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Auch Pünktlichkeit kann töten: Crime Stories

Auch Pünktlichkeit kann töten: Crime Stories

Titel: Auch Pünktlichkeit kann töten: Crime Stories Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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waren. Ich weigerte mich und habe ihm barsch meine Meinung ins Gesicht gesagt. Ich tobte vor Wut. Er blieb ganz ruhig und lächelte. Und dann, als ich endlich schwieg, hörte ich ein Geräusch – es kam aus der Fensternische hinter dem Vorhang… Er hörte es auch. Er ging hin und zog die Vorhänge ganz zurück. Da stand ein Mann – ein gräßlicher Mensch, der aussah wie ein Landstreicher. Er schlug auf Mr. Reedburn ein, und nach einem besonders heftigen Schlag stürzte Mr. Reedburn zu Boden. Der Landstreicher griff mit seiner blutigen Hand nach mir. Ich riß mich los, schlüpfte durch die Tür und rannte wie besessen davon. Dann sah ich die Lichter in diesem Haus und lief darauf zu. Die Rouleaus waren nicht heruntergelassen, und ich sah einige Leute beim Bridgespiel. Ich fiel beinahe ins Zimmer, konnte eben noch das Wort ›Mord!‹ ausstoßen, und dann wurde mir schwarz vor Augen –«
    »Ich danke Ihnen, Mademoiselle. Es muß ein sehr schwerer Schock für Ihre Nerven gewesen sein. Was nun diesen Landstreicher angeht, könnten Sie ihn mir beschreiben? Können Sie sich daran erinnern, was er trug?«
    »Nein – es passierte alles so schnell. Aber ich würde den Mann überall wiedererkennen. Sein Gesicht hat sich mir unauslöschlich eingeprägt.«
    »Nur noch eine Frage, Mademoiselle. Waren die Vorhänge am anderen Fenster, das auf die Einfahrt geht, zugezogen?«
    Zum erstenmal glitt ein verwirrter Ausdruck über das Gesicht der Tänzerin. Sie versuchte anscheinend, sich daran zu erinnern.
    » Eh bien, Mademoiselle?«
    »Ich glaube – ich bin fast sicher – ja, ganz sicher! Sie waren nicht zugezogen.«
    »Das ist merkwürdig, da die anderen Vorhänge zugezogen waren. Es ist aber wohl nicht sehr wichtig. Bleiben Sie noch länger hier, Mademoiselle?«
    »Der Arzt glaubt, daß ich morgen wieder in die Stadt zurückkehren kann.« Sie blickte im Zimmer umher. Miss Oglander war hinausgegangen. »Diese Leute hier sind sehr freundlich – aber sie gehören zu einem anderen Milieu. Ich schockiere sie! Und ich selbst – na, ich bin von der Bourgeoisie nicht gerade begeistert!«
    In ihren Worten lag eine leichte Bitterkeit. Poirot nickte. »Ich verstehe. Hoffentlich habe ich Sie mit meinen Fragen nicht allzu sehr ermüdet.«
    »Keineswegs, Monsieur. Es liegt mir sehr daran, daß Paul alles sobald wie möglich erfährt.«
    »Dann möchte ich mich verabschieden. Guten Tag, Mademoiselle.«
    Gerade wollte Poirot das Zimmer verlassen, als er stehenblieb und sich auf ein Paar Lackschuhe stürzte. »Gehören die Ihnen, Mademoiselle?«
    »Ja, Monsieur. Man hat sie gerade gesäubert und nach oben gebracht.«
    »Aha!« sagte Poirot, als wir die Treppe hinabstiegen. »Anscheinend sind die Dienstboten nicht zu aufgeregt, um ein Paar Schuhe zu reinigen, wenn sie auch die Asche im Kamin vergessen. Ja, mon ami, zuerst schien der Fall ein paar interessante Punkte zu haben, aber ich fürchte, fürchte sehr, daß wir ihn doch als abgeschlossen betrachten müssen. Es scheint alles hinreichend klar zu sein.«
    »Und der Mörder?«
    »Hercule Poirot macht keine Jagd auf Landstreicher«, erwiderte mein Freund prahlerisch.

    In der Diele begegnete uns Miss Oglander. »Wenn Sie so gut sein und eine Minute im Salon warten wollen, möchte meine Mutter noch gern mit Ihnen sprechen.«
    Das Zimmer war noch nicht aufgeräumt worden. Poirot spielte müßig mit den Karten und mischte sie mit seinen kleinen, peinlich gepflegten Händen.
    »Wissen Sie, was ich glaube, mein Freund?«
    »Nein«, sagte ich interessiert.
    »Ich glaube, Miss Oglander hat einen Fehler gemacht, als sie ›eins ohne‹ spielte. Sie hätte ›drei Pik‹ bieten sollen.«
    »Poirot! Sie sind einfach toll!«
    » Mon Dieu, ich kann doch nicht immer nur von Mord und Totschlag reden!«
    Plötzlich erstarrte er: »Hastings – Hastings! Sehen Sie doch mal! Der Kreuzkönig fehlt ja im Spiel!«
    »Zara!« rief ich.
    »Wie?« Er schien meine Anspielung nicht zu verstehen. Mechanisch schichtete er die Karten aufeinander und steckte sie in die Hüllen. Sein Gesicht war sehr ernst.
    »Hastings«, sagte er zuletzt, »ich, Hercule Poirot, bin sehr nahe daran gewesen, einen Fehler zu machen – einen sehr großen Fehler.«
    Ich blickte ihn zwar beeindruckt, aber völlig verständnislos an.
    »Wir müssen wieder von vorn anfangen, Hastings. Ganz von vorn. Aber diesmal werden wir uns nicht irren.«
    Er wurde unterbrochen durch den Eintritt einer hübschen Dame mittleren Alters, die einige

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