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Auf dem Holzweg durchs Universum: Warum sich die Physik verlaufen hat (German Edition)

Auf dem Holzweg durchs Universum: Warum sich die Physik verlaufen hat (German Edition)

Titel: Auf dem Holzweg durchs Universum: Warum sich die Physik verlaufen hat (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Unzicker
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natürlich mit seiner Masse zusammen, der ja schon Ernst Mach eine Bedeutung beigemessen hatte. Ist Diracs Vorschlag also nur ein neuer Aufguss des Machschen Prinzips? Nein. Dieses ist zwar in Diracs Hypothese enthalten, geht aber darüber hinaus: Denn den Zusammenhang der Gravitationskonstanten mit der Größe des Universums, M ≈ c 2  , könnte man auch mit viel weniger, aber dafür schwereren Teilchen realisieren. In Diracs Theorie ergäbe dagegen die Masse der Elementarteilchen einen Sinn! Verständlicherweise kann das Standardmodell der Elementarteilchenphysik, das immer schon erklärt hat, dass man Massen prinzipiell nicht erklären kann, sich damit nicht anfreunden. Die Unfähigkeit, irgendeine Aussage über Massen zu treffen, wird auch nicht mehr als Mangel gesehen. Die Devise lautet offenbar: It’s not a bug, it’s a feature.
    Weiter ist interessant, dass Diracs Beobachtung auch einen Bezug zur Quantenmechanik hat. Diese ordnet jedem Teilchen eine Wellenlänge [78] zu, die größte Struktur, bei der man noch sinnvoll von einer Teilchengröße sprechen kann. Und aus Diracs Hypothese folgt genau, dass diese Wellenlänge des Protons mit seiner tatsächlichen Größe übereinstimmt, die Rutherford 1914 gemessen hatte. [79] So erscheinen auch die Abmessungen der Teilchen zum ersten Mal nicht mehr nur willkürlich. Natürlich ist Diracs Idee noch keine komplette Theorie. Aber sie gibt einen klaren Hinweis, auf welchem Weg man die Größen und Massen der Elementarteilchen berechnen könnte. Der Rest der Physik hat das Nachdenken darüber freiwillig aufgegeben.
MASSENBERECHNUNG IN DER SACKGASSE
    In der Physik gibt es schlechte Theorien, die überhaupt keine Vorhersagen machen, es gibt mittelmäßige Theorien, die nur ungefähre Tests erlauben, und es gibt gute Theorien, die zahlenmäßig überprüfbar sind wie die Allgemeine Relativitätstheorie oder die Quantenelektrodynamik. Die echten Revolutionen in der Physik mischten jedoch immer das System der Naturkonstanten auf und vereinfachten es. Mit dem 1900 von Planck entdeckten Wirkungsquantum h begann die Quantentheorie, Maxwell vereinigte 1865 den Elektromagnetismus mit der Lichtgeschwindigkeit c, und Newtons Gravitationstheorie basierte auf der Gravitationskonstanten G. Die Sackgasse, in der die Physik sich momentan befindet, hängt untrennbar mit dem physikalischen Einheitensystem zusammen und mit den Größen, die wir für Naturkonstanten halten. Wirklichen Fortschritt erreicht man nur, wenn eine oder mehrere Naturkonstanten in Zusammenhang gebracht und damit abgeschafft werden, beispielsweise indem man die Masse von Elementarteilchen in Kilogramm berechnet. Dass dafür das Standardmodell unbrauchbar ist, sieht man auf erstaunlich primitive Weise, denn schon die Einheit Kilogramm kann als Kombination von Naturkonstanten gar nicht auftreten: Verwendet man die elektrische Feldkonstanten ε 0 und μ 0 , die Lichtgeschwindigkeit c, die Elementarladung e und das Wirkungsquantum h, entsteht daraus durch keine wie auch immer geartete Rechnung die Einheit einer Masse! [80] Versuchen Sie es selbst. Aber andere fundamentale Naturkonstanten gibt es nicht – bis auf die Gravitationskonstante, welche dann aber den Faktor 10 39 ins Boot holen würde: Womit wir wieder bei Dirac wären. Die Masse der Elementarteilchen muss also mit der Größe des Universums zusammenhängen – oder wir hören auf, darüber nachzudenken.
EINE LÖSUNG DURCH VERÄNDERLICHE MASSSTÄBE?
    Offenbar nicht mit dem Nachdenken aufgehört hatte Robert Dicke. Diracs Ideen waren ihm natürlich bekannt, und in seinem Modell eines Kosmos mit veränderlichen Zeit- und Längenmaßstäben gab es plötzlich eine spannende Möglichkeit. Die Abmessungen eines solchen Universums würden sich nur mit der Quadratwurzel der Zeit ausdehnen, das bedeutet, hundert Jahre nach dem Urknall wäre der Horizont nur zehnmal so groß wie ein Jahr nach dem Urknall. Und entsprechend würde das Volumen des Universums statt mit der dritten Potenz nur mehr mit dem Exponenten 1,5 in der Zeit wachsen – das hieße, im gleichen Zeitraum wäre das Volumen nur tausendfach größer geworden, nicht millionenfach wie bei konstantem c.
    Dicke kam hier der Idee von Dirac erstaunlich nahe, der einen Exponenten von 2 favorisierte – Dickes Universum schien nur etwas zu klein. Allerdings nimmt in diesem auch die Lichtgeschwindigkeit mit der Quadratwurzel ab – in dem genannten Zeitraum zwischen einem und hundert Jahren wäre sie zehnmal

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