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Auf dem langen Heimweg: Roman (German Edition)

Auf dem langen Heimweg: Roman (German Edition)

Titel: Auf dem langen Heimweg: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen McQuestion
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einen Monat nach ihrem Tod hat er seine Sachen gepackt und ist Gott weiß wohin gezogen.«
    »Es tut mir leid«, wiederholte Jazzy. Manchmal waren Worte so unzureichend.
    »Danke. Das weiß ich zu schätzen.«
    Der Raum füllte sich allmählich. Marnie war unter den letzten und unterhielt sich beim Hereinkommen mit einer Frau. Sie winkte Jazzy zu, setzte sich, nahm ihre Handtasche von der Schulter und stellte sie auf den Boden. Das Stimmengewirr im Raum wurde fragend, denn alle wunderten sich, wo Debbie blieb. Und was hatte es mit der Musik auf sich?
    Jazzy stand auf. »Hallo allerseits. Ich heiße Jazzy. Man hat mir gesagt, dass Debbie wegen eines Notfalls in ihrer Familie nicht kommen kann. Es wurde vorgeschlagen, dass wir die Zeit nutzen könnten, uns miteinander zu unterhalten, da wir ohnehin schon die Mühe auf uns genommen haben, hierher zukommen.« Jazzy selbst war diejenige, die das vorschlug, also war es eigentlich keine Lüge. »Wenn alle einverstanden sind, würde ich das Gespräch gerne moderieren.«
    »Debbie kommt nicht?«, fragte eine der Frauen verärgert. »Warum hat die Volkshochschule uns dann nicht angerufen, um uns Bescheid zu geben?«
    »Sie sollten uns die ausgefallene Stunde erstatten«, meinte eine andere stirnrunzelnd.
    Marnie meldete sich. »Ich für meinen Teil freue mich, einmal Urlaub von Debbie zu haben. Ich stimme dafür, dass wir Jazzy die Diskussion leiten lassen.«
    »Ich schließe mich dem an«, sagte Rita und hob den Arm.
    »Debbie war ein bisschen herrisch«, meinte die Frau, die noch gerade eben eine teilweise Rückerstattung gewünscht hatte. Die Frauen blickten einander an und erklärten eine nach der anderen, dass sie Jazzy gerne die Verantwortung überlassen würden. Die war nicht überrascht, denn eine unsichtbare Stimme hatte ihr vorhergesagt, dass es so kommen würde.
    Innerhalb der ersten halben Stunde hatte jede Frau im Raum geweint oder gelacht und manche auch beides. Jazzy hielt sich an das Thema, das sie an die Tafel geschrieben hatte: Tun Sie das, wonach Sie sich sehnen, und erfüllen Sie Ihre Bestimmung. Eine nach der anderen gestanden die Frauen ihren geheimsten Wunsch, ein lang vergessenes Ziel oder ihren Kindheitstraum. Wie ausgefallen die Idee auch immer sein mochte, die Frauen ermutigten einander und überlegten gemeinsam Möglichkeiten, den Traum in die Wirklichkeit umzusetzen.
    Leticia, die Frau, die letzte Woche von einem gelegentlichen Vanilla Latte als Stimmungsaufheller erzählt hatte, räumte ein,dass sie sich in ihrer Kindheit als Broadway-Schauspielerin gesehen hatte. Eine andere Frau erzählte daraufhin, sie mache bei einer Theatergruppe mit und demnächst gebe es wieder Gelegenheit zum Vorsprechen. Leticia nahm Papier und Stift aus ihrer Handtasche und notierte sich die Information. Sie gluckste. »Der Broadway ist es ja nicht gerade, aber immerhin ein Anfang.«
    Eine weitere Frau aus der Gruppe hatte gerade von ihrem Traum erzählt, Köchin zu werden, als die Teilnehmerin neben ihr (die, wie sich herausstellte, das Kochen hasste), sagte: »Sie sind engagiert!« Diejenige, die das Kochen verabscheute, musste in drei Wochen eine Dinnerparty für zwanzig Gäste geben und fürchtete sich schon davor. Die andere Frau bot ihr an, für alles zu sorgen, und sie tauschten sofort ihre Kontaktdaten aus. Jazzy liebte es, wenn das Schicksal sich auf diese Weise fügte.
    Schließlich war Marnie an der Reihe. Sie zuckte verlegen mit den Schultern und meinte, sie habe nichts zu sagen.
    »Keine unverwirklichten Träume?«, fragte Jazzy.
    »Nein, eigentlich nicht. Ich meine, ich wollte immer schon Lehrerin werden, und das bin ich auch geworden. Ich koche gerne, arbeite gerne im Garten und lese gerne und das alles mache ich auch andauernd. Verglichen mit einer Menge anderer Leute geht es mir ziemlich gut.«
    Jazzy blickte sich im Kreis um und sah, dass die anderen Frauen auch nicht überzeugt waren. Leticia beugte sich auf ihrem Stuhl vor. »Ist das Leben, das Sie führen, dann also so, wie Sie es sich als Kind vorgestellt haben?«
    Marnie wand sich. »Das nicht gerade, aber ich war auch ziemlich unrealistisch als Kind.« Sie lächelte bei der Erinnerung. »Ich wollte eine Prinzessin sein und jeden Tag Diamanten tragen. Ich wollte ein Vollblutpferd besitzen, das kommt, wenn ich es rufe. Es sollte Lancelot heißen. Wenn ich mal groß war, wollte ich fünf Kinder haben: drei Mädchen und zwei Jungen.«
    »Und, ist es so gekommen?«, fragte Leticia. »Haben Sie fünf

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