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Auf dem langen Heimweg: Roman (German Edition)

Auf dem langen Heimweg: Roman (German Edition)

Titel: Auf dem langen Heimweg: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen McQuestion
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selbst. Wir sind aus eigener Kraft hierher gekommen und schaffen den Rückweg auf die gleiche Weise.«
    Die Gruppe nickte zustimmend und keiner wies darauf hin, dass sie es ja eigentlich doch nicht allein geschafft hatten, schließlich hatte der Wagen eine Panne gehabt und sie mussten geborgen werden. Keiner erwähnte, dass die Frauen tief in der Patsche gesteckt hätten, wären die Motorradfahrer nicht zu ihrer Rettung gekommen.
    »Wir müssten den Leihwagen zurückbringen«, sagte Glenn, »aber das ist ja nur eine Kleinigkeit.« Er stupste Rita an. »Was meinst du? Ich wär dabei.«
    »Macht es dir wirklich nichts aus, wenn ich schon aufbreche?«, fragte Rita Jazzy mit plötzlichem schlechtem Gewissen. Sie wusste, ihr selbst würde es gar nicht gefallen, wenn eine der anderen Frauen ihre Absichten plötzlich ändern und sie einfach sitzen lassen würde. Und auch das Timing war jetzt, da Marnie den Jungen mitbrachte, nicht gerade günstig. Doch nun da Glenn hier war, war der Gedanke, einfach in den Wagen zu steigen und heimzufahren, sehr verlockend.
    »
Natürlich
macht es mir nichts aus«, sagte Jazzy. »Ich habe einmal einen Blick in Marnies Brieftasche geworfen. Sie hat vier Kreditkarten darin stecken. Wir können ohne Weiteres einen Wagen mieten. Es nutzt überhaupt nichts, wenn du noch länger hier bleibst.« Sie machte eine Geste, als würde sie sie verscheuchen. »Zisch ab, Lady. Häng ja nicht länger hier rum.«

46
    Marnie war noch immer von den Medikamenten benommen und so erhob sie keine Einwände, als Laverne sagte, sie werde bei der Rückfahrt als erste das Steuer übernehmen. Bevor sie losfuhren, kramte Laverne in ihrem Plastikbeutel und fand ein verschreibungsfreies Medikament gegen Troys Fieber und weitere Schmerzmittel für Marnie. Dann warf sie sich selbst auch etwas in den Mund. Das nannte sie ›Stärkungsmittel‹.
    Marnie, die Lavernes Apotheke früher missbilligt hatte, empfand jetzt eher so etwas wie Dankbarkeit. Wieso sollte sie sich eigentlich ein Urteil herausnehmen? Vielleicht waren die Ärzte in den Vereinigten Staaten ohnehin zu streng, wenn es um Medikamente ging. Ihre neue Philosophie lautete, erlaubt war, was half. Zumindest fürs Erste.
    Troy hatte sich auf der linken Seite des Rücksitzes zusammengerollt und den Kopf auf ein Kissen gelegt, das das Ferienlager ihm mitgegeben hatte. Marnie saß auf der anderen Seite – nur eine Armlänge von ihm entfernt, nah genug, um nach ihm zu sehen. Es war Lavernes Idee gewesen, dass beide auf der Rückbank sitzen sollten. So waren sie vor der Sonne geschützt. Das Navi informierte sie, dass es bis zu Mike und Beth zwölf Stunden Fahrt waren. Der Gedanke, noch einmalzwölf Stunden im Auto zu sitzen, war beinahe unerträglich für Marnie. Aber sie mussten weiterfahren. In ihrem Kopf war die Interstate die gelbe Ziegelsteinstraße und Wisconsin die Smaragdstadt des Zauberers von Oz.
    Für jemanden, der vor diesem Morgen lange Zeit keine Fahrpraxis mehr gehabt hatte, fuhr Laverne zügig. Marnie entspannte sich, als sie sich auf den Freeway eingefädelt hatten. Das Brummen eines Wagens, der mit Höchstgeschwindigkeit dahinschoss, hatte etwas Beruhigendes.
    »Marnie?«, sagte Troy, die Stimme durch das Kissen leicht gedämpft.
    »Ja, Troy?«
    »Mein Dad fehlt mir.«
    So etwas hatte sie nicht erwartet. Er vermisste Brian? Brian, der jeden auf Abstand hielt? Brian, den Workaholic? Sie holte tief Luft, bevor sie antwortete. »Was fehlt dir denn am meisten an ihm, Schatz?«
    »Eigentlich alles.« Troy klang, als würde er Tränen unterdrücken, was sie selbst fast zum Weinen brachte. »Er wusste immer Rat, wenn ich ein Problem hatte. Er ist nie wütend geworden wie manche anderen Väter. Er hat immer gesagt: ›Gib einfach dein Bestes‹. Und wenn ich gute Noten heimgebracht habe, hat er gesagt: ›So wird’s gemacht.‹«
    Das stimmte, dachte sie.
    »Und weißt du noch, wie sehr er dein Essen geliebt hat? Er hat sich immer drei Mal von deinem Schmorgemüse genommen. Er hat gesagt, du machst das beste Schmorgemüse der Welt.«
    »Ja, er hat mein Schmorgemüse wirklich gemocht.«
    »Wir waren so glücklich«, sagte Troy kläglich. »Bei uns zu Hause hat nie jemand rumgeschrien oder gestritten. Du undDad, ihr habt euch immer verstanden. Ich konnte tun, was ich wollte.«
    »Hat es denn bei deiner Mom zu Hause viel Geschrei gegeben?«, fragte Marnie.
    »Bei meiner Mom zu Hause hat es gar nichts gegeben«, antwortete er mit jedem Wort aufgebrachter.

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