Auf Befehl des Koenigs
Soldaten, die für Jamies Schutz verantwortlich waren, traten vor, und einer erklärte: »Wir waren Zeugen.«
Alecs Brauen zogen sich zusammen. »Und ihr habt nichts unternommen?«
»Das wollten wir«, entgegnete der jüngere Krieger, »aber du sagtest, wir sollten einen Abstand von zehn Schritten halten.«
»Alec, warum hast du deinen Männern befohlen, mir zu folgen …?« Jamie unterbrach ihre Frage, als er ihre Schulter drückte. Offenbar mochte er dieses Thema jetzt nicht erörtern.
»Als wir um eine Ecke bogen, sahen wir, wie Justin die Lady packte«, fuhr der ältere Soldat fort.
Alecs Kinnmuskeln zuckten. »Und?«
»Er verlieh seiner Bewunderung für Lady Kincaid Ausdruck, und wir hörten ihn beteuern, ihre violetten Augen würden jeden Mann in die Knie zwingen. Da Laird Harold dein Verbündeter ist, dachte ich, einer von uns müsste dich holen, Mylord, ehe wir …«
»Er war sein Verbündeter!«, brüllte Philip.
»Regen Sie sich nicht auf«, bat Jamie. »Ich wollte Alec holen, damit er ein ernstes Wort mit Ihrem Bruder redet. Aber mein Mann war beschäftigt.«
»Und so hast du stattdessen eine Keule geholt«, ergänzte Alec.
Sie glaubte, eine gewisse Belustigung in seinem Blick zu lesen, war sich aber nicht sicher. »Was blieb mir denn anderes übrig? Ich musste mich doch wappnen, und so brauchte ich eine Waffe, die ihn viel nachdrücklicher in die Knie zwingen konnte als meine violetten Augen. Und als er dann wieder auf mich zukam …«
»Sie haben Schande über meinen Bruder und mich gebracht!«, rief Philip.
»Nein, das hat Justin ganz allein vollbracht«, entgegnete Jamie.
Das Gesicht des jungen Mannes lief dunkelrot an. »Mein Vater wird von diesen Beleidigungen erfahren, Kincaid, das schwöre ich dir.«
Harolds Söhne stürmten zum Stall, und die Menge machte ihnen bereitwillig Platz. Colin, Harolds vertrauenswürdiger Stellvertreter, folgte ihnen nicht und wandte sich zu Alec. »Deine Bedingungen?«
»Er hat eine Woche Zeit.«
Colin nickte, und Jamie wartete, bis der alte Soldat sich entfernt hatte. Dann fragte sie ihren Mann: »Wer hat eine Woche Zeit?«
»Justins Vater.«
»Was soll er in dieser Woche machen?«
»Er wird versuchen, meinen Zorn zu besänftigen.«
»Und wenn ihm das misslingt?«
»Dann gibt es Krieg.«
Sie hatte geahnt, dass er dieses furchtbare Wort aussprechen würde. Und das alles war ihre Schuld. Erst am Vortag hatte Vater Murdock bemerkt, er habe immer geglaubt, das Hochland wäre ein friedlicher Ort. Bis zu ihrer, Jamies, Ankunft. Nun kämpften die Kincaids mit den McPhersons, weil sie das kranke Baby kuriert hatte. Und sie waren nahe daran, auch gegen die Fergusons ihre Waffen zu erheben, weil Daniel ihnen die kalte Schulter zeigte, seit Mary Zuflucht bei ihrer Schwester gefunden hatte. Dazu kam noch die Sorge um Mary Kathleens Verwandte. Wahrscheinlich marschierten sie bereits auf das Kincaid-Gebiet zu. Justins Vater würde sich ebenfalls auf die Liste der Feinde setzen. Wenn das so weiterging, würde in einer Woche kein einziger Kincaid-Krieger am Leben sein.
Zum ersten Mal seit dem Tod ihrer Mutter verspürte sie das Bedürfnis, sich gründlich auszuweinen. »Ich muss zu Mary Kathleen gehen«, flüsterte sie.
»Dann wirst du meine Überraschung verderben.«
Ihre Augen füllten sich mit Tränen. »Ich hatte auch eine wunderbare Überraschung für dich. Die ist jetzt ruiniert.«
Der Priester eilte herbei und klopfte ihr ungeschickt auf die Schulter. »Aber, aber, Mädchen! Der Tag ist doch noch gar nicht vorbei. Bald wird der König eintreffen und …«
»Vielleicht kommt er gar nicht.« Mit dieser Bemerkung wollte Gavin seine Herrin beruhigen, denn er hatte gesehen, wie entsetzt sie über die Ankündigung von Edgars Besuch gewesen war.
»Oh, verdammt!«, rief sie. »Dann würde mein Plan endgültig ins Wasser fallen. Wo ist eigentlich Edith? Ich wollte sie bitten …«
»Edith und Annie packen ihre Sachen«, erklärte Alec. »Marcus, du solltest dich auch fertig machen.«
»Warum packen sie denn?«, wollte Jamie wissen.
»Sie reisen ab.«
»Wohin?«
»Marcus bringt Annie und Edith zu den Bracks«, berichtete Gavin. »Das sind entfernte Verwandte.«
Jamie betupfte sich mit ihrem Tartan die Augen. »Ein familiärer Besuch?«
»Nein, sie werden bei den Bracks leben.«
»Das verstehe ich nicht. Edith und ich sind Freundinnen geworden. Und Annie ist Helenas Schwester. Du kannst dich nicht von ihnen abwenden. Willst du deine Entscheidungen nicht
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