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Auf dem Holzweg durchs Universum: Warum sich die Physik verlaufen hat (German Edition)

Auf dem Holzweg durchs Universum: Warum sich die Physik verlaufen hat (German Edition)

Titel: Auf dem Holzweg durchs Universum: Warum sich die Physik verlaufen hat (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Unzicker
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Hätte er Diracs Artikel gelesen, hätte er mir die Stelle unter die Nase reiben können. Darüber, mein Argument mit Diracs Autorität geschmückt zu sehen, kann ich mich aber nicht recht freuen: Zu sehr wird hier wieder einmal klar, wie sich Überzeugungen in der Physik durch Hörensagen ausbreiten.
    Diracs rätselhafte Beobachtung öffnet eine Tür zu fundamentalen Fragen, um die sich die Physik kümmern müsste. Sie ist zum Rätsel der Masse, aber auch zur Vereinigung von Quantentheorie und Gravitation die einzige quantitative Idee. Skepsis ist verständlich, solange keine ausgearbeitete Theorie dazu existiert. Aber deswegen kann man doch nicht aufhören, sich über die bestehenden Rätsel zu wundern, oder gar leugnen, dass sie existieren. Wie kann es sein, dass die Theoretische Physik fast ausschließlich einer Strömung folgt, die Dirac, Einstein und Schrödinger zu Außenseitern gemacht hat, sich aber auch nach achtzig Jahren erfolgloser Komplizierung nicht besinnen will? Es bräuchte dringend neue Ideen – oder gar alte.

AM ANFANG WAR DER WASSERSTOFF: DAS MYSTERIUM DER ZAHL 137
    Im einfachsten Atom des Universums, dem Wasserstoff, bewegen sich Elektronen nach einer klassischen Rechnung mit einem bestimmten Bruchteil der Lichtgeschwindigkeit – etwa. Offenbar ist diese Zahl nicht ganz unwichtig. Sie tritt auch bei der feinen Aufspaltung der Spektrallinien auf und wird daher Feinstrukturkonstante genannt. Ihre Bedeutung geht jedoch über die Atomphysik hinaus, denn ihr Wertsagt etwas über die Stärke der elektrischen Kraft aus. Und noch allgemeiner betrachtet, ist die Feinstrukturkonstante von naturphilosophischem Interesse, weil hier aus Messwerten eine reine Zahl ohne Einheit entsteht.
    Richard Feynman bezeichnete dies als „eines der verdammt großen Rätsel der Physik“. 257 Denn wir kennen die Experimente, mit denen wir diese Zahl produzieren, aber es gibt keine Theorie, die sie herleiten kann. Nachdenken über die Feinstrukturkonstante gilt heute als fruchtlos oder gar als ‚Zahlenmystik‘. Natürlich gab es dabei manchmal komische Blüten wie den ‚Beweis‘ des Wertes 136 durch Sir Arthur Eddington. Als ihn die Experimente Lügen straften, änderte er seine Argumentation und kam auf 137, worauf ihn Kollegen spöttisch „Mr. Adding-One“ nannten.
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    Dimensionslose Konstanten in den Naturgesetzen, die vom rein logischen Standpunkt aus auch andere Werte haben könnten, dürfte es nicht geben. 258 – Albert Einstein
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    Ganz ähnlich wie in der Gastronomie ist ein einmal verdorbener Ruf aus einem Forschungsgebiet schwer wegzubekommen. So hört man heute einerseits die freiwillige intellektuelle Selbstbeschränkung, man könne diese Zahl eben nicht verstehen, andererseits breitet sich die als ‚anthropisches Prinzip‘ verbrämte Neurose aus, es gebe alle möglichen Universen und just in unserem beobachte man eben diesen Wert. Die erste Ansicht ist eine Abkehr von der Wissenschaft, die zweite nur mehr eine Karikatur von ihr. Denn das Problem liegt nach wie vor auf dem Tisch, und Physiker wie Heisenberg, Chandrasekhar, Gamow und natürlich Dirac haben sich – auch ‚numerologisch‘ – damit befasst.
    Wenn ein numerischer Zusammenhang hinreichend einfach ist, um nicht nur als Zufall zu erscheinen, würde er wertvolle Hinweise geben, in welche Richtung man eine Theorie entwickeln muss. Überzeugende Ideen dazu gibt es sehr wenige, aber eine Vermutung von Dirac verdient vielleicht erwähnt zu werden. Beim Nachdenken über seine großen Zahlen war ihm natürlich die ebenfalls dimensionslose Zahl 137,035999 … aufgefallen. Es gibt eine mathematische Funktion, die riesige Zahlen in kleine verwandelt, sie nennt sich natürlicher Logarithmus. Sie tritt zum Beispiel auf, wenn Sie Zahlenreihen wie 1++++ … usw. aufaddieren, und strebt dabei sehr langsam gegen unendlich. Dirac sann darüber nach, wie 137 mit den großen Zahlen zusammenhängen könnte, und tatsächlich ist der Logarithmus von Diracs Zahl 10 39 etwavon 137. Das allein konnte nur ein sehr diffuser Hinweis sein, und sicher hat er sich lange Zeit ohne Erfolg den Kopf zerbrochen – überliefert ist die Vermutung nur aus einem Brief  259 an George Gamow aus dem Jahr 1961.
LASST MICH IN RUHE DENKEN
    Vielleicht wird dadurch die Schroffheit verständlich, mit der Dirac anderen Ideen begegnete. Einmal erläuterten ihm zwei junge Physiker ihre neue Theorie und warteten gespannt auf eine Reaktion. Dirac schwieg. Vielleicht dachte er ja

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