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Auf dem roten Teppich und fest auf der Erde

Auf dem roten Teppich und fest auf der Erde

Titel: Auf dem roten Teppich und fest auf der Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Loki Schmidt
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Skorpion entdeckt, die bisher der Wissenschaft nicht bekannt gewesen sind – Respekt! Als ihr die sowjetische Akademie der Wissenschaften für ihre botanische Forschungsarbeit im Kaukasus einen Doktortitel ehrenhalber verlieh, da bin ich sehr stolz auf meine Frau gewesen. Ich bin immer noch stolz auf diese Tochter eines Werftarbeiters, mit der ich seit fast sieben Jahrzehnten verheiratet bin.
    Hamburg, im April 2010

Aufstieg aus Hammerbrook
    Haben Sie als Ehefrau des Bundeskanzlers bei Besuchen in der Welt der großen Politik manchmal gedacht: Mensch, hier stehe ich, die Hannelore aus der Schleusenstraße in Hamburg-Hammerbrook, und kann mich nur wundern?
    Doch, aber nur ganz selten, denn meistens hatte ich bei offiziellen Auslandsreisen und bei Begegnungen mit Staatsmännern oder Monarchen gar nicht die Zeit zum Reflektieren. Da musste ich mich auf die Menschen und auf das Protokoll konzentrieren. Aber im Buckingham Palace in London zum Beispiel, da habe ich einen solchen sentimentalen Anflug erlebt. Man kommt durch einen langen Saal oder einen sehr weiten Flur, wo die Wände links und rechts mit Bildern gepflastert sind, hauptsächlich natürlich mit Ahnenporträts. Die Queen begleitete Helmut und mich zu ihren Empfangsräumen. Da habe ich durchaus gedacht: Schade, dass deine Eltern dich hier nicht langmarschieren sehen, die hätten bestimmt gestaunt und sich gefreut, dass ihre Tochter an der Seite der Königin des Vereinigten Königreichs von Großbritannien und Nordirland durch deren Palast geht.
    Wann war es das erste Mal, dass Sie bei einem offiziellen Besuch ein solches Gefühl hatten und an Ihr früheres bescheidenes Zuhause oder an Ihre Eltern dachten?
    Ich glaube, das ist mir in dieser Form nur dieses eine Mal so gegangen, bei anderen Gelegenheiten vielleicht noch mal ganz flüchtig. Als Norddeutsche neige ich nun auch nicht so übermäßig zu sentimentalen Anflügen. – In diesem Zusammenhang fällt mir etwas Rührendes ein. Helmut war als Abgeordneter des Bundestags wiedergewählt und 1969 zum Verteidigungsminister der ersten sozial-liberalen Koalition ernannt worden, als mein Vater einen Unfall hatte. Er saß schon seit einiger Zeit im Rollstuhl und ist aus irgendeinem Grund damit umgekippt. Meine Mutter konnte ihn nicht aufsammeln, sie war ja nun auch schon alt. Es ist also irgendjemand gekommen, um ihn aufzuheben.
    Wie alt war Ihr Vater damals?
    Er war siebenundsiebzig. Der Unfall ereignete sich in ihrem kleinen Haus in Neugraben. Er musste dann ins Krankenhaus, weil er sich am Bein verletzt hatte. Während der Behandlung hat mein Vater dem Arzt ins Ohr geflüstert: »Ich bin der Schwiegervater vom neuen Verteidigungsminister.« Normalerweise legte mein Vater keinen Wert auf so etwas, und angeben tat er schon gar nicht. Helmut als Verteidigungsminister muss ihm jedoch sehr imponiert haben, wenngleich mein Vater und meine Mutter mindestens so nüchtern waren wie ich. Leider hat mein Vater nicht mehr erlebt, dass Helmut Bundeskanzler wurde. Meine Mutter hat sich darüber noch freuen können, auch wenn es sie nicht vom Stuhl gerissen hat; sie war damals allerdings schon sehr krank. Helmuts Vater hat die Kanzlerschaft seines Sohnes noch erlebt, doch der hielt sich ebenfalls sehr zurück mit Gefühlsäußerungen.
    Stolz auf ein Familienmitglied, und sei es ein angeheiratetes, das es zu etwas gebracht hat, ist doch etwas ganz Natürliches.
    Bei meinen Eltern und meinem Schwiegervater war das auch nicht anders, nur zeigten sie ihren Stolz nicht. Gerade weil es so ungewöhnlich für ihn war, höre ich noch, wie mein Vater mir zaghaft gestand, wie er bei seinem behandelnden Arzt mit Helmut als Verteidigungsminister angegeben hatte. Da habe ich zum ersten Mal gemerkt, dass mein Vater stolz auf seinen Schwiegersohn war. Bis dahin war der Schwiegersohn ja mein ehemaliger Klassenkamerad und nichts anderes gewesen. So hatte er ihn kennengelernt, und so war es auch nach unserer Heirat geblieben.
    Wie war das Verhältnis zu Ihren Eltern, als Ihr Mann in die Politik gegangen war und Sie viele zusätzliche Pflichten hatten?
    Ich habe meine Eltern natürlich, sooft ich konnte und es bei ihnen ging, besucht. Wir lebten noch nicht in Bonn. Aber dass mein Vater plötzlich des neuen Amtes wegen stolz auf seinen Schwiegersohn war, darüber wundere ich mich bis heute.
    Sie sind aber auch ein Mensch, dem Äußerlichkeiten – also Ämter, Paläste, Reichtum, Titel – nicht so sehr imponieren können.
    Das kann man so

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