Auf all deinen Wegen - Lene Beckers erster Fall (Lene Becker ermittelt) (German Edition)
Verdächtigen heute Abend noch frei. Wie Sie ihm die Morde dann nachweisen, ist Ihre Sache. Aber bisher langt es einfach nicht. Und wieso wird Masters noch von keinem Anwalt vertreten?«
» Er wollte keinen, weil er unschuldig ist, sagt er. Gut, wenn die Durchsuchung nichts Wesentliches erbringt, kommt er noch heute hier raus.«
Nach dem Gesprä ch dachte Fuller noch einmal über Masters nach. Irgendetwas fehlte. Was genau hatte er an dem Abend mit Marc und Joanne besprochen? Und dann – er blätterte seine Notizen zurück – wollte er ja von Masters noch zwei andere wichtige Fragen beantwortet haben. In dem Moment kam Edwards herein. Etwas außer Atem sprudelte er die Neuigkeit gleich heraus.
» Also die Buchhändlerin, Chef, die hab ich gefunden. Und wegen des Gesprächs über ihren Rennfahrergroßvater konnte sie sich auch gleich erinnern.
Masters ’ Angaben sind richtig. Er war dort und auch die Zeit konnte sie in etwa bestätigen, da sie gerade von der Pause kam, die ging bis 20:50. Und sie sah, dass er wieder ging, als sie gerade anfing an der Kasse den Tagesbericht zu hinterlegen. Das macht sie immer gegen 20 Minuten vor Schluss, also vor 22 Uhr an dem Tag. Somit hat er sich da richtig erinnert.«
» Prima. Hast du Namen und Adresse? Da haben wir endlich einmal Glück gehabt. Sag mal, glaubst du, dass er die beiden erschießt und dann sofort zu der Buchhandlung geht und dort so ein Gespräch führt? Du hast doch sonst ein gutes Gespür – was meinst du?«
Bill dachte nach. »Weißt du, dieser Fall ist schon anders als sonst.« Er grinste mutwillig. »Nicht nur, weil dir die deutsche Kommissarin wichtiger ist als ich. Aber ich will ja nicht den Beleidigten spielen.«
Bill wurde wieder ernst.
»Zu Masters kann ich auch nur sagen, dass alles gegen ihn spricht. Wir ermitteln erst mal weiter gegen ihn. Wenn, wie du sagst, der Mord zwischen 20:15 und 21:00 war, hat er genug Zeit gehabt und konnte rechtzeitig in der Buchhandlung sein. Dann hat er das Gespräch mit der Verkäuferin extra so persönlich gehalten, damit sie ihm ein Alibi gibt. Und ich kann nicht in den Mörder reingucken - du?«
Fuller gestand sich ein, dass Bill recht hatte. Was war nur mit ihm los, dass er immer glaubte, Masters sei es nicht gewesen, anstatt seine Arbeit zu tun und gegen den Hauptverdächtigen zu ermitteln? Er – wie jeder Kriminalbeamte, da war er sich sicher – hatte sich doch auch früher schon getäuscht in Verdächtigen. Er war froh, dass er die Durchsuchungsgenehmigung in der Tasche hatte und unterrichtete Bill jetzt davon, dass sie nach der Vernehmung von Iris Johnson – »Und da möchte ich dich beim Verhör unbedingt dabeihaben!« – gleich zu ihm fahren würden. Er hatte die eifersüchtige Anspielung auf Lene wohl verstanden, gab Bill innerlich auch recht. Aber es machte mit ihr nun mal mehr Spaß, war spannender als mit Bill. Sie arbeiteten schließlich immer zusammen. Na, aber fair ist das nicht, dachte er, und versprach sich, besser auf Ausgewogenheit zu achten. Wusste er doch um Bills in einer rauen Schale versteckte, weiche Seele. Dann sah Fuller auf die Uhr. 12:40. Da hatte er ja noch Zeit mit Masters zu sprechen.
» Bill, bringst du Masters noch mal rauf? Ich habe da noch ein paar Fragen.«
Bill strahlte, spü rte den Willen zu mehr Zusammenarbeit. »Klar, Chef. Das ist sicher richtig, wenn wir uns den noch mal vornehmen.«
Als Fred Masters nach wenigen Minuten hereinkam, ersch rak Fuller etwas. Man sah dem jungen Mann seine Nacht im Gefängnis an. Er bot ihm eine Tasse Kaffee an, die Masters gerne annahm. Damit wurde die Atmosphäre etwas gelockerter. Bill blieb neben der Tür auf einem Holzstuhl sitzen, so dass Fuller das Gespräch erst einmal allein führte.
» Ich hoffe, die Nacht war nicht zu schlimm für Sie«, begann er und sah, dass Masters mit den Achseln zuckte. Dabei stand sein Gesichtsausdruck in rührendem Gegensatz zu dieser lockeren Geste.
» Mir sind einige Fragen eingefallen, die ich noch geklärt haben möchte. Die Wichtigste ist, war der Safe leer?«
Jetzt war Masters verwirrt. Er dachte nach und man spü rte seine zunehmende Aufregung.
» Das ist verrückt. Wieso habe ich das nicht gleich bemerkt? Ich kann es nicht fassen. Entschuldigung …«, und seine Stimme erstarb.
Fuller beugte sich angespannt nach vorn. »Was denn, reden Sie doch endlich.«
» Als ich den Safe schloss, bevor ich die Polizei rief, meine ich, da war noch etwas drin. Ich habe nicht so drauf geachtet.
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