Auf & Davon
Labortechniker zog ein Paar aus der Tasche und überreichte sie Zane ohne weitere Fragen zu stellen. Nachdem er die Handschuhe angezogen hatte, fuhr Zane langsam die Ritzen zwischen den Fußbodenbrettern mit den Fingern nach. Ty schaute ihm wortlos dabei zu. Er konnte sehen, wie sich in Zanes Verstand die Rädchen drehten, war aber zu verärgert über ihn, als dass ihn das groß gekümmert hätte.
Ty wusste nur, dass ihr Täter allmählich frustriert sein musste, weil das FBI so wenige Fortschritte machte, und nun eine Show abzog. Ty schien es fast so, als sei der Täter aufgeregt gewesen. Dieser Tatort ließ eine Art manischer Freude erkennen, etwas, das keiner der anderen Tatorte an sich gehabt hatte. Ty warf einen Blick über die Schulter zurück zu dem Raum, wo die Mordwaffe auf einem Silbertablett lag, flankiert von silbernen Kerzenleuchtern.
Es kam ihm fast so vor wie eine Feier. Wie eine Willkommensparty, komplett mit blutigem Konfetti. Aber das war ja nicht möglich, und Ty runzelte die Stirn, weil er allmählich an seiner eigenen geistigen Gesundheit zu zweifeln begann. Der Killer konnte auf keinen Fall schon wissen, dass sie wieder an dem Fall arbeiteten. Wenn ihre Theorie korrekt war, hatte er nichts zu feiern.
Zane kniete auf dem Boden und zog mit den Fingerspitzen an dem ausgesägten Teil des Holzbodens, aber der saß zu fest. Er griff in seinen Jackenärmel, holte eines von seinen Messern hervor, schob es in den Spalt zwischen den Brettern und drückte vorsichtig.
Das Brett ließ sich leicht hochheben. Er hob es ab, legte es beiseite und griff nach dem nächsten.
„Was machst du da?“, fragte Ty alarmiert als Zane begann, den Tatort zu zerstören.
Zane schaute grimmig in das Loch, während er ein weiteres Bodenbrett hob. „Sieh dir das an“, sagte er und richtete sich auf.
Ty und der Labortechniker beugten sich gemeinsam über das Loch und spähten hinein. Drinnen lag ein einfaches Stück weißes Packpapier. Darauf war mit Blut ein stilisiertes Herz gezeichnet.
„Seltsam“, meinte der Labortechniker ausdruckslos.
Ty wandte den Kopf, um den Mann anzusehen, dann blickte er wieder zu Zane. „Das ist wahrscheinlich unser gefälschter Beweis. Was hattest du zu finden erwartet?“, fragte er neugierig.
Zane zuckte zerstreut die Achseln. „Ich weiß auch nicht. Als ich klein war, hatten wir auch Holzboden. Ich hab‘ oft Sachen darunter versteckt“, erklärte er mit unsicherer Stimme. Er stand auf, streifte die Handschuhe ab und reichte sie dem Techniker. „Danke“, sagte er leise, dann drehte er sich um und ging aus dem Zimmer.
Ty blieb reglos stehen und sah ihm stirnrunzelnd nach. Dann blickte er wieder auf den Zettel, der unter den Fußbodenbrettern zurückgelassen worden war. Er seufzte und schaute wieder auf. Selbst hier, so weit entfernt vom eigentlichen Tatort, gab es noch jede Menge Blut.
„Man muss schon ziemlich durchgeknallt sein, um einem anderen Menschen so etwas anzutun“, sagte der Gerichtsmediziner leise von der Zimmertüre her. Er war auf der Schwelle stehengeblieben, um zuzusehen.
Ty warf dem Gerichtsmediziner einen Blick zu und schüttelte den Kopf. Es machte ihm zu schaffen, dass er selbst sich eher fragte, wie der Täter zu so etwas körperlich imstande gewesen sein konnte, anstatt sich Gedanken über die geistigen oder moralischen Hintergründe zu machen. Er stand auf, ging langsam zur Tür und blieb neben dem Mann stehen.
„Das wirklich gruselige dabei ist“, murmelte er dem Gerichtsmediziner zu und schaute dabei durch das Haus zur Veranda, wo Zane stand, „dass er gar nicht verrückt ist. Glaube ich jedenfalls“, sagte er leise. Er ging vorsichtig aus dem Zimmer undachtete darauf, beim Rausgehen immer auf der Plastikplane zu bleiben.
Zane stand draußen, eine brennende Zigarette zwischen den Lippen. Er regte sich nicht, als Ty auf die Veranda kam. Unter Zanes Augen zeichneten sich deutlich tiefe dunkle Schatten ab, und er sah erschöpft und krank aus. Seine Augen blickten immer noch ins Leere, er wirkte beinahe abwesend, so als seien seine Gedanken ganz von etwas Bestimmtem in Anspruch genommen.
Ty hob die Hand und nahm ihm die Zigarette aus dem Mund, drückte sie am dicken Stoff seiner Jeans aus und steckte den Stummel dann in die Brusttasche seines Hemdes. Er blickte die Seitengasse entlang. Zane musste völlig neben der Spur sein, um an einem verdammten Tatort zu rauchen. Man wusste nie, welche Beweise der Rauch zerstören konnte.
„Wir machen uns
Weitere Kostenlose Bücher