Auf all deinen Wegen - Lene Beckers erster Fall (Lene Becker ermittelt) (German Edition)
haben Sie telefoniert?«
» Wieso telefoniert? Wann?«
» An dem Abend. Kurz vor dem Mord. Mit wem?«
» Ich habe Iris angerufen. Aber das war früher.«
» Ja, das war’s dann. Good-bye.«
Als Fred Masters den Raum verlassen hatte, fragte Bill E dwards:
» Was sollte das mit dem Telefonanruf?«
» Das stand im Protokoll. Er hätte unten telefoniert. Da weicht seine Aussage zeitlich ab. Wir brauchen die Auflistung der Telefongesellschaft seines Handys und auch die Liste von Joannes und Marcs Telefon in der Wohnung. Und diese Wohnung will ich mir nachher, nach der Gerichtsmedizin, ansehen. Und diese junge Frau, Iris – wie hieß sie noch – ja, Johnson, die will ich auch sprechen. Aber erst, wenn wir die genauen Telefonzeiten haben. In das Restaurant gehe ich auch selbst. Die können uns vielleicht mehr zu dem Streit sagen.«
» Ich weiß, wo das ist. Ein kleiner Laden in der Powell Street. Sehr einfach, aber sehr gemütlich. Meine Frau und ich gehen da auch manchmal hin. Ein Familienbetrieb. Nicht so unübersichtlich wie andere Pizzarestaurants.«
» Um so besser für uns. Dieser Fred Masters scheint übrigens ein ganz netter Junge zu sein. Ein bisschen zu sehr bemüht salopp zu sein. Zumindest für meinen Geschmack. Aber der Typ, den Frauen mögen. Und vielleicht hat er sich das auch nur angewöhnt um zu kaschieren, dass er sich dies Studium durch Fleiß erkämpft hat. Denn das hat er. Wie wohl Joanne zu ihm stand? Nur wegen der Spaghetti ist er sicher nicht zu den beiden.«
Er wandte sich jetzt direkt an Edwards. »Ist dir auch aufgefallen, dass er jetzt von drei Schüssen sprach? In deinem Protokoll sind es noch zwei Schüsse. Aber ich wollte erst die beiden sehen ebenso wie die Wohnung, bevor ich da nachhake.«
Bill sah unglü cklich aus. Betreten. »Wohl doch nicht so ein einfacher Fall, Chef«, murmelte er im Hinausgehen.
Kapitel 12
Als Lene um 10 Uhr an seine Tü r klopfte, war Mike Fuller nicht in seinem Zimmer. Nach kurzem Zögern trat sie trotzdem ein und setzte sich auf den gleichen Stuhl wie am Tag zuvor. Sie nutzte die Wartezeit um sich umzusehen. Nach dem ersten Eindruck war dies das Zimmer eines Mannes, der hart arbeitete und wenig Zeit in die Ausgestaltung seines Dienstzimmers investierte. Keine Pflanzen, die der Pflege bedurften, nur zwei kühle Schwarz-Weiß-Fotos an der Wand, aus der Zeit des großen Erdbebens 1906 in San Francisco, die vor zwei Jahren im Vorgriff auf die 100-Jahre-Gedenkfeier veröffentlich worden waren. Wie seltsam sie in sein Büro zu hängen. Vielleicht eine Mahnung an die Unsicherheit des Lebens – oder vielleicht auch einfach, weil sie interessant waren für jeden Menschen in einer Stadt, die so ein Drama jederzeit wieder erleben könnte.
Der Schreibtisch sa h mit seinem Aktenberg genauso aus wie ihrer zu Hause. Ein Flipchart mit den Fotos eines Mordes – einer Mädchenleiche in einem Wald, wohl dem Mord im Lincolnpark – sowie ein Schreibtischsessel, der bequem aussah und einem etwas harten, lieblos ausgewählten Stuhl, auf dem sie saß, vervollständigten die Einrichtung. Auf dem Schreibtisch ein Charlie-Brown-Becher, aus dem offenbar gerade Kaffee getrunken worden war. Charlie, der zu Snoopy sagt: »Du hast es gut. Du wirst wenigstens von mir geliebt.«
Lene musste lachen und in diesem Moment kam Mike Fuller herein.
»Was ist hier so komisch? So habe ich ja mein Büro offenbar noch nie angeschaut.«
» Ich musste nur über Charlie Brown lachen. Der in seinem Weltschmerz vergisst, dass der Hund seinen Herrn liebt, über alles. Sich einfach leid tut.«
» Tja, der Becher erinnert mich immer daran, dass ich mir einen Hund anschaffen sollte. Hilft gegen Bulleneinsamkeit.«
» Sie leben auch allein?« Lene wurde dabei etwas heiß, weil sie durch die Formulierung verraten hatte, dass auch sie allein lebte.«
» Ja, das ist wohl die Prise Salz in unserem Beruf. Nachts in sein gemütliches, leeres Heim zu kommen, in dem sich die Pizzapackungen stapeln und schon eine kleine Maus Tränen der Rührung bei uns hervorruft.« Jetzt lachte Lene wirklich bei diesem herzzerreißenden Bild.
» Na ja, so schlimm ist es bei mir nicht. Perugio, mein Maine Coon Kater, wäre da schneller als jede Rührung. Er steht immer schon an der Haustür, wenn ich aufschließe und begrüßt mich. Hingebungsvoller als mancher Ehemann.«
Auch Mike Fuller lachte jetzt. Wie wohltuend jemanden zu treffen, der wie sie sich auch so gern ü ber Situationen amüsieren konnte, der
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