Auf Bewährung
als ich in den Knast gekommen bin, und auch drinnen habe ich nichts angefasst, obwohl es da mehr Drogen gab, als du dir in deinen kühnsten Träumen vorstellen kannst – das kann ich dir sagen. Ich habe Meth gegen Endorphine getauscht. Wenn du willst, kannst du eine Urinprobe haben.«
»Will ich nicht, aber dein Bewährungshelfer wird eine verlangen, um deinen Zustand nach der Entlassung zu ermitteln.«
Mace atmete tief durch. Sie hatte ganz vergessen, dass sie ja noch ein volles Jahr auf Bewährung war, weil es bei ihrer Verurteilung ein paar Komplikationen gegeben hatte. Wenn sie jetzt Mist baute, konnten sie sie noch einmal für weit mehr als vierundzwanzig Monate wegsperren.
»Ich kenne den Kerl«, sagte Beth. »Er ist okay. Spielt fair. Nächste Woche hast du deinen ersten Termin bei ihm.«
»Ich dachte, das ginge schneller.«
»Das stimmt normalerweise auch, aber ich habe ihm gesagt, dass du bei mir wohnen wirst.«
Mace schaute ihrer Schwester in die Augen. »Gibt es schon irgendetwas Neues darüber, wer mich in die Pfanne gehauen hat?«
»Lass uns später darüber reden. Aber ich habe da so ein paar Ideen.«
Da war ein Unterton in Beths Stimme, und Mace beschloss, ihr nicht zu widersprechen. »Ich verhungere«, sagte Beth. »Aber kann ich vorher noch duschen? Wenn man zwei Jahre lang nur zwei Minuten pro Tag kalt duschen kann, dann hat man einen gewissen Nachholbedarf.«
»Handtücher, Seife und Shampoo sind oben. Der Rest deiner Kleider ist im Gästezimmer.«
Dreißig Minuten später setzten sich die beiden Schwestern in die große, luftige Küche und aßen das Frühstück aus Rührei, Kaffee, Bacon und Toast, das Beth gemacht hatte. Die Polizeichefin hatte ihre Uniform gegen eine Jeans und ein Sweatshirt getauscht, auf dem »FBI Academy« stand. Das Haar hatte sie sich zu einem Pferdeschwanz zurückgebunden, und sie war barfuß. Mace trug ein weißes langärmeliges Hemd und eine Cordhose, die sie zuletzt vor über zwei Jahren getragen hatte. Doch während die Hose ihr früher zu eng gewesen war, schlotterte sie ihr nun um die Hüfte.
»Du wirst neue Sachen brauchen«, sagte ihre Schwester. »Was wiegst du jetzt? Hundertfünfzehn?«
»Etwas weniger.« Mace strich mit dem Daumen über den Hosenbund. »Mir war ja gar nicht bewusst, dass ich früher so dick war.«
»Ja, klar. Richtig dick. Du warst doch schon damals fitter als die meisten anderen. Donuts hat es für dich nie gegeben.«
Sonnenlicht fiel durch die Fenster, und Beth beobachtete, wie Mace sich bei jedem Bissen Zeit ließ und den Kaffee ganz langsam trank. Als Mace den Blick ihrer Schwester bemerkte, stellte sie den Becher beiseite und legte die Gabel auf den Tisch.
»Das ist erbärmlich. Ich weiß«, sagte Mace.
Beth beugte sich über den Tisch und legte die schlanken Finger um den Unterarm ihrer Schwester. »Ich kann dir gar nicht sagen, wie schön es ist, dich sicher wieder bei mir zu haben. Es ist so eine Erleichterung und ...«
Beth versagte die Stimme, und Mace sah, wie ihrer großen Schwester plötzlich die Tränen in die Augen traten. Wie Mace, so hatte auch Beth als Streifenpolizistin in den übelsten Vierteln von D. C. angefangen, in die sich nie ein Tourist verirrte, es sei denn, er war seines Lebens überdrüssig.
Die Polizeichefin ging zur Arbeitsplatte, goss sich eine weitere Tasse Kaffee ein und schaute aus dem Fenster und in den kleinen Hinterhof, während sie um Fassung rang. Mace wandte sich wieder ihrer Mahlzeit zu. Zwischen zwei Bissen fragte sie: »Und? Was hast du nun für mich verwahrt?«
Erleichtert ob dieses Themenwechsels sagte Beth: »Komm mit, dann zeige ich es dir.«
Sie öffnete die Tür zur Garage und schaltete das Licht mit dem Ellbogen an. Es war eine Doppelgarage, und auf einem Stellplatz stand Beths schwarzer Jeep Cherokee. Und das Fahrzeug daneben zauberte Mace ein Grinsen aufs Gesicht.
Es war ein Motorrad, eine Ducati Sport 1000 S in Kirschrot. Es war das Einzige, wofür Mace jemals bereit gewesen war, richtig viel Geld in die Hand zu nehmen. Und trotzdem hatte sie es geradezu spottbillig bekommen. Sie hatte das Motorrad von einem untersetzten Cop gekauft, dem in der Midlifecrisis plötzlich klar geworden war, dass er schlicht Angst hatte, das verdammte Ding zu fahren.
Mace betrat die Garage und strich mit der Hand über die Hightechgabel von Marzocchi, die aus wunderbarem, poliertem Aluminium gefertigt war. Dann glitten ihre Finger über die Sachs-Stoßdämpfer, die selbst auf dem rauesten
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