Auf dem Maniototo - Roman
denen sie viele selbst entworfen und genäht hatte; damit, phantasievolle Mahlzeiten zuzubereiten, die Wohnung einzurichten und die Einrichtung wieder zu verändern; und Spitzen mit dem Kissen zu klöppeln, das sie nun schon so lange hatte, dass sein Goldsamt fadenscheinig geworden war. Ja, Theo hatte sie wirklich gerettet. Wenn er nicht gewesen wäre, dann würde sie wahrscheinlich von einer unglücklichen Liebesaffäre in die nächste schlittern oder auf der Farm ihres Bruders in Southland ein erbärmliches Leben führen oder in Invercargill unterrichten und zusehen, wie Studentinnen, die sie von der Pädagogischen Hochschule her kannte, immer grauer und bekümmerter wurden, aus Angst, unter den quecksilbrigen Kindern Schaden zu leiden. Und was Invercargill anging – ach, diese graue Stadt, fast schon an der Südspitze der Welt, wo der Wind direkt aus derAntarktis kam, regen- und schneebeladen, und durch die breiten, grauen Straßen wehte!
In mancher Hinsicht, so dachte Zita, passten Theos und ihre eigene Verrücktheit zusammen. Sie erinnerte sich an den Abend, an dem er nach dem Genuss von zu viel Wein Kerosin über den Holzkohlengrill zu gießen begonnen hatte, worauf ein loderndes Feuer entstand, das den ganzen Wohnblock gefährdete. Sie hatte nicht danebengestanden und gefleht: «Nicht, Theo, du steckst unsere Wohnung in Brand», wie Doris das sicher getan hätte. Doris hätte das Kommando übernommen, sie hätte Theo weggezogen und ihn wie ein unartiges Kind behandelt. Nein, Zita, Kind und Prinzessin zugleich, hatte den Kanister genommen und wie Theo das Feuer geschürt, hatte wie verrückt darauf eingebrüllt, es aufgefordert, sie beide und das Haus und die Stadt und die ganze Welt zu verbrennen; was kümmerte sie das schon? Sie hörten nur auf, weil ihnen Kerosin und Wut ausgingen, und sie hatten noch eine Flasche Wein aufgemacht und betrunken aufeinander eingeredet, und in dieser Nacht war sie imstande gewesen, seine Liebesbeweise zu ertragen, und war in seinen Armen eingeschlafen, während sie ihn wimmern und schluchzen hörte wie ein verzweifeltes Kind, dessen Spielzeug sich nicht mehr aufziehen lässt. In vielerlei Hinsicht war auch er noch ein Kind. Er fühlte sich rasch zurückgestoßen – von seinen Freunden, wenn sie seiner Arroganz und Prahlerei überdrüssig wurden, und von seinem Land, das ihm seiner Ansicht nach nie die Anerkennung ausgesprochen hatte, die er für seine bahnbrechende Arbeit über die Erosion verdiente, ein Land, in dem die Hälfte aller Leute in den Spitzenpositionen im Außen-, Innen- und Landwirtschaftsministerium nur durch ihn dorthin gelangt waren – ein Wort von ihm, ein Brief, eine Rettung hier, eine Rettung da,und schon standen sie an der Spitze; einige wurden sogar geadelt, und Schulen wurden nach ihnen benannt …
Er war ein enttäuschtes Kind, der kleine Prinz mit seiner Prinzessin; und Zita, die aus eigenem Entschluss kinderlos war, wusste, dass sie immer für ihn sorgen und ihn in den Schlaf wiegen, ihn trösten würde, wenn er alt und krank war. Ihre Gedanken kehrten immer wieder dorthin zurück. Es war ein sicherer Ankerplatz für sie beide, und wenn sie daran dachten, empfanden sie einen gemeinsamen Schmerz, den sie wirklich genossen. Alles war vorausgeplant, so genau wie Irving Garretts Papier- und Pappmascheestädte, wie Rogers Wüstenexpedition, wie Doris’ Haushaltsführung und ihr neues Hobby, das Sammeln und Lackieren von Landkarten; und wie Zitas eigene Spitzen- und Stickmuster. Ihr Zusammensein war ein wunderschöner Traum. Sie waren ein perfektes Paar.
Zita, die mit ihren Gedanken nun wieder in der Gegenwart war, bereitete eine kalte Mahlzeit für die anderen zu und ging auf die Terrasse, um ein Sandwich zu essen. Der hohe, frisch belaubte Baum am Ende des Gartens breitete sein grünlich gefärbtes Licht über sie. Dieses Haus könnte uns gehören, dachte sie. Keine Mietwohnungen mehr. Wir könnten hier wohnen. Diese Schriftstellerin braucht das Haus nicht: Alice Thumb, Violet Pansy Proudlock, Mavis Halleton, wie immer sie sich nennt. Sie ist eine Fremde, und obwohl wir den Garretts nicht sehr nahestanden, hatten wir doch gemeinsame Interessen. Sie gehörten nicht zu den Leuten, die jemand gut kennt; sie hatten etwas Neutrales, eine Blässe, eine Gefühlsglätte, wodurch sie für andere kaum fassbar waren. Und sie hatten keine Kinder und keine lebenden Verwandten.
Wir würden natürlich alles neu einrichten, sagte sich Zita.Diese Shakespeare-Maske
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