Auf dem langen Heimweg: Roman (German Edition)
passiert ist. Eine der Frauen, mit denen ich reise, diese junge Frau namens Jazzy – ich habe dir ja von ihrerzählt? Jedenfalls, wie sich herausstellt, ist sie ein Medium.« Sie hielt inne, damit er diese Information verdauen konnte. »Und es ist etwas ganz Unglaubliches passiert. Ich habe den ganzen Tag darüber nachgedacht und ich glaube, nein, ich
weiß
, dass ich das Zeichen erhalten habe, für das ich gebetet habe.«
Obwohl er schwieg, hörte sie sein Zögern. Sie wusste, dass Glenn sie unterstützen würde, selbst wenn er seine Zweifel hatte. Er war von seinem Naturell her nicht so aufgeschlossen wie sie. Aber er wollte, dass sie glücklich war, und er teilte ihre Hoffnung, die Wahrheit über den Tod ihrer Tochter herauszufinden. Sie würde nie einen Sinn darin sehen; es war eine sinnlose Tat. Das Beste, was sie sich erhoffen konnte, war die Aufklärung des Verbrechens und etwas Frieden für ihre verwundete Seele. Glenn wollte dasselbe, aber er glaubte nicht an Zeichen oder die Erhörung von Gebeten. Er war ein praktisch denkender Mensch. Die Dinge geschahen einfach. Sie konnte diese Art zu denken nicht annehmen und so einigten sie sich darauf, dass sie sich nicht einig waren. Aber diese Sache wollte sie mit ihm teilen. Es war ihr wichtig, dass er ihren Blickwinkel verstand, selbst wenn er anderer Meinung war. Er musste die Dringlichkeit in ihrer Stimme gehört haben, denn er versuchte nicht, ihr ihre Überzeugung auszureden, sondern sagte einfach nur: »Erzähl mir davon.«
Als sie mit der Geschichte fertig war, gab Glenn ihr recht, dass sie merkwürdig und vielleicht sogar bedeutsam war, aber er war nicht bereit, sie als Zeichen oder Wunder zu deuten. »Macht ihr dann also in diesem Ort in Colorado halt, diesem Preston Place, oder wie er hieß?«
»Das würde ich gerne«, antwortete Rita. »Aber das Problemist, dass ich nicht weiß, wo das liegt.« Sie und Jazzy hatten den Namen ins Navi eingegeben und im Atlas nachgeschlagen. Vergebens. Im Bundesstaat Colorado gab es schlicht und ergreifend keine Stadt, kein Städtchen und kein Dorf namens Preston Place oder so ähnlich. Jazzy versuchte, den Ort mit ihrem Smartphone zu finden, aber diese Suche blieb ebenfalls erfolglos.
Während sie darüber gesprochen hatten, war irgendwann Laverne munter geworden und hatte gefragt: »Was sucht ihr denn?« Rita hatte Jazzy einen Blick zugeworfen, mit dem sie sie bat, nichts zu verraten. Nichts gegen Laverne, aber Rita war von dem Gefühl erfüllt, dass das Zeichen nur für sie bestimmt gewesen war, und sie wollte mit niemandem darüber sprechen. Die Tatsache, dass sie im Dunkeln tappten und vielleicht keinen Erfolg haben würden, machte das Ganze zudem zu entmutigend, um sich darüber auszulassen. Daher erfand sie für Laverne die Geschichte, sie suche einen Ort, den sie als Kind zusammen mit ihren Eltern besucht habe.
Während Rita all das durch den Kopf ging, schwieg sie am Telefon so lange, dass Glenn fragte: »Rita, bist du noch da?«
»Ja, tut mir leid. Ich bin einfach nur müde.«
»Möchtest du, dass ich einmal online nach diesem Preston Place suche? Vielleicht ist es ein historisches Denkmal oder ein Park oder so. Jedenfalls kann ich mal nachschauen.« Nach diesem Vorschlag fühlte sie sich besser. Wenn Glenn sich etwas vornahm, war er extrem effektiv. Wenn irgendjemand Preston Place finden konnte, dann er.
»Oh, Glenn, würdest du das tun? Das wäre wunderbar.«
Als sie das Gespräch beendeten, sagte sie: »Ich liebe dich.« Er erwiderte dasselbe und dann blieb ihnen nur noch, sich zuverabschieden. Nachdem sie aufgelegt und sich wieder ins Bett geschlichen hatte, sah sie alles in einem rosigeren Licht.
21
Am nächsten Morgen tauschte die Gruppe sich während des Frühstücks im Hotel über die vergangene Nacht aus. »Ich habe besser geschlafen als seit Jahren«, meinte Rita und salzte ihr Ei. Die Kellnerin ging um den Tisch herum und füllte die Kaffeetassen der drei Älteren nach, nur Jazzy hatte sich für Orangensaft entschieden. »Wie ein Stein.«
»Das kommt vom Fahren«, bemerkte Laverne. »Ständig aufmerksam sein zu müssen ist anstrengend. Heute sollte einmal eins von euch anderen Mädels sie am Steuer ablösen.«
»Mir macht das nichts aus«, erklärte Rita. »Wirklich nicht, ich fahre lieber selbst.«
Sie aßen ein paar Minuten schweigend, waren sich aber der Unterhaltungen an den anderen Tischen im Speisesaal bewusst, an denen lauter verheiratete Paare mittleren Alters saßen. Marnie
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