Auch unter Kuehen gibt es Zicken
übrigens auch mit Autos.
Es wird Zeit, unser Heu umzudrehen. Der Hannes trinkt derweil noch ein Bier. Er hat heute schon genug gearbeitet und genießt seinen Feierabend.
Ich bin froh, dass ich einen Vorwand habe, von der Terrasse runterzukommen. Ich muss nachdenken. Heu gabeln, zweimal schütteln, hochwerfen, wenden, auseinanderziehen.
Ich spür immer noch die klapprigen Hundeknochen in meinen Händen. Und um mich rum ein Gefühl wie unter Wasser, im grellsten Sonnenschein. Was ist das nur ... Warum berührt mich dieser alte klapprige Hund so tief, bis weit unter mein Herz?
Heu gabeln. Schütteln. Wenden. Auseinanderziehen. Zeile für Zeile. Schütteln. Wenden. Auseinanderziehen.
Die Wiese ist größer, als sie aussieht, und das ist gut so.
Als meine Fäuste irgendwann den Gabelstiel loslassen, habe ich in jeder Handfläche eine riesige Blase. Ich hab’s nicht mal gemerkt.
Der Hannes zieht eine kleine Flasche aus seinem Rucksack, als er das sieht. Arnikaschnaps. Ein sehr feiner. »Ah, da bin ich froh!« Ich hab keinen angesetzt dieses Jahr.
»Konnst’ ho’m«, sagt er. »Wennst’ scho mein’ Hund g’sund machst ...«
Lucy schläft unterm Tisch, tief und fest und hat aufgehört zu zittern.
»Konnst du de Lucy wieder hi’richten, moanst?«, fragt er.
»Keine Ahnung.«
»Is fast schad, wenn i’s aufwecka muass und wieder da nüberscheuchen ...«
»Dann lass sie halt da«, sage ich.
Warum hab ich das jetzt gesagt? Egal, is schon draußen.
»Und du kimmst z’recht, moanst?«
»Hm... schau ma halt mal.«
»Brav is ja. Die g’spannst gar ned. Muasst halt sagen, was’d dafür kriegst.«
»Jetzt schau ma erst amal.«
Er steht auf, streckt sich, streichelt seinen Hund und geht die paar Stufen von der Terrasse runter. Jetzt schaut er um. Die Lucy schaut auch. Ich schau auch. Hannes macht sich still und langsam auf seinen Weg. Und die Lucy bleibt liegen.
»Hast’ jetzt drei Hunde«, fragt Fiona, ohne Fragezeichen.
»Nein. Zwei. Und einen Pflegegast.«
»Die hat ganz schön Glück.«
»Schau ma mal.«
»Du und dein schau ma mal.«
Freitag
Das Heu ist drin. Hurra. Um zehn vor sieben, wie Vladó gesagt hat. Keine zwei Minuten vor dem Gewitter. Die letzten Gabeln haben der Franzl und sein Vater schon durch die ersten Regentropfen getragen, hoch über ihren Köpfen.
Jetzt ist der Speicher voll.
Alles riecht nach Heu und Blumen. Sogar wenn’s draußen schüttet und hagelt, ist die Sonne in der Hütte. Weiche, grüne Heuhalme. Hauchdünne blaue Blütenblätter und dicke gelbe Margariten.
Kaum war die Luke zu, hat der Himmel noch schnell einen Kübel Wasser über uns drübergeschüttet. Wir haben von unterm Vordach aus zugeschaut. Laut lachend und plappernd. Unseretwegen kann jetzt die Welt untergehen, das Heu ist drin.
Das Gewitter ist in zehn Minuten vorbei.
Und dann hocken wir uns alle miteinander auf die Terrasse und begutachten den kurz gemähten Almanger, wie sich das gehört.
»Habt’s an Hunger?«, frage ich nebenbei in die Runde.
Da drückt die Rosi-Oma meine Hände, als hätte ich ihr ein Geschenk gemacht, und sagt: »I hätt so einen Hunger auf Kaasspotzn.«
Ich strahle. »Ich auch!«
Und schon steht die Rosi am Herd.
Kaasspatzn
»Praktisch für d’Alm«, sagt die Rosi. Weil alles da is. »Kaas hast, Butter hast, Milch hast, Eier hat d’Nachbarin. Brauchst bloß a Mehl, Salz und Zwiebeln.«
Topf auf’n Herd, Wasser, Salz rein, zum Kochen bringen.
Derweil rührt Rosi den Teig in der größten Schüssel, die der Küchenschrank hergibt. Wir sind viele und haben Hunger!
Zuerst macht sie einen Berg Mehl, mit Mulde. Dann alle Eier, die da sind, auf den Mehlberg schlagen. An dem Tag waren das ein Kilo Mehl, acht Eier. Vermischen. Langsam, es staubt.
Dann Milch dazuschütten. Gut durchkneten, am besten mit einem hölzernen Kochlöffel. Ein gscheiter Stiel ist von Vorteil, den kann man besser packen.
Der Teig sollte kleben. Auf keinen Fall sollte er flüssig sein. »Zaach zum Schlogn«, sagt die Rosi. Man merkt’s in den Ellbogengelenken.
Wenn er richtig ist und wie ein alter Kaugummi in der Schüssel pappt, wird er noch gesalzen. Auf ein Pfund Mehl ein knapper Teelöffel, bloß nicht mehr. Der Käse ist ja auch noch salzig.
Das Wasser kocht.
Wir brauchen eine große Pfanne (oder zwei) auf dem Herd. Mit viel Butter und gehackten Zwiebeln. Goldschimmernd anbraten. Das passiert parallel.
Und jetzt ist handwerkliches Geschick gefragt.
Den Teig portionsweise auf ein Brett
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