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Auch Pünktlichkeit kann töten: Crime Stories

Auch Pünktlichkeit kann töten: Crime Stories

Titel: Auch Pünktlichkeit kann töten: Crime Stories Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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Badeunfall schuld war – er ermutigte das Kind, sich zu weit hinauszuwagen. Als das nicht glückte, sägte er den Efeu durch und vergiftete schließlich das Essen des Kindes.«
    »Teuflisch!« murmelte ich, und ein eiskalter Schauer lief mir den Rücken hinab. »Und so raffiniert geplant!«
    »Ja, mein Freund, es gibt nichts Erstaunlicheres als die außerordentlich scharfe Logik der Geistesgestörten. Es sei denn die außergewöhnliche Überspanntheit der geistig Normalen. Ich denke mir, er hat erst kürzlich die Grenzlinie völlig überschritten; zuerst hatte sein Wahnsinn noch Methode.«
    »Und wenn ich daran denke, daß ich Roger in Verdacht hatte! Diesen prächtigen Kerl.«
    »Es war eine ganz natürliche Vermutung, mon ami. Wir wußten, daß auch er mit Vincent in jener Nacht nach Norden reiste. Wir wußten ebenfalls, daß er der nächste Erbe nach Hugo und Hugos Kindern war. Aber unsere Annahme war nicht durch Tatsachen gestützt. Der Efeu war durchgesägt, als nur der kleine Ronald zu Hause war – aber es wäre in Rogers Interesse gewesen, wenn beide Kinder umkamen. Ebenso war es nur Ronalds Essen, das vergiftet war. Und heute, als sie nach Hause kamen und ich entdeckte, daß wir nur des Vaters Wort dafür hatten, daß Ronald gestochen war, kam mir der andere Tod durch einen Wespenstich in den Sinn – und da fielen mir die Schuppen von den Augen.«

    Hugo starb einige Monate später in einer Privatheilanstalt, in die man ihn gebracht hatte. Seine Witwe heiratete ein Jahr später Mr. Gardiner, den rotgelockten Sekretär. Ronald erbte die Äcker seines Vaters, und es geht ihm glänzend.
    »Na«, sagte ich zu Poirot, »wieder mal eine Illusion dahin! Sie haben mit großem Erfolg dem Fluch der Lemesuriers den Garaus gemacht.«
    »Ich weiß nicht recht«, sagte Poirot nachdenklich. »Ich weiß es wirklich nicht.«
    »Was soll das heißen?«
    » Mon ami, ich werde Ihre Frage mit einem bedeutsamen Wort beantworten – rot!«
    »Blut?« fragte ich und ließ meine Stimme zu einem erschreckten Geflüster hinabsinken.
    »Immer diese dramatische Phantasie, Hastings! Ich habe an etwas viel Prosaischeres gedacht – nämlich an die Haarfarbe des kleinen Ronald Lemesurier.«

Die mysteriöse Angelegenheit in Cornwall
    »Mrs. Pengelley«, meldete unsere Wirtin und zog sich diskret zurück.
    Poirot wurde zwar von den unwahrscheinlichsten Personen konsultiert, aber diese Frau, die am Türrahmen lehnte und nervös mit ihrer Federboa spielte, übertrumpfte sie alle, weil sie ein so ausgesprochener Durchschnittstyp war. Sie war eine dünne verblichene Frau von etwa fünfzig Jahren. Auf ihrem grauen Haar thronte ein selten unkleidsamer Hut. Dazu trug sie einen mit Litzen besetzten Mantel und etwas altmodischen Goldschmuck um den Hals. In den Straßen eines Landstädtchens konnte man einer Frau wie Mrs. Pengelley hundertmal am Tag begegnen.
    Poirot ging auf sie zu und begrüßte die offenbar verlegene Frau mit ein paar freundlichen Worten.
    »Madame, nehmen Sie bitte Platz. Dies ist mein Kollege, Captain Hastings.«
    Die Dame setzte sich und fragte etwas unsicher: »Sie sind also Monsieur Poirot, der Detektiv?«
    »Zu Ihren Diensten, Madame.«
    Aber unser Gast konnte noch immer keine Worte finden. Sie seufzte, spielte mit ihren Fingern, und ihr Gesicht wurde von Sekunde zu Sekunde röter.
    »Kann ich irgend etwas für Sie tun, Madame?«
    »Ja, ich dachte – das heißt – sehen Sie –«
    »Genieren Sie sich nicht, Madame, Sie können mir alles sagen.«
    Nach diesen aufmunternden Worten gab sich Mrs. Pengelley einen Stoß.
    »Die Sache ist so, Monsieur Poirot – ich möchte nichts mit der Polizei zu tun haben. Nein, um keinen Preis möchte ich zur Polizei gehen. Aber ich bin in sehr großer Bedrängnis. Und doch weiß ich nicht, ob ich –«
    Sie brach unvermittelt ab.
    »Seien Sie unbesorgt. Ich habe nichts mit der Polizei zu schaffen. Meine Untersuchungen sind streng privat.«
    »Ja, privat« – Mrs. Pengelley klammerte sich förmlich an das Wort –, »ich will kein Gerede, kein Aufhebens, keine Schreibereien in den Zeitungen. Geradezu sündhaft ist es, wie sie alles aufbauschen, so daß man schließlich keinem mehr ins Gesicht sehen mag. Und ich bin meiner Sache nicht einmal ganz sicher – es ist nur so ein gräßlicher Gedanke, der mir plötzlich gekommen ist und den ich mir einfach nicht aus dem Kopf schlagen kann.« Sie holte tief Atem. »Dabei mag ich dem armen Edward bitter unrecht tun. Es ist wirklich ein

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