Auch virtuelle Killer können töten
war weiß gestrichen und absolut sauber. Entweder war der Anstrich neu oder die Mieter waren sehr ordentlich.
Als wir die oberste Etage erreichten, wartete Miss Winsor bereits vor der Tür zu ihrem Apartment.
»Sie sind wirklich vom FBI?«, fragte sie, ohne überrascht zu klingen.
Ich zeigte ihr meinen Dienstausweis. »Ja, sind wir, Agents Decker und Cotton, FBI New York. Wir haben ein paar Fragen bezüglich Timothy Trimmbone.«
»Hatte ich mir fast gedacht«, sagte sie. »Kommen Sie doch rein.«
Wir betraten ihr helles, freundlich eingerichtetes Apartment. Sowohl bei den Bodenbelägen als auch an den Wänden dominierten angenehme Pastelltöne. Im Wohnzimmer angekommen, nahm sie auf einem Stuhl Platz und deutete auf die Couch. »Setzen Sie sich doch.«
Wir kamen ihrer Aufforderung nach.
»Sie hatten schon mit unserem Erscheinen gerechnet?«, fragte ich sie.
»Nicht direkt«, kam ihre Antwort. »Aber als Sie geklingelt haben, war ich mir fast sicher, dass Sie wegen Timothy hier sind. Er ist vor zwei Tagen plötzlich und ohne Voranmeldung hier aufgetaucht und hat darauf gedrängt, hier übernachten zu dürfen. War schon etwas komisch – wir haben ja schon vor einem halben Jahr Schluss gemacht. Aber weil er so darauf gedrängt hat, habe ich zugestimmt. Er war ziemlich durch den Wind und ganz schön verängstigt. Als ich dann hörte, dass Sie vom FBI sind, habe ich eins und eins zusammengezählt. Sie sind doch wegen ihm hier, nicht wahr?«
»Ja, das sind wir«, antwortete ich ernst.
»Ja, ja, was hat er denn jetzt wieder angestellt?«, fragte sie mit leicht abschätzigem Tonfall. »Ich habe auf jeden Fall nichts damit zu tun und will auch nicht darin verwickelt werden.«
»Die Situation ist die«, sagte ich behutsam, »Mister Trimmbone ist tot. Er ist heute ermordet worden.«
»Wie bitte?«, fragte sie aufgeregt. »Das kann doch nicht sein!«
Sie fing an, am ganzen Körper zu zittern, und weinte. Ich gab ihr einen Augenblick, um sich zu fangen. Der emotionale Ausbruch wurde aber immer stärker, bis er irgendwann seinen Zenit überschritten hatte und sie langsam die Fassung wiedergewann.
»Verdammt, und ich habe ihn nach einem Tag rausgeschmissen«, sagte sie verzweifelt.
»Hätten Sie das nicht getan, wäre auch Ihre Sicherheit gefährdet gewesen«, sagte ich im Versuch, sie ein wenig zu beruhigen.
Sie nickte wortlos und wischte sich die Tränen aus dem Gesicht. »Und Sie sind gekommen, um mir das zu sagen?«
»Zum einen das«, sagte ich, »darüber hinaus versuchen wir herauszufinden, warum er getötet wurde. Es hat mit einem Auftrag zu tun, an dem er gearbeitet hatte. Hat er Ihnen gegenüber diesbezüglich etwas erwähnt?«
Miss Winsor schüttelte den Kopf. »Nein, hat er nicht. Ich habe ihn gefragt, was los sei, aber er war ausweichend und hat nichts gesagt.«
»Hat er vielleicht etwas hier gelassen? Eine Festplatte oder einen Speicherstick oder etwas in der Art?«, war meine nächste Frage.
»Nein, hat er nicht, sorry, da kann ich Ihnen nicht helfen«, sagte sie. »Aber er hat mir erzählt, wo er kurz vor seinem Erscheinen hier gewesen ist – falls Ihnen das hilft.«
»Wir sind ganz Ohr«, sagte ich.
»Bei einem alten Freund von ihm, James Trelony. Die beiden kennen sich schon eine ganze Weile. Und Timothy hat Trelony erwähnt«, erzählte sie. »Ich habe ihn auch ein paar Mal getroffen, als ich noch mit Timothy zusammen war, aber Trelony ist ein merkwürdiger Typ, stinkreich und merkwürdig.«
»Danke, das hilft uns schon weiter«, sagte ich und reichte ihr meine Karte. »Falls Ihnen noch etwas einfällt, rufen Sie uns bitte an.«
»Ja, mache ich«, sagte sie.
»Haben Sie jemanden, mit dem Sie reden können?«, fragte ich.
Sie nickte. »Ja, meine Freundin Jane, sie wohnt eine Etage tiefer.«
»Gut, dann sollten Sie das tun«, sagte ich. »Wir müssen auch noch seine Verwandten informieren – gemäß unseren Unterlagen haben sich seine Eltern getrennt und er hat noch einen Bruder, ist das korrekt?«
»Ja, das ist so, aber die leben alle in Kalifornien«, antwortete sie. »Wobei der Kontakt zu seiner Familie in den letzten Jahren wohl nicht sehr eng war. Deshalb war er auch an die Ostküste gekommen. Geld hatte er mit seinem Job genug verdient, er wollte sich hier eine neue Existenz aufbauen.«
Wir bedankten uns bei ihr, verabschiedeten uns und verließen das Haus.
»Dann sollten wir jetzt Trimmbones Angehörige informieren, bevor sie es aus den Medien erfahren«, sagte ich zu
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