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Auf dem Holzweg durchs Universum: Warum sich die Physik verlaufen hat (German Edition)

Auf dem Holzweg durchs Universum: Warum sich die Physik verlaufen hat (German Edition)

Titel: Auf dem Holzweg durchs Universum: Warum sich die Physik verlaufen hat (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Unzicker
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niemand hatte das damals ernst genommen. 111 Inzwischen ist auch ihre Entstehungsgeschichte erwiesen, denn im sogenannten Krebsnebel, [37] den man durch seine schnellen Gaswolken als Explosionsrest identifizierte, befindet sich ein Pulsar – und das Rückrechnen der Geschwindigkeiten zeigt, dass er bei einer von chinesischen Astronomen dokumentierten Supernova 1054 n. Chr. explodiert sein muss. Die sensationellen Entdeckungen rund um die Pulsare brachten nun eine gewisse Erwartungshaltung mit sich, dass man bald auch Schwarze Löcher beobachten könne.
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    Alle Wahrheit verläuft in drei Stadien. Im ersten wird sie verlacht. Im zweiten wird sie vehement bekämpft. Im dritten wird sie als selbstverständlich anerkannt. – Arthur Schopenhauer
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    Chandras Rechnungen ließen sich so verallgemeinern, dass bei noch schwereren Sternen irgendwann sogar den Neutronen die Puste ausgeht und auch sie zusammenstürzen – nach der Theorie müsste dann ein Schwarzes Loch entstehen. Tolman, Oppenheimer und Volkoff berechneten dafür eine Grenzmasse, und Chandra zeigte sich in seinem Buch Die mathematische Theorie der Schwarzen Löcher ebenfalls überzeugt, dass Neutronensterne zu Schwarzen Löchern kollabieren müssen. Bei aller Ungerechtigkeit, die Chandra widerfahren ist, muss man doch im Auge behalten, dass diese weitergehende Annahme bis heute nicht klar beobachtet wurde. Fakt ist aber, dass ab Ende der 1960er Jahre immer intensiver nach Möglichkeiten gesucht wurde, Schwarze Löcher nachzuweisen.
IDENTIFIZIERUNG IM DUNKELN
    Nur: Wie sieht man etwas, von dem aus prinzipiellen Gründen kein Licht entweichen kann? Naheliegenderweise untersuchte man die nächsten Verwandten der Schwarzen Löcher, die Pulsare. Bald fiel auf, dass sie auch erhebliche Mengen an Röntgenstrahlen freisetzen. Erstes Beispiel war die Quelle Cygnus X-1 im Sternbild Schwan, die man mit mehreren Röntgenteleskopen beobachtete – eines davon hieß Chandra . Man geht davon aus, dass in der Nähe eines Pulsars Materie in eine sogenannte Akkretionsscheibe gerät und schließlich auf dessen Oberfläche stürzt, was zu einem Ausbruch von Röntgenstrahlung führt – Hilfeschreie von Atomen, die in einer von der Gravitation aufgeheizten Umgebung ihre Elektronenhülle verlieren. Genau hinter diesen Zonen verzweifelter Röntgenemission vermutet man Schwarze Löcher, welche sich die Materie der Akkretionsscheibe nach und nach einverleiben: Man blickt in den Schlund, aber der Rachen lässt schon kein Licht mehr entweichen. Auf diese Weise versucht man, herkömmliche Neutronensterne von Schwarzen Löchern zu unterscheiden: Bei Ersteren prasselt die Materie auf die Oberfläche und verursacht ein kleines Signal, gleichsam Brösel der Sternmahlzeit, das Schwarze Loch verschlingt auch diese.
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    Die Botschaft hör ich wohl, allein mir fehlt der Glaube. – Johann Wolfgang von Goethe
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    So weit, so gut. In der Praxis gestaltet sich diese Abgrenzung jedoch viel schwieriger. Wie kann man die Strahlung durch Aufprall sauber trennen von den zahlreichen Vorgängen innerhalb der Akkretionsscheibe? Im zeitlichen Verlauf dieser Röntgenstrahlung beobachtet man eine Vielzahl von interessanten, aber auch verwirrenden Effekten. Zum Beispiel gönnen sich Pulsare manchmal eine Auszeit und schalten sich vorübergehend ab, die Strahlung ist dann eine Million Mal schwächer. Anderen Pulsaren kann man dabei zusehen, wie sie dieses Abschalten zuerst mit regelmäßigen Verdunklungen ausprobieren. Jeder Pulsar hat praktisch seine eigene Handschrift, und eine sinnvolle Einteilung in Gruppen ist im Grunde unmöglich. Ein eindeutiges Unterscheidungsmerkmal zwischen Neutronensternen und Schwarzen Löchern gibt es – trotz manch gegenteiliger Beteuerung – noch immer nicht. 112
    So basiert das Konzept der Schwarzen Löcher auch auf der Überzeugung, unsere Gravitationstheorien seien richtig. Sogar Wikipedia sagt interessanterweise, der ‚Beweis‘ für die Schwarzen Löcher beruhe nicht vollständig auf Beobachtung, sondern auch auf der Theorie. Ohne diese kleine logische Rolle rückwärts müsste man sagen: Einen wirklichen Nachweis gibt es nicht. Theoretische Wunschvorstellung und tatsächliche Beobachtung sind dabei derart getrennte Welten, dass in einem bekannten Lehrbuch zwei aufeinanderfolgende Kapitel mit „Schwarze Löcher“ und „Astrophysikalische Schwarze Löcher“ betitelt sind – der Autor ist sich der Komik dieser Aufteilung vermutlich gar nicht bewusst. Die

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