Auf Bewährung
fällt viel, weil die Eiterbeulen platzen und sie in dem Siff ausrutscht. Sie müssten mal den Rücksitz unseres Wagens sehen. Das ist wirklich eklig.«
Der Junge wich mit weit aufgerissenen Augen einen Schritt zurück. »Nein, nein, alles okay. Machen Sie ruhig. Ihre Tante muss nicht extra kommen.«
»Hey, danke, Mann.« Roy bot ihm die Hand an, doch der Junge wich einen weiteren Schritt zurück und schnappte sich einen großen Korb mit Post. »Ja, sicher. Gerne doch.«
Und Roy und Mace gingen zu Schließfach Nummer 716.
Kapitel 49
B eth saß vorne in einem Streifenwagen auf dem Weg zu einem Meeting und hatte soeben eine Mail von Lowell Cassell gelesen. Der Pathologe verglich gerade die DNA des Spermas, das man bei Diane Tolliver gefunden hatte, mit einer Probe von einem Becher Kaffee, den man Lou Dockery gegeben hatte. Das war ein alter Polizeitrick. Sie hatten genug in der Hand, um Dockery festzuhalten, bis die Tests abgeschlossen waren. Beth hatte die Kaffeebechertaktik befohlen, weil sie keine Zeit mit dem Kerl verschwenden wollte, besonders nicht, falls er wirklich der Vergewaltiger und Mörder von Diane Tolliver sein sollte.
Beths multitaskingfähiger Verstand wechselte kurz den Gang. Sie überwachte die Funksprüche im Fünften Bezirk, und ihr gefiel nicht, dass kaum ein Streifenwagen auf die Funksprüche aus der Zentrale reagierte. Sie griff nach dem Funkgerät. »Wagen Eins in Five-D. Wagen Eins in Five-D. Chief Ende.«
Binnen Sekunden wurde der Funkverkehr lebhafter, und mindestens fünf Streifenwagen antworteten auf jede Anfrage aus der Zentrale. Beths Fahrer schaute kurz zu ihr.
»Es zahlt sich offenbar aus, wenn man sich von der Straße nach oben gearbeitet hat, Chief«, bemerkte er.
»Glauben Sie?«, erwiderte Beth gedankenverloren. Sie wählte eine Nummer auf ihrem Handy. Nach dem zweiten Klingeln hob der Pathologe ab.
»Wie lange?«, verlangte Beth zu wissen.
»Beth«, antwortete Cassell, »das haben Sie mich doch schon vor zehn Minuten gefragt. Hätten wir die Proben bekommen, bevor wir das neue Labor hatten, dann hätte ich gesagt ein, zwei Wochen, da wir das nach draußen hätten geben müssen.«
»Aber das müssen Sie jetzt ja nicht mehr. Jetzt haben Sie ein hübsches Labor voller noch viel hübscherer Maschinen.«
»Wir sind die Beweismittelkette der Spermaprobe noch mal durchgegangen und konnten bestätigen, dass sie weder manipuliert noch verunreinigt worden ist. Und wir haben auch die Probe von Dockery erhalten.« Er hielt kurz inne, und Beth konnte sein Grinsen förmlich sehen. »Sie haben den Kaffeetrick schon eine ganze Weile nicht mehr angewandt.«
»Mit dem Alter werde ich zunehmend ungeduldig.«
»Es ist allerdings nicht gerade leicht, die DNA aus so einer Spermaprobe zu filtern. Besonders die Köpfe sind hart.«
»Wohl kaum härter als die Köpfe der Kerle, die das Sperma in Frauen schießen, die das nicht wollen.«
Cassell fuhr fort: »Und dann muss die DNA vergrößert und in die entsprechenden Instrumente eingespeist werden, bevor man sie schließlich interpretieren kann. Das alles braucht seine Zeit. Ich will ja keinen Fehler machen und Sie auf eine falsche Fährte führen.«
»Sie werden keinen Fehler machen, Doc. Dafür sind Sie zu gut.«
»Irren ist menschlich. Normalerweise braucht man für das, was ich gerade beschrieben habe, eine ganze Woche.«
»Im Fernsehen dauert das nie länger als zehn Minuten.«
»Fangen Sie bloß nicht damit an.«
»Sagen Sie mir einfach, wie lange es Pi mal Daumen dauern wird«, forderte Beth den Arzt auf.
»Ich habe alle anderen Arbeiten beiseitegelegt, sodass Sie die Ergebnisse morgen, spätestens übermorgen haben werden.«
»Dann also morgen. Danke, Doc.«
Beth legte auf und lehnte sich zurück. Einen Moment später kamen sie an einer Ecke vorbei, die Beth sofort erkannte. Sie war damals erst zwei Wochen allein unterwegs gewesen, als plötzlich ein Kerl mit einer Vollautomatik aus einer Gasse gestürmt war und das Feuer auf die Leute vor einem Schuhgeschäft eröffnet hatte. Bis heute wusste niemand, warum.
Beth hatte sofort gewendet, um ihren Streifenwagen zwischen die Leute und den Schützen zu lenken. Sie hatte ihren Motorblock als Deckung benutzt, ihre Waffe gezogen und dem Kerl zweimal in den Kopf geschossen. Auf den Torso hatte sie gar nicht erst gezielt, denn sie hatte eine kugelsichere Weste unter dem Hemd herausragen sehen. Erst dreißig Sekunden später, nachdem sie rübergelaufen war und sich vom Tod des
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