Auf & Davon
rief Ty ihm bockig nach. Er blieb für einen Moment mit hängenden Schultern vor dem Laden stehen und folgte Zane dann gehorsam hinein.
Als Ty durch die Tür kam, stöberte Zane bereits auf einem Tisch mit der Aufschrift „Alte Lieblinge“ herum. Im Hintergrund spielte leiser Jazz, und ein schlanker, weißhaariger Mann saß lesend hinter dem Ladentisch. An einer Seitenwand dampfte eine komplette Kaffee-und Espressobar sanft vor sich hin.
Ty unterdrückte ein Stöhnen. Er hasste solche Läden. Viel lieber trank er schwarzen Kaffee von McDonalds und las auf dem Klo eine Ausgabe von Waffen und Munition . Er mochte Kaffee nicht einmal.
„Wie ich sehe, sind Sie eher ein Mann der Tat als der Überlegung“, sagte der alte Mann wie aus heiterem Himmel. Seine Augen funkelten Ty über den Brillenrand hinweg an.
Ty war etwas erstaunt, überhaupt angesprochen zu werden, aber er erholte sich rasch genug um zu antworten: „An Papier schneide ich mich immer.“
Der Mann lachte leise, legte ein Buchzeichen mit einer Quaste daran in sein Buch und klappte es zu. „Ihr Freund fühlt sich sehr wohl hier.“
„Der fühlt sich überall wohl“, brummte Ty mit einem unfreundlichen Blick zu Zane.
„Vielleicht werden Sie dann für den Rest des Tages besser mit ihm auskommen. Kaffee?“
Ty schüttelte den Kopf und blickte stirnrunzelnd noch einmal zu Zane. „Sie können ihn gern behalten“, grummelte er dem alten Mann zu und schaute auf die Uhr.
Dieser hob seine Teetasse, trank einen Schluck und warf Zane einen gedankenverlorenen Blick zu. „Wie sehr es einen doch verändert, meinen Sie nicht auch?“
Verwirrt sah Ty den alten Mann an und blickte dann wieder zu Zane. Der strahlte regelrecht. Von Jekyll zu Hyde in unter fünf Minuten. Ty beobachtete ihn eine Weile und blinzelte vor Überraschung darüber, wie warm ihm dabei ums Herz wurde. Schließlich sah er den alten Mann wieder an und räusperte sich.
„Ach bitte, setzen Sie sich doch“, bot der alte Mann an.
Ty seufzte und kam vorsichtig näher, um auf einem Stuhl Platz zu nehmen. Ihm wurde klar, dass er es nicht gewohnt war, überhaupt angesprochen zu werden. Meistens schreckten alle vor seiner bedrohlichen, griesgrämigen Miene zurück. Ließ er allmählich nach oder war der alte Kerl einfach nur verrückt??
Der Mann setzte sich wieder hin und wandte sich erneut seinem Buch zu. „Vielleicht ist er gnädig mit Ihnen“, sagte er, schlug das Buch auf und fing wieder an zu lesen, wobei er durch seine Brille blickte, die ihm ganz unten auf der Nase saß.
„Das wage ich zu bezweifeln“, murmelte Ty. Er wandte seine Aufmerksamkeit Zane zu und verschränkte die Arme vor der Brust.
Innerhalb einer Minute fühlte Zane Tys Blick im Nacken. Er warf ihm über seine Schulter hinweg ein Lächeln zu. Dann nickte er und blickte auf die Bücher in seiner Hand. Er suchte sich drei aus, legte zwei wieder zurück und kam dann zum Ladentisch. „Willst dich nicht einmal umschauen, wie?“
Ty hatte so den Verdacht, dass Zane das hier bei Weitem nicht so genießen würde, wenn er wüsste, dass es Ty nichts ausmachte, ihm dabei zuzusehen. Also behielt er seinen leicht schmollenden Gesichtsausdruck bei und schüttelte den Kopf.
Zane warf einen Blick auf den alten Mann, der ganz in sein Buch vertieft war und ihnen anscheinend keine Beachtung schenkte. „Okay, ich bin zufrieden. Sobald ich die hier bezahlt habe, können wir gehen.“ Er hatte nicht einmal zehn Minuten gebraucht.
Ty musterte ihn von Kopf bis Fuß und seufzte dann leise, ließ ein kleines Lächeln aufblitzen. „Wir haben schon noch Zeit“, murmelte er mit leiser Stimme.
Zane tat sein Bestes, um nicht zu grinsen wie ein Idiot. Er liebte Buchläden, und das hier war eine willkommene Ablenkung von seinen Sorgen und Grübeleien. „Danke“, sagte er leise und mit einem unergründlichen Ausdruck in den Augen. Dann drehte er sich um und verschwand zwischen den Bücherstapeln in den Tiefen des Ladens.
Sobald er weg war, wandte Ty die Augen gen Himmel und sank wie besiegt auf seinem Stuhl zusammen. Wenn Zane ihn so ansah, konnte er alles von ihm haben.
Der alte Mann gab keinen Laut von sich und sah auch nicht von seinem Buch auf. Aber er lächelte. „Seien Sie doch still“, murmelte Ty und warf ihm einen Blick zu. Dabei las er zufällig die Goldschrift auf dem Deckel des Buches:
Edgar Allan Poe—Gesammelte Werke
Stirnrunzelnd starrte Ty den ledergebundenen Wälzer an. Tief in seinem Verstand begannen die
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