Auf Bewährung
Arsch im Knast landet.«
Beth knallte den Hörer auf, lehnte sich zurück und atmete tief durch. Während des gesamten Gesprächs hatte ihr BlackBerry ununterbrochen gesummt. Sie sah nach. Da warteten neununddreißig E-Mails auf sie; alle als »dringend« markiert. Beth hatte heute noch sechs Meetings vor sich, und das erste begann in zwanzig Minuten. Anschließend würde sie noch zwei Stunden in Wagen Eins Streife fahren, dem Appell im Zweiten Bezirk beiwohnen, und abends standen zwei Vorträge auf dem Programm. Gleichzeitig galt es, fast zwölfhundert Polizisten an verschiedenen Kreuzungen auffahren zu lassen, denn der Präsident wollte heute Abend in seinem Lieblingsrestaurant essen gehen. Und der Secret Service hatte Beth erst um halb sieben darüber informiert.
Und den wenigen Schlaf, den sie ohnehin nur bekam, hatte ihr diese Nacht auch noch ein Mord im Neunten Bezirk geraubt. Erst gegen vier Uhr morgens hatte sie es auf ihre Couch geschafft und zwei Stunden lang die Augen geschlossen. Um sieben Uhr war sie dann wieder im Büro gewesen. Alles in allem ein ganz normaler Tag. Doch da war auch noch diese Information, die sie vor einer halben Stunde bekommen hatte und bei der es um Roy Kingman und ihre Schwester ging. Beths Festnetztelefon summte erneut.
»Chief.«
Es war Pierce. »Die Leute vom Sozialamt wollen wissen, was Sie mit Alisha Rogers und ihrem Sohn vorhaben. Sie haben keinen Platz mehr für sie. Laut Aktenlage hat Alisha Rogers eine eigene Wohnung. Daher sind den Sozialamtsleuten die Hände gebunden, es sei denn, Sie bestehen darauf.«
Und wenn ich darauf bestehe, dann bekommt die Presse Wind davon, und morgen steht in der Zeitung, dass die Polizeichefin ihr Amt missbraucht, um persönliche Gefälligkeiten einzufordern, die anderen bedürftigen Menschen verwehrt bleiben ...
»Donna«, sagte Beth, »verschieben Sie meine ersten drei Meetings auf heute Nachmittag. Quetschen Sie sie einfach irgendwo rein. Ich muss weg. Und sagen Sie dem Sozialamt, Sie können Alisha und Ihren Sohn meiner persönlichen Obhut übergeben.«
Beth holte ihr Handy aus der Tasche und wählte eine Nummer. »Ich bin es. Beth. Wir müssen uns darum kümmern. Sofort.«
»Ich weiß«, erwiderte Abe Altman. »Ich weiß.«
Kapitel 75
M ace war gerade mit dem Frühstück fertig und goss sich eine zweite Tasse Kaffee ein, als Altman aus der Küche ins Esszimmer kam.
»Ich hoffe, du hast gut geschlafen«, sagte er.
»Sehr gut sogar. Ich habe Rick Cassidy getroffen, als ich heute Morgen laufen war.«
»Ein wunderbarer junger Mann. Er wollte die Navy verlassen, um näher bei seiner Schwester zu sein. Da dachte ich, der Job hier würde ganz gut passen. Sie geht auf die George Washington und hat schon eine Stelle bei der Weltbank in D. C.«
»Das war wirklich nett, was du für sie getan hast.«
»Wenn ein armer Mann etwas gibt, dann ist das in der Tat ein Opfer. Wenn ein reicher Mann etwas gibt, ist das nicht annähernd so viel wert.«
»Nun ja, ich kenne da so ein paar reiche Leute, die nie etwas geben.«
Altman war gekleidet wie immer: Jeans und ein langärmeliges Hemd. Er schenkte sich eine Tasse Tee ein, biss in ein Biskuit und setzte sich neben Mace.
»Herbert ist ein wahres Genie in der Küche«, bemerkte er. »Ich habe zwei M.A.s und einen Doktortitel, aber ich kann noch nicht einmal ein Ei aufschlagen.«
»Ich weiß, wie das ist. Ich bin in der Küche auch eine Katastrophe. Ich habe schon zwei Croissants und zwei Teller Rührei gegessen, und ich musste mich schwer zurückhalten, um mir nicht noch einen Nachschlag zu holen.«
Altman nippte an seinem Tee, stellte die Tasse ab und sagte: »Psycho?«
Mace wischte sich den Mund ab. »Das war keine große Sache.«
»Es war sogar eine sehr große Sache«, widersprach Altman. »Ich habe es von Carmela gehört, die wiederum mit Non gesprochen hat. Non hat alles von ihrem Fenster aus gesehen. Ihr beide hättet sterben können. Ich fühle mich schrecklich. Schrecklich, Mace. Ich habe die Leute auf der Liste eingehend überprüfen lassen, aber ich hatte keine Ahnung, dass Alisha etwas mit diesem Mann zu tun hat.«
»Das liegt vermutlich daran, dass sich alle vor dem Kerl fürchten. Aber wir sind ja wieder heil rausgekommen, und wir haben auch Alisha und Tyler aus dieser Situation geholt. Beth hat mir dabei geholfen.«
»Ich weiß.«
»Du hast mit ihr gesprochen?«
»Ja. Ich hätte es mir nie verziehen, wenn dir etwas passiert wäre.«
Mace legte ihm die Hand auf den Arm.
Weitere Kostenlose Bücher