Auf & Davon
würde.
„Er wird dich töten“, sagte er zu dem Mann, der im Begriff war, ihn zu ermorden. „Er wird dafür sorgen, dass es weh tut.“
„Ich wäre enttäuscht, wenn er es nicht versuchen würde“, antwortete der Mann aufrichtig. „So, jetzt kommen die letzten drei Ziegel, Special Agent Grady. Zeit zum Abschied nehmen, wenn Sie so wollen.“
Ty schwieg, während der Mann mit etwas raschelte. Es hörte sich an, als würde er einen Müllsack zusammenknüllen. Gleich darauf wurde eine Handvoll weiße Plastikfolie durch das letzte Loch in der Ziegelmauer gestopft. Es war ein Schutzanzug aus Plastik, den der Mann offenbar getragen hatte, um seine Kleidung vor Schlamm und Mörtel zu schützen. Die Folie flatterte zu Boden und brachte die Kerze bedrohlich zum Flackern. Sie flammte auf und tauchte den kleinen Raum für einen Moment in helles Licht, das das Wasser, das von den alten Ziegelwänden tropfte, zum Schimmern brachte.
Ty konnte die schweren eingedübelten Klammern sehen, mit denen die dicken Ketten, die ihn fesselten, an der Wand befestigt waren, und die solide Mauer, die keinen halben Meter vor ihm die winzige Nische verschloss. Er wusste sofort, dass ihn hier niemand finden würde. Nicht rechtzeitig. Er hob den Blick zu dem Loch in der Ziegelwand und verschluckte sich fast vor Schreck, als er dort endlich das Gesicht des Mannes sah.
„Glückwunsch“, stieß er mühsam hervor. Das Gesicht blickte auf ihn herab.
„Oh, danke schön, Ty, wie nett von dir. Übrigens, mach‘ dir keine Sorgen um den Jungen. Er muss am Leben bleiben, um die Nachricht von deinem Verschwinden zu verbreiten. Ich fürchte allerdings, dass ich für deinen Partner nicht dasselbe versprechen kann.“
Noch drei Ziegel.
Ty kämpfte gegen seine aufkommende Panik an. Nicht einmal der kurze Blick, den er gerade auf das Gesicht des Mannes erhascht hatte, hielt ihn davon ab, in kalte Furcht zu verfallen. Was nützte es ihm schon, endlich zu wissen, wen sie gejagt hatten, wenn er hier sterben würde?
Zwei Ziegel.
Die Kerze begann zu flackern, als die Mauer beinahe fertig war. Wie ein leichter Windstoß wehte kühle, feuchte Luft durch das verbleibende kleine Loch herein. Dann kam ein dumpfer Schlag, ein feuchtes Ploppen, ein langgezogenes Schaben und ein leises Gleiten in klebrigem Mörtel.
Der letzte Ziegel.
Ty schluckte, als er ganz von der Außenwelt abgeschlossen war. Er blickte hinab auf die Kerze. Die Flamme brannte standhaft weiter, wenn auch schwach. Wenn sie ausging, würde auch sein Leben verlöschen.
„W IR HABEN noch fünf Opfer zu erklären”, sagte Ross zu Zane und kritzelte dabei rasch weiter.
„ Berenice“, antwortete Zane. Seine gesamte rechte Körperhälfte brannte und pochte inzwischen unaufhörlich vor Schmerz. „Die Frau, der sämtliche Zähne herausgerissen wurden. Sie wurde in ein Leichentuch gehüllt und auf einem Friedhof abgelegt. Dann haben wir hier noch Der Tod im Leben, darin geht es um eine Frau, die mit ihrem eigenen Blut bemalt und auf einer Leinwand zur Schau gestellt wird.“
„Herrgott, es ist jetzt so einfach zu sehen“, stöhnte Sears.
„Bald haben wir alle Morde zusammen. Alle bis auf die an den Agenten, die ihm zu nahe gekommen sind.“ Inzwischen zitterte Zane schon, aber er blätterte weiter in dem Buch.
„Jesus, es war alles da, schon die ganze Zeit“, flüsterte Ross.
„Sie haben dem Assistant Director hiervon berichtet, oder?“, fragte Sears plötzlich.
„Damit hatten wir Henninger beauftragt“, seufzte Zane.
„Wir gehen besser ganz sicher“, murmelte Ross, holte sein Handy heraus und fing an Tasten zu drücken. Derweil nahm Sears ihm den Notizblock ab.
Gleich darauf stieß Ross einen Fluch aus und ging mit dem Telefon zum Fenster. Zane schlug das Inhaltsverzeichnis ganz vorne im Buch auf. „Dann wollen wir mal sehen“, murmelte er, während er die Titel der Erzählungen überflog, die er vor Jahren gelesen hatte. „ Der Untergang des Hauses Usher “, sagte er zu Sears, die schnell mitschrieb. „Die Hauptfigur leidet unter extremer Überempfindlichkeit. Das muss das erste Opfer sein, der Mann, der an der Überdosis Meth gestorben ist.“
Sears nickte, ohne von ihren Aufzeichnungen aufzublicken.
Mit seiner gesunden Hand blätterte Zane weiter. „Hier ist noch was. William Wilson“, sagte er. „Ein Mann tötet seinen Doppelgänger. Das erklärt die Zwillinge.“ Er suchte weiter, ging Erzählung für Erzählung durch. „Die hier ist ein Klassiker“,
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