Auch sonntags Sprechstunde
jemand diesen Mist veröffentlicht?«
»Natürlich. Ich habe bereits einen Verleger, der sich dafür interessiert, sehr sogar.« Sie schob ihre Brille wieder hoch, sie war inzwischen heruntergerutscht.
»Interessiert er sich wirklich? Soso. Und was hast du sonst noch vor? Willst du uns zu reichen Leuten machen?«
Sie schob ihre Brille noch höher hinauf.
»Nein«, sagte sie, »aber ich will mir Kontaktlinsen kaufen.«
8
»Was ich nicht verstehe«, sagte ich, auf dem Badewannenrand sitzend, »weshalb du so ein Geheimnis daraus gemacht hast. Du hast mich ganz verrückt gemacht mit deinem ewigen Versteckspiel.«
»Ich dachte, du würdest mich auslachen. Und daß du es lesen wolltest.«
»Bitte, korrigiere mich, wenn ich im Irrtum sein sollte: ich habe immer gedacht, Bücher seien zum Lesen da.«
»Nicht, ehe sie fertig geschrieben sind.«
»Und wann wird das sein?«
»Es dauert nicht mehr lange, vorausgesetzt, daß niemand Masern bekommt oder so etwas. Er hat das Mädchen praktisch schon bekommen.«
»Wer hat es bekommen?«
»Dieser Arzt.«
»Arzt!«
»Über etwas anderes kann ich nicht schreiben. Ärzte und Bildhauer. Das nächste Buch wird über einen Bildhauer sein.«
»Die Leute werden denken, du hast mich damit gemeint.«
»Diese Möglichkeit besteht kaum.«
»Und warum nicht?«
»Mein Romanheld ist viel zu sexy. Er ist hinter all seinen Patientinnen her. Hinter den hübschen sowieso. Aber auch hinter den anderen. Und bleibt so, fast bis zum Schluß.«
»Und was passiert am Schluß?«
»Ich denke, ich werde ihn verschwinden lassen«, sagte sie langsam.
»Wie unangenehm.«
»Er ist auch kein sehr angenehmer Typ.«
»Und was wird dann aus ihm?«
»Darüber habe ich noch gar nicht nachgedacht. Streichhölzer verkaufen oder so etwas. Es ist auch nicht so wichtig, weil er nicht bis zum Schluß im Buch vorkommt.«
»Danke!«
»Du mußt das nicht persönlich nehmen. Es hat schließlich gar nichts mit dir zu tun. Nun tut es mir schon leid, daß ich dir’s überhaupt erzählt habe. Und dir wird es noch leid tun, wenn ich die Filmrechte für eine Million Pfund verkaufe.«
»Ich habe dich doch nur geneckt. Ich finde, du bist sehr gescheit... wirklich, das finde ich. Und wenn du nun deinen Supersexarzt für eine Weile wieder zwischen die schmutzige Wäsche legen würdest, könntest du vielleicht die Kraft finden, mir etwas zu essen zu machen.«
Sie legte ihre Arme um mich. »Mein armer Liebling!«
Ich schob sie weg. »Im Gegensatz zu Dr. Wäschetruhe befürchte ich, daß meine sexuellen Triebe von dem dringenden Wunsch verzehrt werden, meinen Magen zu befriedigen.«
»Ich komme gleich hinunter«, sagte eine ganz fügsame Sylvia. »Iß erst mal die ausgetrockneten bitkis, dann mache ich dir Tee.«
Während meines kombinierten Mahls erzählte Sylvia mir von dem Verleger, der sie ermutigt und auch eine kleine Vorauszahlung geleistet hatte, welche sie bereits als Anzahlung auf ein Paar Kontaktlinsen verwendet hatte, da sie die verhaßte Brille durch Kontaktlinsen ersetzen wollte.
Noch immer fühlte ich mich leicht veralbert. »Warum hast du mir nicht schon längst davon erzählt?« fragte ich. »Sonst haben wir doch auch alles gemeinsam besprochen.«
»Du machst dir nicht klar«, sagte sie und goß den Tee ein, »daß ich dich in der letzten Zeit kaum noch gesehen habe. Zuerst waren die Pocken daran schuld, dann der Schnee, immer war etwas los. Wir sagen uns ja nur noch >Guten Morgen< und >Gute Nacht<.«
Sie hatte recht. »Du solltest dir etwas für unsere Osterferien ausdenken«, sagte ich, »damit wir die Kinder nach Paris mitnehmen können.«
»Habe ich schon.«
»Du hättest mich fragen sollen.«
»Das habe ich doch getan.«
»Was habe ich dazu gesagt?«
»>Ja<, hast du gesagt. Zwischen dem Ischias von Mr. Nibbs und dem Geschwür von Mr. Knights. Robin sagt, es ist in Ordnung.«
»Was täte ich nur ohne dich?« sagte ich und legte meinen Arm um ihre Hüften.
»Ich sehe, daß dein Magen befriedigt ist.«
»Vollkommen. Nun, wie stehts mit Dr. Wäschetruhe?«
»Sein Name ist Nachtschatten. Dr. Nachtschatten.«
»Ich verstehe: also tödlich.«
»Das soll nicht komisch gemeint sein.«
Ich zog sie auf meinen Schoß. »Dann sag mir, ganz ernsthaft, was dieser bewundernswerte Arzt in seiner Freizeit treibt.«
»Es geht gar nicht um seine Freizeit. Manchmal vergißt er die wichtigsten Dinge über seiner Schäkerei. Da war eine Patientin, weißt du, sehr hübsch und ganz jung, die
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