Auch Pünktlichkeit kann töten: Crime Stories
wunderbar. Sie sollten sie mal konsultieren. Valerie und ich haben sie letzte Woche aufgesucht. Sie las uns aus den Karten. Valerie prophezeite sie Kummer – sie sprach von drohenden Wolken. Dann deckte sie die letzte Karte auf, die sogenannte Deckkarte. Es war der Kreuzkönig. Sie sagte zu Valerie: ›Nehmen Sie sich in acht. Ein Mann hat sie in seiner Gewalt. Sie fürchten ihn – durch ihn kommen Sie in große Gefahr. Sie wissen, wen ich meine?‹ Valerie war bis auf die Lippen erblaßt. Sie nickte und sagte: ›Ja, ja, ich weiß.‹ Kurz darauf gingen wir fort. Die letzten Worte, die Zara an Valerie richtete, waren: ›Hüten Sie sich vor dem Kreuzkönig. Ihnen droht Gefahr!‹ Ich versuchte, etwas aus Valerie herauszubekommen. Aber sie wollte mir nichts sagen – sie beteuerte, daß alles in bester Ordnung sei. Seit gestern abend jedoch bin ich fester denn je davon überzeugt, daß Valerie in besagtem Kreuzkönig Reedburn sah und daß er der Mann war, den sie fürchtete.«
Der Prinz brach unvermittelt ab. »Nun können Sie wohl meine Aufregung verstehen, als ich heute morgen die Zeitung aufschlug. Sollte Valerie etwa in einem Wutanfall – aber nein, es ist ganz ausgeschlossen!«
Poirot erhob sich und klopfte dem jungen Mann beruhigend auf die Schulter. »Bitte, regen Sie sich nicht auf. Überlassen Sie die Sache mir.«
»Sie wollen also nach Streatham gehen? Ich nehme an, Valerie ist immer noch dort in Daisymead – völlig geschwächt durch den Schock.«
»Ich werde mich sofort auf den Weg machen.«
»Ich habe alles vorbereitet – durch die Gesandtschaft. Sie haben überall freien Zutritt.«
»Dann wollen wir aufbrechen – Hastings, Sie kommen doch mit, nicht wahr? Au revoir, monsieur le prince. «
Mon Désir war eine außergewöhnlich schöne Villa, ganz modern und sehr komfortabel. Eine kurze Auffahrt führte von der Straße zur Haustür, und hinter dem Haus erstreckten sich ausgedehnte Gärten.
Sobald wir den Namen des Prinzen Paul erwähnt hatten, führte uns der Butler, der die Tür öffnete, sofort in das Zimmer, wo die Tragödie sich ereignet hatte. Die Bibliothek war ein prächtiger Raum, der die ganze Länge des Hauses einnahm und ein Fenster an jedem Ende hatte; eins ging auf den Fahrweg und das andere auf den Garten. In der Nische des Gartenfensters hatte die Leiche gelegen. Sie war kurz zuvor entfernt worden, da die Polizei ihre Untersuchungen beendet hatte.
»Das ist ärgerlich«, flüsterte ich Poirot zu. »Wer weiß, was für Indizien sie vernichtet haben.«
Mein kleiner Freund lächelte. »Was Sie nicht sagen! Wie oft muß ich Sie darauf aufmerksam machen, daß die Indizien von innen kommen? In den kleinen grauen Zellen des Gehirns liegt die Lösung eines jeden Geheimnisses.«
Er wandte sich an den Butler. »Ich nehme an, daß im Zimmer nichts angerührt worden ist, abgesehen von der Entfernung der Leiche.«
»Nein, Sir. Es ist genauso geblieben, wie es gestern abend war, als die Polizei kam.«
»Diese Vorhänge zum Beispiel. Ich sehe, daß sie sich ganz vor der Fensternische zuziehen lassen. Ebenso vor dem anderen Fenster. Waren sie gestern abend zugezogen?«
»Ja, Sir. Ich ziehe sie jeden Abend zu.«
»Dann muß Mr. Reedburn sie selbst aufgezogen haben.«
»Vermutlich, Sir.«
»Wußten Sie, daß Mr. Reedburn gestern abend einen Besucher erwartete?«
»Er hatte nichts davon erwähnt, Sir. Aber er gab Instruktionen, ihn nach dem Essen nicht zu stören. Sehen Sie, Sir, dort ist eine Tür, die aus der Bibliothek auf die Terrasse an der Seite des Hauses führt. Von dorther hätte er jeden hereinlassen können, ohne daß es bemerkt worden wäre.«
»Pflegte er das zu tun?« – »Ich glaube, Sir.«
Poirot ging auf die fragliche Tür zu. Sie war nicht verschlossen. Er trat auf die Terrasse hinaus, die rechts an den Fahrweg grenzte; zur Linken reichte sie bis an eine rote Backsteinmauer.
»Der Obstgarten, Sir. Etwas weiter hinten führt eine Tür hinein, aber sie wird stets um sechs Uhr abgeschlossen.«
Poirot nickte und kehrte, vom Butler gefolgt, wieder in die Bibliothek zurück.
»Haben Sie gestern abend denn nichts gehört, als die Sache passierte?«
»Nun, Sir, wir haben kurz vor neun wohl Stimmen in der Bibliothek gehört. Doch das war nichts Außergewöhnliches, besonders, wenn es sich um eine Damenstimme handelte. Aber natürlich hörten wir überhaupt nichts mehr, sobald wir im Dienstbotenflügel auf der anderen Seite des Hauses waren. Und um elf Uhr ungefähr kam
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