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Auf dem Maniototo - Roman

Auf dem Maniototo - Roman

Titel: Auf dem Maniototo - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.H.Beck
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ergeben würde, und ich wusste, dass Peter Wallstead oder Howard Conway und andere einer Schriftstellerin
eine
solche Figur nachsehen würden, aber nicht vier auf einmal! (An einem Punkt ihrer Laufbahn betritt die Schriftstellerin eine Garderobe, wo sie aufgefordert wird, nur ihre eigenen Kleider aufzuhängen.)
    In jener Nacht machte ich mir so viele Gedanken über meine Rolle als Eigentümerin und Gastgeberin, dass ich schlecht schlief. Ich hatte groteske Träume: In einem warenmeine Gäste literarische Figuren, die als Haustiere zwei Geier namens Plusquamperfekt und Historisches Präsens mitbrachten, von denen der eine passiv und anscheinend friedlich und der andere aggressiv war, ständig herumhackte und nach Aufmerksamkeit verlangte. Ich bestand darauf, sie müssten Historisches Präsens loswerden, was sie auch taten; dann starb Plusquamperfekt unglücklicherweise an Überaktivität, und meine Gäste erstarrten in ihrer Stellung, wie Statuen, über die toten Garretts gebeugt.
    Ich wachte früh auf, voll Unruhe. Ein schwaches graues Licht wurde allmählich zwischen den zugezogenen Vorhängen sichtbar, ein kaltes, von Wolkenstreifen durchzogenes Unterwassergrau, das durch die Vorhänge drang und meinen müden, brennenden Augen den unerwünschten Anblick der Außenwelt bot, einer Welt voller Ecken und Winkel, einer Geometrie der Gefahr. Ich sah nach der Uhr auf meinem Schreibtisch. In zwei Stunden sollten die Prestwicks mit dem Flugzeug aus London ankommen, und ich hatte versprochen, sie abzuholen. Noch war es nicht Zeit, mich einzuigeln.
    Ich fuhr den Volvo der Garretts (meinen Wagen!) aus seinem überdachten Abstellplatz (vorüber an den tau- und nebelfeuchten Purpurwinden) und machte mich auf den Weg zum Flughafen, und wie immer staunte ich über die Golden-Gate-Brücke, obwohl es nur ein Erinnerungsstaunen war, in Gedanken an den Film
San Francisco
, den ich vor vielen Jahren gesehen hatte und dessen anschwellender Schlusschor, wie er aus Filmen dieser Zeit nicht wegzudenken ist, unweigerlich ein bestimmtes Gefühl im Publikum entstehen ließ, gemischt aus aufwallender Liebe zur Menschheit und der sehnsuchtsvollen Hoffnungslosigkeit des «Ich bin, doch was ich bin, wen kümmert es, wer weiß darum?».
    Ich traf am Flughafen von San Francisco ein. Nachdem ich bezahlt hatte, gewährte mir der rotweiße Holzarm Zufahrt zum Parkplatz. Die automatischen Schiebetüren gingen auf, als ich die Halle betrat. Das Flugzeug der Prestwicks war schon gelandet. Ich wusste, wo ich sie finden würde, bei der Gepäckausgabe, angesteckt von der in solchen Räumen grassierenden Hysterie, wo die Menge das laufende Förderband umringt, bereit sich auf ihre Koffer zu stürzen, aus Angst, sie zu übersehen oder nicht wiederzuerkennen.
    Ich entdeckte die Prestwicks.
    «Unserer ist blau», sagte Doris gerade zu Roger.
    «Alle sind blau.»
    «Nicht unbedingt, Liebling.»
    «Man muss nur schauen und abwarten.»
    «Schau! Dort!»
    Ein Urschrei, ausgestoßen beim Anblick neuer Horizonte.
    «Schau doch, ganz oben auf dem Stoß.»
    «Er rutscht herunter. Da ist noch einer.»
    «Ich hab ihn. Pass auf, Roger. Da kommt der andere wieder.»
    Endlich hatten sie ihr Gepäck. Andere Passagiere, mit sorgenvoll verzerrten Gesichtern, wagten nicht, den Blick vom Förderband abzuwenden.
    «Alles ist so verwirrend, es macht mich ganz schwindlig», sagte Doris, als ich mich vorstellte.
    «Wie haben Sie uns erkannt?», fragte Doris schüchtern.
    Ich gab keine Antwort. Sie hatten immer noch das Flughafenfieber. Ich wusste nicht, warum ich sie erkannt hatte.
    Auf der Fahrt nach Berkeley redeten sie nur über das Gepäck, und ich beteiligte mich daran in der erwarteten Weise, so als läsen wir aus dem überall gleichen Regiebuch des Flugverkehrs –Geschichten von Koffern, die verloren, gestohlen, aufgeschlitzt, wiedergefunden wurden, die an unvorhergesehene Bestimmungsorte gelangten. «Er ist in Thailand aufgetaucht.»
    Während wir zu den Berkeley Hills hinauffuhren, begannen die beiden zu gähnen (ich auch), und wir schwiegen, abgesehen von Bemerkungen wie: «Ist das nicht Fenchel, was da am Straßenrand wächst?»
    «Fenchel?»
    «Ja, Fenchel. Schau, ein Reh!»
    Im Gegensatz zu den kahlgeschorenen Rasenflächen von Blenheim, wo kein Grashalm fehl am Platz war, und seinen sorgfältig geschnittenen Grünstreifen durchlief Berkeley gerade ein «Wildnis»-Stadium, in dem es Mode war, Wiesengras und Kräuter ungehindert wachsen zu lassen und den wilden Tieren

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