Auf all deinen Wegen - Lene Beckers erster Fall (Lene Becker ermittelt) (German Edition)
und eine Kommissarin aus Deutschland, da wird es plötzlich wichtig.«
» Hör mit der alten Leier auf, Bill, wir sind nicht in L.A. 1992, sondern heute in San Francisco.«
» Ach ja?«, gab Edwards pampig zurück und verließ den Raum.
Fuller lehnte sich in seinem Stuhl zurü ck.
» Es tut mir so leid, Ms. Becker. Aber ich habe mich sonst immer auf Bill verlassen können. Ich weiß nicht, was in ihn gefahren ist. Kann mich nur für alles entschuldigen. Ich rufe gleich den Staatsanwalt an. Treffen wir uns dann morgen um zehn hier?«
Lene stand auf um sich zu verabschieden. Ihr zitterten vor Au fregung – oder Jetlag? - die Knie.
» Ich werde da sein.«
An der Tü r drehte sie sich noch einmal um. Begegnete seinem Blick, der ihr nachsah und dessen Ausdruck sie nicht deuten konnte. Verwirrt fragte sie:
» Mr. Fuller, was haben Sie mit L.A. 1992 gemeint?«
» Damals wurden vier Polizisten, drei Weiße und ein Latino, frei gesprochen, obwohl es eine Videoaufzeichnung von ihrer schweren Misshandlung eines Schwarzen gab, der sich angeblich seiner Festnahme widersetzt hatte. Danach gab es diese wochenlangen Rassenkrawalle. Damals war Edwards in L.A. bei der Polizei. Er hat diesen Urteilsspruch nie verwunden. Ist seitdem allergisch auf weiße junge Leute. Ich hätte ihm den Fall nie überlassen dürfen. Aber ich kümmere mich darum.« Und dann fast sanft: »Good-bye, Ms. Becker.«
» Danke für alles, Mr. Fuller.«
Drauß en schien inzwischen eine schwache, teilweise gebrochene Frühlingssonne. Lene atmete tief durch. Eine spürbare Erleichterung lief durch ihren ganzen Körper. Fuller hatte sie akzeptiert. Es war unglaublich, aber sie hatte es geschafft! Er nahm den Fall jetzt selbst in die Hand und bezog sie mit ein. In all dem Alptraum gab es jetzt eine Möglichkeit, sie konnte endlich aktiv werden. Sie würden diese absurden Morde aufklären.
Lene nahm das erste Mal die eindrucksvolle Stadtsilhouette wahr. El egant nach oben strebende Hochhäuser, dazwischen die stilvollen alten Häuser - geradezu eingekuschelt. Nichts widersprach sich, alles atmete Harmonie. Was für eine schöne Stadt. In ihrem Ausdruck fast europäisch, ohne die amerikanische Kühle, die sie sich vorgestellt hatte. An der nächsten Kreuzung sah sie links die alte, berühmte Cablecar, die Zahnradbahn, die die steile Straße hinunterquietschte - mit Riesenlärm. Lene wandte sich in der Market Street nach links, nach zwei Blocks – wieso ist Block bloß eine feste Einheit, fragte sie sich – bog sie rechts in die 3rd Street ein und fand nach zweihundert Metern das San Francisco MOMA. Kühle und ein gedämpftes edles Ambiente empfing sie. Im ersten Stock war gerade eine Matisse Ausstellung. Seine auf eine Art distanzierten und dann wieder emotionalen, klaren Bilder passten zu ihrer Stimmung. Es war, als ob ihre Seele zur Ruhe käme in seinem Blau.
Sie fand Sophie vor einem riesigen Rothko. Natürlich bei ihm. Versunken in die Flächen, die sie in ihrer Einfachheit und der gerade darin liegenden kraftvollen Präsenz schon immer fasziniert hatten. Als Lene sich zu ihr setzte, seufzte Sophie nur: »Ist das nicht wunderbar? Schau doch! Wusstest du, dass seine Bilder Ausdruck der unendlichen Weite der amerikanischen Landschaft sind?« Dennoch brachen sie nach kurzer Zeit auf, nicht länger aufnahmefähig. Kaum auf der Straße, fragte Sophie, wie es gelaufen war. Lene erzählte von der unglaublichen Ermittlung. Von Fuller und Edwards, und wie Fuller sie unterstützt hatte. Sophie wurde zornig, als Lene ihr deutlich machte, was da bei der Untersuchung alles schief gelaufen war.
» Wie gut, dass du gekommen bist! Das ist ja eine grenzenlose Schweinerei. Aber jetzt wird alles anders. Du kriegst es bestimmt raus, wer Joanne und Marc das angetan hat. Und weiß du was? Ich hab jetzt trotz allem Hunger. Schau mal, da ist ein mexikanisches Lokal. Wir gehen jetzt Essen.« Sie zog Lene zum Eingang. Innen eine – wieder fast europäisch anmutende - Studentenlokalatmosphäre. Ein alter Holzfußboden, Leute, die auf Barhockern um kleine, runde Bistotische saßen, redend oder Zeitung lesend. Andere, die sich angeregt unterhielten. Völlig unterschiedliche Menschen, sowohl in sozialer Hinsicht als auch in der Hautfarbe. Das gefiel ihnen beiden. So viele Kilometer und sie fühlten sich plötzlich zu Hause.
Das mexikanische Essen war kö stlich. Nach den ersten Bissen ihrer Enchilladas fragte Sophie noch einmal nach Fuller und Edwards.
» Fuller ist ein
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