Auf Befehl des Koenigs
heute von hier wegzuschicken – wird er es tun?«
Die Schottin schnappte nach Luft, und ihr Bruder antwortete: »Ja, das wird er tun.«
»Und wohin soll ich gehen?«, fragte Edith. »Marcus, du kannst doch nicht …«
»Schweigen Sie!« Weder Marcus noch Gavin hatten Jamie jemals in diesem Ton sprechen hören.
Erbost ballte Edith die Hände, und Jamie hoffte, ihre Gegnerin so in Wut zu bringen, dass sie vollends die Beherrschung verlor und endlich verriet, was ihr an der Frau des Lairds nicht passte.
»Ich bin hier die Herrin, Edith«, fügte Jamie kühl und hochmütig hinzu. »Und wenn ich wünsche, dass Sie aus dem Clan verstoßen werden, wird es geschehen.«
»Marcus würde das niemals zulassen.«
»Doch, das würde er«, entgegnete Jamie und hasste die schrecklichen Worte, die sie gebrauchte. »Er ist Ihr Bruder und Vormund, und Alec ist sein Laird, dem er stets die Treue halten wird. Aber Sie sind niemandem treu.«
»Doch!«
»Vielleicht waren Sie dem Laird früher treu ergeben, als seine Frau noch Helena hieß. Vater Murdock erzählte mir, Sie hätten ihr sehr nahe gestanden.«
»Niemals werden Sie Helena ersetzen können.«
»Das habe ich bereits getan.«
Diese lässig ausgesprochenen Worte brachten Edith um den letzten Rest ihrer Selbstkontrolle. Schreiend stürzte sie sich auf die Herrin.
Jamie hatte mit einem solchen Angriff gerechnet. Sie war kleiner als Edith, aber stärker, packte sie an den Handgelenken und zwang sie in die Knie. Marcus und Gavin eilten herbei, um einzugreifen, aber Jamie befahl ihnen, sich herauszuhalten.
Plötzlich verbarg Edith ihr Gesicht in Jamies Rockfalten und brach in Tränen aus. »O Gott, ich wollte Sie schlagen! Es tut mir so Leid! Als ich sah, wie Sie mit Vater Murdock Helenas Truhe aus dem Zimmer da oben schafften, war ich so verzweifelt. Sie ist angefüllt mit …«
»Ich wollte Helenas Eigentum nicht wegwerfen, und ich brachte die Truhe nur in einen anderen Raum.«
»Ihre Babysachen liegen darin«, erklärte Edith, als hätte sie Jamies Erklärung nicht gehört. »Sie hat so eifrig an den winzigen Kleidchen genäht.«
»Also hat sie sich ein Kind von Alec gewünscht?«, fragte Jamie sanft.
»Bitte, sagen Sie, dass Sie mir verzeihen, Mylady!«, schluchzte Edith. »Ich hatte nicht vor, Ihnen wehzutun.«
»Das haben Sie ja auch gar nicht getan. Mir tut es auch Leid.«
»Was tut Ihnen Leid?« Edith kniete immer noch am Boden, das Tränen überströmte Gesicht emporgewandt, und Jamie zog ein Tuch hervor, um ihr die Wangen abzuwischen.
»Dass ich gelogen habe. Aber Sie waren mir so feindlich gesinnt, und da musste ich eine kleine List anwenden, um Ihre Aufmerksamkeit zu erringen.«
»Sie wollen mich gar nicht wegschicken?«
Jamie schüttelte den Kopf und half der Schottin auf die Beine. »Sie sind ein wichtiges Mitglied dieses Clans, und ich würde Alec niemals bitten, Sie zu verstoßen. Und ich habe auch gelogen, was Helena betrifft. Ich habe ihren Platz nicht eingenommen.«
»Sie sind Alecs Frau.«
»Das bedeutet keineswegs, dass wir alle vorgeben müssen, sie hätte nie existiert.«
»Der Laird tut aber so.«
»Helenas Tod war sehr schmerzlich für ihn.«
»Ich hatte eher das Gefühl, dass er keine allzu große Trauer empfand. Die beiden waren nicht lange verheiratet, Mylady. Die Zeit reichte nicht einmal aus, um Helenas Tochter …«
»Was?«, rief Jamie verblüfft. »Vater Murdock sagte mir, die Ehe habe nur zwei Monate gedauert.«
»Alec war ursprünglich mit Annie verlobt, aber König Edgar besann sich anders, denn Annie … Nun ja, sie wurde nicht schnell genug erwachsen, und Helena hatte eben erst ihren Mann verloren. Kevin starb im Kampf für seinen König, und sie trug sein Kind unter dem Herzen.«
Jamie schwankte, und Marcus stützte sie am Ellbogen. »Ist Ihnen schlecht, Mylady?«
»Nein, ich bin nur wütend. Wie lange war Helena mit Kevin verheiratet?«
»Sechs Jahre«, antwortete Edith.
»Erzählen Sie von diesem Kind.«
»Helena wartete auf Alecs Rückkehr, nach der er sofort wieder aufbrechen wollte, um das kleine Mädchen zu holen. Es wurde von Kevins Mutter betreut.«
»Niemand in diesem Haus erzählt mir etwas!«, schrie Jamie empört. »Meine Mutter ging mit mir schwanger, als sie meinen Stiefvater heiratete. Und wenn Sie glauben, ich würde zulassen, dass dieses Kind …« Sie holte tief Atem, um sich zu beruhigen, dann wandte sie sich lächelnd zu den Soldaten. »Edith und ich haben unseren Streit beigelegt, und ich
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