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Auch unter Kuehen gibt es Zicken

Auch unter Kuehen gibt es Zicken

Titel: Auch unter Kuehen gibt es Zicken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Michalke
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Gewitter übermorgen Abend losgeht.«
    »Nicht vor sieben.«
    »Sicher?«
    »Ziemlich. Und was macht die Liebe?«
    »Nix.«
    »Ich muss mal hochkommen zu dir.«
    »Ja, des machst’.«
    Ich berichte Fiona, was ich Neues weiß. Sie ruft bei ihrem Bauern an, ich bei meinem. Es ist ein Hin und Her. Aber irgendwann sind wir uns alle einig. Heute wird gemäht.

    Unsere jungen Bauern bringen uns einen Balkenmäher. In Marlbororot. Messerscharf geschliffene Zähne. Vorwärtsantrieb: einen Schildkrötengang und einen Vollgasgang. Leerlauf für rückwärts, da zieht man ihn halt. 88 Kilo. Ein Honda. Ein Traum.
    Früher, das weiß ich von Annika, hatten sie dieses Urzeitmonster. Das muss explodiert sein, denn sonst wär’s noch da. Manchmal ist der Fortschritt einfach ein Segen. In einer knappen Stunde hat jeder seinen Almanger gemäht.
    Fiona und ich schwingen die Heugabeln. Das Gras muss ausgebreitet werden. Dünn, locker und fluffig, sodass die Sonne und der Wind durchfahren können. Jede Stunde, die’s früher trocken ist und eingebracht werden kann, könnte Gold wert sein. Denn mit den Gewittern weiß man nie. Sogar Vladó ist nur ziemlich sicher. Wir gabeln, schütteln, wenden, was die Arme hergeben.
    Und dann warten wir, dass es antrocknet, vielleicht sogar schon ein bisschen knistert.
    Dann kann’s noch mal gewendet werden. Am Abend müssen wir’s in langen Schlangen zusammenrechen, damit’s über Nacht weniger Feuchtigkeit erwischt. Und morgen, wenn der Tau weg ist, wieder auseinanderbreiten. Mittags wenden. Abends in Schlangen rechen.
    Während wir warten, koche ich Kaffee. Unsere lieben Bauern haben je einen Korb voll Gebäck dagelassen. Wir werden drei Tage nur Kuchen und Auszog’ne essen. Das müssen wir sogar, weil wir die Kraft brauchen. Das ist ja das Schöne an der Heuarbeit.
    Und als hätt er’s gerochen, spaziert der Hannes von der Nachbaralm auf meine Terrasse. Sein Hund, die Lucy, schleppt sich hinter ihm her. Eine Dogge. Schon elf Jahre alt. Sie hat Mühe, ihre Hinterbeine zu bewegen.
    »Was is’n mit der Lucy!?«, frage ich als Allererstes.
    »Mei, seit gestern … hat sich vielleicht übernommen.«
    Ich lege eine Hand auf ihr Hintergestell. Nur Knochen. Der ganze Hund ist nur Haut und Knochen. Und zittert am ganzen Leib. Die kann nicht mehr.
    »Warum is’n die so dürr?«
    »Mei, die frisst nicht g’scheit.«
    »Wie lange?«
    »Mei, scho lang. Hoaklig war’s scho immer, aber jetz’ …«
    Ich müsste eigentlich wütend werden. Über jemanden, der seinen Hund so runterkommen lässt. Und dann auch noch über einen ganzen Berg mitschleppt! Aber ich werd nicht wütend. Hannes weiß sich keinen Rat mehr. Ich lege einfach meine Hände auf das Hundegerippe, fang sie ab, weil sie sonst aus 70 Zentimeter ungebremst auf den Boden knallen würde, und höre auf zu denken. Ich fühle meine Hände und angenehm warmen Vanillepudding um mein Herz herum. Ich muss tief, tief atmen auf einmal. Und fühle, wie der Hund auch tief atmet. Eine Welle, hoch wie ein Haus, überschwemmt uns. Wie schwach dieser dürre, große Körper ist. Ein tiefer schwarzer See.
    »Was is denn mit dir passiert, hm?«, frage ich den Hund.
    »Mei … ihr Frau’le is g’storben … «
    »Frisst sie seitdem nichts?«
    »Doch … scho … aber schlecht.«
    »Und das Zittern?«
    »Zittern … hm … des hot’s eigentlich immer. Des is ’s Alter.«
    ’s Alter ist das nicht, das weiß ich. Das ist etwas ganz anderes. Ich seh förmlich die Pipeline zwischen Hund und Besitzer. Er braucht Kraft, und sie gibt ihm, was sie hat. Das passiert einfach. Es ist uns nicht bewusst.
    »Lucy, schlaf a bissl, hm?«
    Mit einer hochgezogenen Augenbraue schaut sie mich an, schmatzt einmal und rollt sich zusammen.
    Fiona schenkt Kaffee ein.
    Sie reicht mir eine Auszog’ne unter den Tisch, weil ich meine Hand auf dem Hund lasse. Weiter verliert sie kein Wort darüber und unterhält sich mit Hannes über seine Koima, über ihre Kälber, übers Schwenden, darüber, wie viel Alpenkreuzkraut eine Koim verträgt, bevor sie krank wird, über unsere Alm, seine Alm, über die Alm an sich und die Senner auf den anderen Almen. Und ich bin froh, dass niemand sich dran stört, dass ich unterm Tisch sitze und den Hüftknochen eines Hundes halte.
    Nachdem er seine zweite Auszog’ne aufgegessen hat, meint Hannes: »Des taugt ihr.«
    »Ja«, sage ich.
    »Wos machst’n do?«
    »Hab ich in Peru gelernt.«
    »Hand aufleg’n?«
    »So was in der Art.«
    Funktioniert

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