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Auf dem Holzweg durchs Universum: Warum sich die Physik verlaufen hat (German Edition)

Auf dem Holzweg durchs Universum: Warum sich die Physik verlaufen hat (German Edition)

Titel: Auf dem Holzweg durchs Universum: Warum sich die Physik verlaufen hat (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Unzicker
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Erde zu entfliehen. Zahlreiche Forscher, zuerst der englische Naturphilosoph John Michell im Jahre 1784, haben bemerkt, dass bei einem besonders schweren oder komprimierten Himmelskörper diese Fluchtgeschwindigkeit über der des Lichtes liegen könnte und dieses dort gefangen wäre.
    Solche Schwarzen Löcher, aus denen kein Licht mehr entweichen kann, ermöglicht also schon die Newtonschen Theorie. Warum sprach man dann erst dreihundert Jahre später von ihnen? Der Grund liegt darin, dass Schwarze Löcher mit der Masse von Sternen vergleichsweise winzig sein würden – die Sonne hätte beispielsweise einen Radius von nur drei Kilometern! Dieser nach Karl Schwarzschild benannte Radius taucht in einer von ihm 1916 gefundenen Lösung der Feldgleichungen der Allgemeinen Relativitätstheorie auf. Dennoch glaubten weder Schwarzschild noch Einstein daran, dass ein so kompaktes Objekt existieren konnte – sie waren überzeugt, es handle sich um eine rein mathematische Kuriosität, eine Extrapolation von Naturgesetzen in einen sinnlosen Bereich: Die Zeit verginge dort unendlich langsam, eine Masse m könnte der Gravitation auch dann nicht mehr entkommen, wenn sie sich nach Einsteins Formel E = mc 2 komplett in Lichtenergie umwandelt, nichts geht mehr.
    Insofern ist es wirklich kurios, dass Schwarze Löcher heute als ‚Vorhersage‘ der Allgemeinen Relativitätstheorie bezeichnet werden. Wesentlichen Anteil daran hatte Chandra, der sich zeitlebens intensiv mit ihr befasste. Bald nach der misslichen Erfahrung bei der Royal Society war er nach Amerika ausgewandert, jedoch galt dort Einsteins Theorie noch als etwas Exotisches, das man kaum zur Kenntnis nahm. Der Fokus auf die Experimentalphysik mit ihren neuen Beschleunigern machte sie zu einem Gebiet, auf dem nicht viel Fortschritt zu erwarten war. Das änderte sich, als in den 1950er und 1960er Jahren viele Arbeiten über die Allgemeine Relativitätstheorie erschienen und man zunehmend über experimentelle Tests nachdachte. Eine bis dahin unbekannte Konsequenz der Theorie, die Zeitverzögerung eines Signals beim Vorbeiflug an der Sonne, wurde 1964 entdeckt und anhand eines an der Venus reflektierten Radarechos nachgewiesen! Im Sog dieser neuen Messungen interessierte man sich auch verstärkt für Schwarze Löcher, eine Bezeichnung, die erst 1967 von John Wheeler geprägt wurde, der eine ganze Physikergeneration für die experimentelle Gravitationsforschung begeisterte.
ATOMKERN MIT SONNENMASSE
    Und schließlich wurden 1967 die Pulsare entdeckt: Ihre Dichte von Milliarden Tonnen pro Kubikzentimeter macht sie zu geradezu beängstigenden Objekten, die aus einem Sternkollaps entstehen – Chandra hatte recht behalten. Jahrzehnte vorher, 1925, hatte er Werner Heisenberg getroffen und von ihm aus erster Hand über die damals neu entwickelte Quantenmechanik erfahren. Chandras Erkenntnis, dass Weiße Zwerge oberhalb einer bestimmten Größe – etwa 1,4 Sonnenmassen – nicht mehr stabil sein konnten, war wie viele große Entdeckungen ein Brückenschlag zwischen Theorien: Weil Teilchen in der Quantenmechanik Wellennatur haben, brauchen sie mindestens den Platz einer Wellenlänge, die für leichte Elektronen relativ groß ist. Der Gegendruck, den sie dadurch aufbauen können, stemmt sich aber vergeblich gegen die Gravitation, sodass die Elektronen zusammen mit Protonen zu Neutronen zerquetscht werden, die weniger Platz benötigen: Das Sterninnere zieht sich dabei zu einem gigantischen Atomkern von etwa zwanzig Kilometer Durchmesser zusammen, der nur aus den ungeladenen Neutronen besteht. Dieser so entstandene Neutronenstern wirkt dabei als Trampolin, von dem die restliche zusammenstürzende Materie in einem apokalyptischen Widerhall reflektiert wird – eine Supernova-Explosion. [36] Fast routinemäßig zeichnen wir diese Ereignisse heute für kosmologische Entfernungsmessungen auf – davon später mehr.
    Zunächst verrieten sich Pulsare aber durch ihre schnelle Rotation. Denn wie ein Eiskunstläufer, der seine Arme anzieht, beschleunigt das kollabierende Sterninnere seine anfangs gemächliche Drehung zu schwindelerregender Schnelligkeit. Die unglaubliche Rotationsrate von Hunderten Umdrehungen pro Sekunde führt dann unter anderem zu einer pulsierenden Abstrahlung von Radiowellen, deren frappierende Regelmäßigkeit zu ihrer Entdeckung führte. Zwei weitblickende Astronomen, Fritz Zwicky und Walter Baade, hatten übrigens schon im Jahr 1933 Neutronensterne vorhergesagt, aber

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