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Auf dem langen Heimweg: Roman (German Edition)

Auf dem langen Heimweg: Roman (German Edition)

Titel: Auf dem langen Heimweg: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen McQuestion
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und tupfte sich mit einer Serviette die Augen trocken. »Ich vermisse meinen Stiefsohn wirklich sehr. Es fühlt sich an, als hätte mir jemand das Herz herausgerissen.«
    »Wo ist er jetzt?«, fragte Jazzy.
    Marnie schluckte. »Bei seiner Mutter in Las Vegas.« Sie würde die Fassung verlieren, wenn sie weiter über Troy redeten, und sie wollte nicht vor jemand anderem losheulen. »Möchten Sie einen Kaffee?«, fragte sie strahlend. »Ich koche gerne eine Kanne.«
    Bei Kaffee und Nachtisch nahm das Gespräch eine fröhlichere Wendung. Jazzy las gerne, etwas, was sie mit Marnie gemeinsam hatte. Sie unterhielten sich über Bücher, was zu einem Gespräch über Filme führte. »Nächstes Mal, wenn ich ins Kino gehe, rufe ich Sie an«, sagte Jazzy. Marnie nickte erfreut. Jazzy wollte wahrscheinlich einfach nur nett sein, aber wer weiß? Vielleicht war dies der Beginn einer Freundschaft. Um acht erklärte Jazzy, sie müsse am nächsten Tag früh zur Arbeit und werde jetzt aufbrechen.
    »Dann sehen wir uns also in der Trauergruppe wieder?«, fragte Marnie.
    »Oh, na klar«, antwortete Jazzy. »Bis dann also.«
    Sie verabschiedeten sich. Jazzy umarmte Marnie so begeistert, dass diese ganz verdattert war. Als Marnie die Tür öffnete, um sie hinauszulassen, kam eine graue Tigerkatze hereingestrichen und rieb sich an Jazzys Fußknöchel. »Na so was, hallo, du Süßer.« Jazzy bückte sich und streichelte die Katze. Sie sah Marnie an. »Ich wusste gar nicht, dass Sie eine Katze haben.«
    Marnie war vor Überraschung der Mund offen stehen geblieben. Sie fasste sich und sagte: »Das ist nicht meine. Ich kenne sie gar nicht. Sie muss der Dame unten gehören. Ich höre sie manchmal.«
    Jazzy nahm die Katze wie ein Baby auf den Arm. »Was bist du aber auch für ein Süßer. Ja, wirklich.« Sie rieb seinen Kopf und blickte dann zu Marnie. »Ich bringe ihn auf dem Wegnach draußen unten vorbei.« Sie trat ins Treppenhaus und ging zur Treppe.
    Marnie bekam vor Schreck einen roten Kopf und sagte eilig: »Mrs. Benner wird nicht gerne belästigt. Am besten, Sie lassen die Katze einfach im Treppenhaus. Sie wird bestimmt nach Hause finden.« Aber Jazzy war schon am Fuß der Treppe angelangt.
    »Es ist wirklich keine Mühe«, rief sie. »Ich gehe ja sowieso da vorbei.« Das Geräusch ihrer Sohlen auf den Holzdielen klang plötzlich wie Donnerhall. Marnie überlegte, ob sie ihr nachgehen und die Sache in die Hand nehmen sollte, aber es war schon zu spät. Sie hörte, wie Jazzy an Mrs. Benners Tür klopfte.

8
    Als Laverne es klopfen hörte, erstarrte sie vor Angst. Das war derzeit ihre Reaktion auf alles und jedes und sie wurde es allmählich über. Sie hatte es satt, eine Einsiedlerin zu sein und immer zu Hause zu hocken, aber sie wusste nicht recht, wie sie die Herrschaft der Einsamkeit abschütteln sollte. Kontakt mit anderen Menschen kam ihr wie eine Tortur vor. In letzter Zeit hatte sie es geschafft, kleinere Gänge zu erledigen – ins Postamt, in die Bibliothek und zum Supermarkt. Zum Glück befand sich all dies in fußläufiger Entfernung, denn sie hatte es versäumt, ihren Führerschein verlängern zu lassen.
    Sie spürte, dass sie diesen Unsinn allmählich überwand, dieses Gefühl, dass die Welt zu groß und angsterregend war, um allein in ihr zurechtzukommen. Aber so einfach war es nicht. Nichts war jemals einfach. Es gab Zeiten, wie jetzt, zu denen sie sich nicht einmal zwingen konnte, den Fuß über die Schwelle zu setzen. Die Katze war ins Treppenhaus gelaufen und sie konnte sich nicht dazu bringen, ihr die Treppe hinauf nachzugehen. Sie wusste, dass das lächerlich war. Die ganze Sache ging ihr auf die Nerven. Was sie wirklich brauchte, war ein Tritt in den Hintern.
    Wieder klopfte es an der Tür. Diese Person würde nicht einfach weggehen. »Ja«, sagte sie mit zitternder Stimme.
    »Hallo!«, rief eine weibliche Stimme. »Ich bringe Ihre Katze zurück.«
    Laverne fummelte mit dem Riegel herum und hängte die Sicherheitskette aus. »Moment noch«, sagte sie heiser. Es war die junge Frau, die vorhin gekommen war. Aus der Nähe war sie sogar noch hübscher, mit freundlichen blauen Augen und einem bereitwilligen Lächeln. Laverne hatte vor, die Katze einfach entgegenzunehmen und die Tür wieder zuzuschlagen, doch als das Mädchen mit Oscars Pfote winkte und mit einer sehr ulkigen Stimme sagte: »Hi Mom, ich habe mich verlaufen, aber diese nette Dame hat mir geholfen«, da schmolz ihr innerer Panzer ein bisschen. Laverne

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