Auf Befehl des Koenigs
entsinnen, dass sie violette Augen hatte. Ein klares, leuchtendes Violett … Sie schien zu schlafen, doch als er seine Hand zu befreien suchte, gelang es ihm nicht.
Soldaten begannen sich in der Halle zu versammeln und erregten seine Aufmerksamkeit. Alle seine Freunde lächelten ihn an, und er tat sein Bestes, um die Grüße zu erwidern. Er hatte Schmerzen, aye, aber die heiteren Gesichter verrieten, dass er nicht sterben würde. Vielleicht waren die Worte der Letzten Ölung, die er vernommen hatte, für eine andere scheidende Seele bestimmt gewesen.
Alec und Gavin standen in der Nähe des Eingangs. Der Laird starrte auf seine Frau, sein Stellvertreter beobachtete die Männer.
Ein magischer Augenblick, dachte Gavin. Die Soldaten waren wie gebannt von dem Bild, das sich ihnen bot. Alle wussten, dass Lady Kincaid den Gefährten vor dem sicheren Tod bewahrt hatte. Und jetzt bestätigte Angus’ schwaches Lächeln dieses Wunder.
Die Halle bot nur einem Drittel aller Krieger Platz. Doch als der erste niederkniete und den Kopf neigte, folgten die anderen der Reihe nach seinem Beispiel, bis auch der letzte draußen im Hof auf die Knie fiel. Eine eindeutige Demonstration ihrer Loyalität – und Alec wusste, dass sie nicht Angus galt. Nein. Angus war ihnen gleichgestellt, vor ihm würden sie nicht knien. Mit dieser Geste brachten sie das rückhaltlose Vertrauen zum Ausdruck, das sie Lady Kincaid schenkten, und ihre unwandelbare Treue. Und während sie dieses stumme Gelübde ablegten, schlief die Gemahlin des Lairds.
»Und ich habe behauptet, sie würde sehr lange brauchen, um die Leute für sich zu gewinnen«, flüsterte Gavin. »Dabei hat es nicht einmal einen Tag gedauert.«
Marcus drängte sich mit seiner Schwester Edith in die Halle. Sie warteten neben Gavin, bis Elizabeth sie einholte, die Annie an der Hand führte.
»Siehst du, Annie?«, wisperte sie. »Ich sagte dir doch, dass es Angus besser geht.« Dann ließ sie die Hand des Mädchens los und eilte zu ihrem Mann. Inzwischen hatten sich die Soldaten von den Knien erhoben und gingen langsam am Krankenlager vorbei. »Lady Kincaid hat Angus gerettet«, erklärte Gavin, zu Marcus gewandt. »Dies ist ein Tag der Freude, nicht des Zorns. Warum runzelst du die Stirn?«
»Angus wäre auch ohne Lady Kincaids Hilfe am Leben geblieben. Der Allmächtige hat diese Entscheidung getroffen – nicht die Lady.«
Marcus’ scharfe Stimme weckte Alecs Aufmerksamkeit. »Akzeptierst du meine Frau nicht?«, fragte er täuschend sanft.
»Ich akzeptiere sie, weil sie deine Gemahlin ist, und werde sie mit meinem Leben verteidigen, Alec. Aber meine Loyalität wird sie nicht so leicht erringen.«
Annie und Edith, die neben Marcus standen, schauten ebenso finster drein wie er. Und Alecs Antwort galt nicht nur dem Krieger, sondern auch den beiden Frauen: »Ihr alle werdet Jamie willkommen heißen – verstanden?«
Sofort nickten Annie und Edith, aber Marcus gab sich nicht so leicht geschlagen. »Hast du unsere Helena so schnell vergessen, Alec?«
»Fast drei Jahre sind seit ihrem Tod vergangen«, Wandte Gavin ein.
»Ich habe sie nicht vergessen«, versicherte der Laird.
»Warum hast du dann …?«
»Ich habe wieder geheiratet, um meinem König zu gefallen. Das weißt du verdammt gut, Marcus. Und ehe du meiner Frau den Rücken kehrst, solltest du bedenken, dass auch Jamie diese Ehe nur eingegangen ist, um ihrem König zu gehorchen. Ihr Wunsch war es ebenso wenig wie meiner, aber sie tat ihre Pflicht. Allein schon deshalb solltest du sie respektieren.«
»Sie wollte dich wirklich nicht heiraten?« Annies braune Augen spiegelten ihre Überraschung wider.
»Nein, sie wollte es nicht«, bestätigte Alec. »Und ich bespreche das nur mit dir, weil ich das Andenken deiner Schwester Helena in Ehren halte. Jamie war einem anderen versprochen. Warum hätte sie danach streben sollen, meine Frau zu werden?«
»Dabei muss man auch berücksichtigen, dass die Engländer uns genauso verabscheuen wie wir sie«, ergänzte Gavin.
»Deine Gemahlin weiß nicht, wie glücklich sie ist, Alec«, bemerkte Annie schüchtern.
Ihre Stimme klang so aufrichtig, dass er lächelte. Er ging zu seiner schlafenden Frau, hob sie hoch und drückte sie an seine Brust.
Gavin folgte ihm, um die Wache an Angus’ Bett zu übernehmen. »Wie lange wird es dauern, bis deine Lady uns akzeptiert, Alec?«
»Nicht lange«, prophezeite der Laird, trug Jamie zum Bett und rief über die Schulter: »Bald wird sie sich
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