haben. Da Ihre Fußabdrücke jedoch noch vorhanden waren, konnten Sie diese schuldige Person nicht sein. Ganz automatisch waren Sie von jedem Verdacht befreit.«
    Ruths Gesicht verlor seine Düsternis.
    »Ach, jetzt verstehe ich. Sie wußten also – wahrscheinlich ist es entsetzlich, aber diese arme Frau tut mir doch ziemlich leid. Schließlich hat sie doch alles gestanden, damit ich nicht verhaftet würde – oder jedenfalls waren das ihre Überlegungen. Und in gewisser Weise war das von ihr sehr – sehr anständig. Ich finde es einfach fürchterlich, wenn ich mir vorstelle, daß sie jetzt wegen Mordes vor Gericht gestellt wird.«
    Behutsam sagte Poirot: »Quälen Sie sich doch nicht so! Dazu wird es gar nicht kommen. Der Arzt hat mir erzählt, daß sie ein sehr ernstes Herzleiden hätte. Sie wird nur noch wenige Wochen leben.«
    »Darüber bin ich sehr froh.« Ruth pflückte einen Herbstkrokus und preßte ihn gedankenlos gegen ihr Gesicht.
    »Die arme Frau. Aber interessieren würde mich doch, warum sie es eigentlich getan hat…«

Das Erbe der Familie Lemesurier
    Gar manchen seltsamen Fall haben Poirot und ich gemeinsam untersucht. Aber wohl keiner konnte sich mit der Reihe außergewöhnlicher Ereignisse messen, die unser Interesse durch viele Jahre hindurch wachhielten und letzten Endes ihren Höhepunkt in einem Problem erreichten, zu dessen Lösung man Poirot heranzog.
    Zuerst wurde unsere Aufmerksamkeit an einem Abend während des Krieges auf die Familiengeschichte der Lemesuriers gelenkt. Poirot und ich waren erst kürzlich wieder zusammengetroffen und eifrig dabei, unsere alte, in Belgien geschlossene Bekanntschaft zu erneuern. Er hatte gerade eine Angelegenheit für das Kriegsministerium zur vollen Zufriedenheit der Herren erledigt, und wir speisten an jenem Abend im Carlton mit einem der hohen Tiere, der Poirot im Verlauf der Mahlzeit mit fetten Komplimenten überschüttete. Der Beamte mußte frühzeitig aufbrechen, da er noch eine andere Verabredung hatte, und wir tranken in aller Gemütsruhe unseren Kaffee, ehe wir seinem Beispiel folgten.
    Gerade, als wir den Raum verließen, hörte ich, wie jemand meinen Namen rief. Die Stimme kam mir bekannt vor. Ich drehte mich um, und mein Blick fiel auf einen jungen Offizier, den ich von Frankreich her kannte, einen Captain Vincent Lemesurier, der mit einem älteren Herrn zusammen am Tisch saß. Die auffallende Ähnlichkeit der beiden ließ auf Verwandtschaft schließen – eine Vermutung, die sich als richtig erwies, denn der ältere Herr wurde uns als Hugo Lemesurier, ein Onkel meines jungen Freundes, vorgestellt.
    Meine Bekanntschaft mit Captain Lemesurier war durchaus nicht intimer Natur, aber er war ein netter, etwas verträumter junger Mann, und ich erinnerte mich, einmal gehört zu haben, daß er einer alten, exklusiven Familie angehörte, die eine aus den Zeiten vor der Reformation stammende Besitzung in Northumberland hatte. Der junge Mann lud uns an seinen Tisch ein. Da Poirot und ich nichts anderes vorhatten, setzten wir uns zu unseren neugefundenen Freunden und plauderten ganz angenehm über dieses und jenes. Der ältere Lemesurier, der ungefähr vierzig Jahre alt war, hatte eine etwas gebeugte Haltung und sah aus wie ein Gelehrter. Wir erfuhren, daß er im Augenblick mit chemischen Forschungsarbeiten für die Regierung beschäftigt war.
    Unsere Unterhaltung wurde von einem großen, dunkelhaarigen jungen Mann unterbrochen, der in sichtlicher Aufregung auf unseren Tisch zukam.
    »Gott sei Dank,

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