Auf Befehl des Koenigs
zu ihm und tätschelte seine Hand. Dann wandte sie sich zu Mary. »Du scheinst noch am ehesten die Fassung zu wahren, Agnes, hör zu wimmern auf, damit ich endlich erfahren kann, worum es eigentlich geht. Würdest du es mir erklären, Mary?«
»Papa bekam eine Nachricht von König Henry.« Seufzend fegte Mary eine braune Haarsträhne von ihrer Schulter. »Seine Majestät will an unserem Vater ein Exempel statuieren.«
Sofort begannen die Zwillinge wie aus einem Mund zu schluchzen, und Jamie verdrehte gequält die Augen. »Bitte, sprich weiter, Mary. Ich möchte alles wissen.«
»Nun, nachdem der König diese schottische Prinzessin geheiratet hat … Wie heißt sie doch gleich, Alice?«
»Matilda.«
»Natürlich, Matilda. Großer Gott, wie konnte ich den Namen der Königin vergessen?«
»Das verstehe ich nur zu gut«, erwiderte Agnes. »Papa nimmt uns nie an den Hof mit, und wir bekommen auch keinen Besuch von bedeutenden Persönlichkeiten. Wir leben mitten im Nirgendwo, so abgeschieden wie Aussätzige.«
»Agnes, du schweifst vom Thema ab«, bemerkte Jamie. Ihre Stimme nahm einen ungeduldigen Klang an. »Nun, Mary?«
»Also, der König scheint zu glauben, wir alle müssten Schotten heiraten.«
Alice schüttelte den Kopf. »Nicht wir alle – nur eine von uns. Und der Barbar soll sich eine aussuchen. O Gott, welch eine Demütigung!«
»Nur eine Demütigung?«, rief Mary. »Die Braut, die er wählen wird, blickt dem sicheren Tod ins Auge. Wenn er seine erste Ehefrau getötet hat, wird er auch die zweite nicht verschonen.«
Erschrocken hielt Jamie den Atem an. »Was?«
Alice beachtete die Frage nicht. »Wie mir zu Ohren kam, hat seine erste Frau Selbstmord begangen.«
»O Papa, wie konntest du nur?«, jammerte Agnes und ballte die Hände. »Du wusstest doch, wie böse der König sein würde, weil du deine Steuern nicht zahltest. Hast du nicht bedacht, dass Seine Majestät sich rächen würde?«
»Agnes, würdest du die Stimme senken?«, bat Jamie. »Dieses Geschrei wird nichts an der Situation ändern. Papa leidet nun mal unter einem schwachen Gedächtnis. Wahrscheinlich hat er einfach nur vergessen, dem König das Steuergeld zu schicken. Ist es nicht so, Papa?«
»Mag sein, mein Engel«, entgegnete der Baron unbehaglich.
»Oh, mein Gott!«, stöhnte Alice. »Er hat das Geld für was anderes ausgegeben!«
Gebieterisch hob Jamie eine Hand. »Mary, würdest du deine Erklärung beenden, ehe ich zu schreien anfange?«
»Du musst doch verstehen, wie schwer es uns fällt, angesichts dieses ungeheuerlichen Beschlusses vernünftig zu bleiben. Aber ich will versuchen dir alles in Ruhe zu erläutern, denn ich sehe, dass du ziemlich verwirrt bist.« Mary nahm sich Zeit, um die Schultern zu straffen, und Jamie hätte sie vor Ungeduld am liebsten geschüttelt. Doch das hätte nichts genützt, denn ihre Schwester neigte zur Weitschweifigkeit und ließ sich nie zur Eile drängen.
»Also, nächste Woche kommt ein Barbar aus dem Hochland zu uns. Eine von uns dreien – Alice, Agnes oder mich – wird er heimführen. Seine erste Gemahlin hat er ermordet. Du wirst im Brief des Königs nicht erwähnt, Jamie.«
»Er hat seine erste Frau ganz sicher nicht umgebracht«, warf Alice ein. »Die Köchin sagt, die arme Seele habe sich das Leben genommen.«
»Nein«, widersprach Agnes. »Sie wurde ermordet. Keine Frau würde freiwillig in den Tod gehen und die ewige Verdammnis auf sich nehmen – gleichgültig wie grausam sie von ihrem Mann behandelt wird.«
»Könnte sie nicht durch einen Unfall umgekommen sein?«, gab Alice zu bedenken.
Mary zuckte die Achseln. »Nun ja, die Schotten sind bekannt für ihre Ungeschicklichkeit.«
»Und ihr seid bekannt dafür, dass ihr alle Klatschgeschichten glaubt«, schimpfte Jamie und versuchte ihr Entsetzen zu verbergen. »Dieser Mann soll also eine von euch dreien heiraten?«
»Und wir haben nichts zu sagen«, ergänzte Mary. »Unsere eigenen Eheverträge gelten nicht, bis er seine Wahl getroffen hat!«
»Wie Pferde müssen wir vor diesem Ungeheuer paradieren!«, wimmerte Agnes.
»Ah, das hätte ich fast vergessen, Jamie!«, sprudelte Mary hervor. »Auch der schottische König Edgar befürwortet diese Heirat. Das hat Papa gesagt.«
»Vielleicht will der Lord gar nicht heiraten und tut’s nur, um seinem König zu gehorchen«, meinte Alice.
»Oh, daran habe ich noch gar nicht gedacht!«, kreischte Agnes. »Wenn er nicht heiraten möchte, wird er seine Frau umbringen, ehe er mit ihr
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