Auf dem langen Heimweg: Roman (German Edition)
damit man sie hinten auf den ›billigen Plätzen‹ nicht hörte. »Hat dein Mann eigentlich Preston Place gefunden?«
Für den Bruchteil einer Sekunde war Rita bestürzt. Sie konnte sich nicht erinnern, Jazzy von ihrem Gespräch mit Glenn erzählt zu haben. Hatte sie es erwähnt und dann vergessen oder
wusste
Jazzy es einfach? Dieses Mädchen war wirklich verblüffend. »Nein«, antwortete sie, die Augen weiter auf die Straße geheftet. »Er hat sein Bestes getan, war aber erfolglos.«
»Selbst wenn wir es auf dem Hinweg verpassen, gibt es immer noch den Rückweg«, meinte Jazzy.
»Oder vielleicht bekommst du auch eine andere Botschaft, die die Dinge klarer macht?«
»Damit würde ich nicht rechnen.«
Sie fuhren weiter, im Inneren ihres Wagens isoliert vom Rest der Welt. Sie waren schon eine ganze Weile keinem Fahrzeug mehr begegnet und allmählich kamen sie sich wie in einer Episode von ›Twilight Zone‹ vor. Die letzten Überlebenden der Erde, die eine Fahrt ins Nirgendwo machten. Jazzy hatte vor einer Weile, bei Sonnenuntergang, die Musik leiser gestellt.Jetzt war sie kaum noch zu hören, mehr Hintergrundsummen als sonst etwas. Das schien nur richtig. Sie waren alle müde. Auf der Schnellstraße hatte der Verkehr nachgelassen. Den ganzen Tag war Rita um größere Fahrzeuge herumgekurvt: um Lastwagen, SUVs und Autos mit Wohnanhängern. Inzwischen hatten sie die rechte Fahrspur ganz für sich.
Als sie in Colorado einfuhren, las Jazzy das Schild: W ELCOME TO C OLORFUL C OLORADO – Willkommen im farbenprächtigen Colorado. Sie blickte sich nach Lavernes Reaktion um, aber die war vollkommen erschöpft eingeschlafen und nahm die Welt nicht mehr wahr.
»Allzu farbenprächtig ist es nachts ja nicht«, meinte Rita. Jetzt, da sie die Bundesstaatsgrenze hinter sich hatten, fühlte sie sich besser. In Nebraska waren direkt an der Interstate nicht allzu viele Hotels zu finden. Nach den Ergebnissen von Jazzys Online-Recherche bot Colorado mehr Optionen. Außerdem hatte es etwas Befriedigendes, an einem einzigen Tag durch drei Bundesstaaten gefahren zu sein. Sie hatte einiges geleistet.
Sie merkten, dass mit dem Wagen etwas nicht stimmte, als die Musik verstummte. Jazzy und Rita wechselten einen erstaunten Blick, aber bevor sie noch etwas sagen konnten, verdunkelten sich die Lichter des Armaturenbretts.
»O nein«, sagte Jazzy, als wüsste sie, was los war.
»Was denn?«, fragte Rita.
»Fahr raus«, sagte Jazzy mit aufgeregt erhobener Stimme. »Jetzt sofort!«
»Aber wir sind doch bei keiner Ausfahrt.«
Auf dem Rücksitz erwachte Marnie zum Leben. »Was ist denn los?«
Laverne, die noch halb schlief, stöhnte.
Bevor jemand eine Antwort geben konnte, gab der Wagen den Geist auf. Rita kam er vor wie ein riesiges Aufziehspielzeug, das abgelaufen war. Sie konnte gerade noch an den Straßenrand fahren, bevor endgültig Schluss war. Der Wagen rumpelte über den Strich, der den Fahrbahnrand markierte, und blieb stehen.
»Du kannst hier nicht halten«, sagte Marnie. »Sonst rammt uns noch jemand.«
»Mir bleibt keine Wahl«, erwiderte Rita scharf. Es sah ihr gar nicht ähnlich, jemanden anzuschnauzen, aber die Umstände ließen sie platzen. Sie war den ganzen Tag gefahren, während die anderen schliefen, lasen oder auf ihr Handy schauten, und plötzlich kritisierte man sie? »Ich habe keinen Saft mehr.«
»Ist die Batterie kaputt?«, fragte Marnie.
»Ich weiß es nicht. Ich glaube nicht. Sie ist ziemlich neu.«
»Es ist die Lichtmaschine«, erklärte Jazzy voll Überzeugung.
»Wieso bist du dir da so sicher?«, fragte Rita, die sich fragte, ob Jazzys Botschaften aus dem Jenseits auch Werkstattprobleme mit einschlossen.
»Genau dasselbe ist einmal mir und meinem damaligen Freund passiert, als ich noch in der Highschool war«, antwortete Jazzy. »Damals kam ich erst mit drei Stunden Verspätung nach Hause. Mann, war mein Dad sauer. Ich habe einen Monat Hausarrest bekommen.« Bei der Erinnerung schüttelte sie den Kopf.
»Und was machen wir jetzt?«, fragte Marnie.
Rita wandte sich Jazzy zu. »Haben deine Geister irgendeinen Vorschlag?«
»Nein, ich höre nichts.«
»Apropos Geister, es wäre nett gewesen, wenn sie uns rechtzeitig vor dieser Panne gewarnt hätten. Dann hätten wir die Lichtmaschine vor der Abfahrt ersetzen lassen können.«
»Weißt du, genau das ist der Grund, warum ich nicht gern erzähle, dass ich ein Medium bin. Ich schwöre dir, dass ich keinerlei Kontrolle habe.« Die Stimmung im
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