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Auf das Leben

Titel: Auf das Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Rothschild Oliver Weiss Mirjam Pressler
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Frau mehr vertraut. Stattdessen hatte es in seinem Leben immer wieder eine Katze gegeben.
    Ich selbst bin ein Hundemensch. Ich kenne den Unterschied zwischen den Tieren und weiß, wie Menschen sich auf sie beziehen. Hunde sind abhängig, sie kommen zu dir und sagen: »Hilf mir, ich kann ohne dich nicht leben. Ich kann nicht hinaus, wenn du mir nicht die Tür aufmachst, ich kann nicht wieder hinein, wenn du mein Bellen überhörst. Ich brauche dich, damit du die Dose aufmachst und mir Futter gibst. Ich muss gekratzt werden, hinter dem Ohr, da, nein, da, spiel mit mir, kraul mich, lass mich auf deinem Bett liegen, wedel wedel, leck leck, schnüff schnüff, hüpf hüpf. Danke.« Egal, ob die Hunde groß oder klein sind, in dieser Hinsicht sind sie fast alle gleich. Sie waren früher Wölfe, sie sind in Rudeln herumgezogen, und sie brauchen immer noch einen Leitwolf, den Alphawolf, und das bist du. Diese Rolle ist wunderbar, besonders wenn du im normalen Leben eher ein Omega- als ein Alphatier bist.
    Katzen sind anders. Sie tolerieren dich, wenn du Glück hast. Sie sind die Herren, und du bist ihr Diener. Sie tun dir einen Gefallen, wenn sie dich anschauen oder durch dich hindurch. Sie erweisen dir die Ehre, in deiner Wohnung zu essen. Sie erledigen ihre Geschäfte auf zierliche Art, wenn sie an einen bestimmten Platz gewöhnt sind, aber sie denken nicht im Traum daran, dich wissen zu lassen, dass sie ihre Harnblase und ihren Darm regelmäßig pflegen müssen, das wäre viel zu beschämend - oh nein, Katzen sind auf ihr Aussehen fixiert. Sie verbringen ihre Zeit damit, sich zu reinigen und ihr Äußeres zu pflegen. Du hast nie das Gefühl, dass sie ein Innenleben haben. Nur Launen.
    Wie gesagt, ziehe ich Hunde vor. Schon seit ich mich erinnern kann. Wir haben zu Hause immer einen Hund gehabt, als ich ein Kind war, und die Hunde haben zur Familie gehört. Katzen sind nur geachtete Gäste. Die noch nicht mal ihre Hilfe anbieten. Arnold hatte sich für Katzen entschieden - für eine Katze nach der anderen. Jenny, so stellte sich heraus, war seine vierte gewesen. Sie war dreizehn Jahre alt geworden, was gar nicht so schlecht ist für eine Katze. Besonders angesichts der verschiedenen Krankheiten, die sie in dieser Zeit durchstehen musste: Probleme mit den Nieren, Probleme mit der Leber, Probleme mit einer Hautgeschwulst. Jenny war immer auf liebevolle Pflege angewiesen gewesen, und irgendwie war sie wohl fähig gewesen, genug Liebe zurückzugeben, sodass Arnold weitergemacht hatte. Bis heute. Er hatte sogar seine Arbeit um sie herum organisiert. Er arbeitete in einem Büro in der Stadt, erfuhr ich, aber das war ihm offenbar nicht so wichtig wie seine Katze: Er kam noch nicht mal auf die Idee, mir zu sagen, in welcher Firma er arbeitete. Er schien einer jener Typen zu sein, die morgens auftauchen, ihren Mantel ausziehen, den ganzen Tag an ihrem Schreibtisch sitzen, den Mantel anziehen, um wieder nach Hause gehen und die noch nicht mal bemerken, welcher Name außen auf dem Gebäude steht. Er habe immer genug verdient, um zurechtzukommen, sagte er, und um den Tierarzt zu bezahlen. Und um für seine geliebte Jenny zu sorgen.
    So hatte Jenny allmählich ihre neun Leben verbraucht; sie hatte Arnold in dieser Zeit ein Vermögen an Tierarztrechnungen gekostet, hatte ihm aber etwas Wichtiges zurückgegeben: Sie war jemand gewesen, den er lieben und für den er sorgen konnte. Wir alle brauchen jemanden, und wenn wir so tief verletzt wurden wie er, suchen wir eine Alternative. Für Arnold war ihr Tod eine wirkliche Tragödie.
    Aber für mich war das alles eine peinliche Situation. Nachdem ich ihm erklärt hatte, warum eine jüdische Bestattung nicht angemessen war, und ihm vorgeschlagen hatte, Jenny stattdessen in seinem Vorgarten zu begraben und ein paar Gebete zu sprechen, sagte ich, ich müsse jetzt gehen. Es war tatsächlich spät geworden. Beim Aufstehen schaffte ich es irgendwie, meinen Becher mit dem nicht angerührten und kalt gewordenen Tee umzukippen - die braune Flüssigkeit platschte über den dünnen Teppich und die Zeitungen. Ich entschuldigte mich. Gut, dass das hier keines der Häuser war, wo es eine Katastrophe ist, wenn Tee über einen Teppich gegossen wird. Es war kein dicker, weißer Teppich. (Wer träumt schon von weißen Teppichen? Aber ich habe welche gesehen in Wohnungen, wo man das Gefühl hat, man müsse auch seine Füße ausziehen, nicht nur Schuhe und Socken …) Man könnte sagen, dieser Teppich hier hatte

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