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Auch sonntags Sprechstunde

Auch sonntags Sprechstunde

Titel: Auch sonntags Sprechstunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Tibber
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stellte ich meine Tasche nieder. Eine völlige Stille umfing mich. Das Wartezimmer war leer, war vermutlich schon seit geraumer Zeit von Miss Nisbet und Robin geräumt worden und wartete auf die Abendschlacht. Penny und Peter waren, wie mir jetzt einfiel, bei Brownies und den Pfadfindern.
    »Sylvia!« rief ich nach oben.
    Keine Antwort.
    »Sylvia! Wo steckst du?« Sie konnte unmöglich ausgegangen sein, denn wir hatten Telefondienst. Ich seufzte und dachte an ihre merkwürdige Uninteressiertheit während der letzten Wochen und fühlte mich beinahe zu mitgenommen, zu hungrig und zu durstig, um das Versteck- und Suchspiel wieder zu beginnen, das ich freilich spielen mußte, wünschte ich mit meinem gesetzlich angetrauten Eheweib zu sprechen.
    »Sylvia! Wo steckst du, verdammt noch mal?«
    Im Erdgeschoß befand sie sich nicht.
    Ich ging hinauf, Schlafzimmer, Kinderschlafzimmer, das unsere ordentlich, das Kinderschlafzimmer unaufgeräumt, beide leer.
    Das Badezimmer war verschlossen.
    »Sylvia!«
    »Wer da?«
    »Na, was glaubst du wohl? Vielleicht der Weihnachtsmann? Mach sofort die Tür auf oder ich schlage sie ein.«
    Drinnen war ein Rascheln zu vernehmen. »Langsam! Laß dir Zeit!«
    »Ich habe nicht zu Mittag gegessen, und auch noch nicht Tee getrunken. Kannst du dir das vorstellen«, sagte ich voller Selbstmitleid, »ich habe seit heute früh nichts mehr gegessen.«
    »Ich auch nicht, Liebling« - ihre Stimme klang zerknirscht —, »bitte, warte nur noch fünf Sekunden -«
    »Geh mir nicht so um den Bart, mach sofort die Tür auf!« Ich lehnte mich dagegen, und sie sprang auf. Wir landeten beide auf der Badematte. Sylvia sah mit der Hornbrille, die sie seit kurzem tragen mußte und die auf ihrer Nasenspitze balancierte, lächerlich aus.
    »Na, weißt du, das ist allerhand.«
    »Was ist allerhand?«
    »Erstens: ich habe kein Essen bekommen.«
    Sie tat gekränkt. »Wessen Fehler ist das wohl? Ich habe ein großartiges bitkis in Tomatensoße mit schwarzen Oliven gemacht, das im Laufe des Nachmittags im Ofen völlig verschmort ist.«
    »Zweitens: ich habe noch keinen Tee gehabt.«
    Sie sah auf ihre Uhr. »Es ist doch erst fünf vor vier.«
    »Fünf!«
    Sie setzte die Brille etwas weiter nach oben auf die Nase und sah nochmals auf die Uhr. »Tatsächlich, fünf vor fünf.«
    »Drittens: es wird jetzt Zeit, daß du mir eine Erklärung für dein ungewöhnliches Verhalten gibst.«
    Sie sah sehr beleidigt aus. »Ich weiß nicht, was du damit meinst.«
    »Das weißt du doch ganz genau. Du versteckst dich immerfort, schließt dich ein und verhältst dich alles in allem höchst merkwürdig.«
    »Tu ich das? Wirklich?«
    »Ja, wenn du es wissen willst. Das tust du.«
    »So?«
    »Und ich will jetzt wissen, was mit dir passiert ist.«
    »Ich frage dich doch auch nicht nach jeder Minute deines Tages.«
    »Du weißt sehr gut, was ich tue: ich stehe im Dienst der Humanität, ich rette Menschenleben.«
    Sie lehnte sich gegen die Badewanne und schnaubte.
    »Jawohl, du weißt es tatsächlich. Aber was du tust, das weiß der Himmel allein.«
    Sylvia sah mich lange und nachdenklich an, dann schien sie einen Entschluß gefaßt zu haben. »Wenn ich es dir sage, wirst du schweigen?«
    »Keine Menschenseele erfährt etwas von mir.«
    »Schwöre!«
    »Schau, Sylvia, wir sind nicht mehr vierzehn... «
    »Na gut, also schön. Du wolltest es wissen«, sie blickte auf die Truhe, in der die schmutzige Wäsche lag, »ich schreibe ein Buch.«
    »Ein Buch?«
    »Jawohl.«
    »Du?«
    Sie nickte.
    »Ein Buch?«
    Sie seufzte ungeduldig und öffnete den Deckel der Wäschetruhe, aus der sie eine Menge handbeschriebener Bogen im Querformat herausholte. Sie reichte mir das Bündel, und ich warf einen neugierigen Blick auf ein Blatt.
    »Sylvia!« sagte ich. »Das ist geschmacklos!«
    »Was meinst du damit?« Sie blickte mir über die Schulter. »Ach das... «
    » Ja, das. Und dies. Und das, und das... «
    Sie seufzte wieder. »Das verstehst du nicht.«
    »Nein, wirklich nicht. Es wundert mich aber nicht, wenn du so etwas im Badezimmer schreibst.«
    »Man muß die Bücher heutzutage sexy schreiben, sonst liest sie doch kein Mensch.«
    »Ich habe gar nicht gewußt, daß du überhaupt solche Worte kennst.«
    »Nun, ich kenne sie, damit basta. Reg dich nicht lange auf«, sagte sie. »Ich werde das Buch unter einem Pseudonym veröffentlichen.«
    »Veröffentlichen«, sagte ich und fiel vor Lachen beinahe in die
    Badewanne. »Du glaubst doch nicht im Ernst, daß

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