Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Auf dem roten Teppich und fest auf der Erde

Auf dem roten Teppich und fest auf der Erde

Titel: Auf dem roten Teppich und fest auf der Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Loki Schmidt
Vom Netzwerk:
Anfängerin. Pro Monat.
    Da wohnten Sie noch zu Hause?
    Woanders konnte ich gar nicht wohnen. Meine Eltern bekamen jeden Monat von meinem Gehalt hundert Mark. – Nein, das ist nicht ganz richtig, ich brauchte ja eine Monatskarte und außerdem ein bisschen Taschengeld, zum Beispiel für Zigaretten. Ich gab also etwas weniger als hundert Mark zu Hause ab.
    Als Sie schließlich Lehrerin und einigermaßen etabliert waren, haben sich bei Ihnen da irgendwelche Karrierewünsche eingestellt? Haben Sie sich gewünscht, einmal Konrektorin oder Rektorin zu werden?
    Über meine spätere »Karriere« habe ich mir keine Gedanken gemacht. Wir waren vielleicht auch nicht so karrierebewusst, wie es heute manche Menschen sind. Allerdings war tief in mir immer das Bedürfnis oder die Sehnsucht: Wenn du mal kannst, dann möchtest du in der Welt rumreisen und Naturforscher werden. Da hatte ich aber noch nichts von Alexander von Humboldt erfahren. Als ich das erste Mal ein Buch von ihm oder über ihn gelesen habe, war er natürlich mein Held, der genau das getan hatte, was mir vage als Lebensziel vorschwebte: durch die Welt fahren und dabei neue Erkenntnisse über die Natur gewinnen.

»Bürgerlich bin ich nie gewesen«
    Haben Sie Ihre Ehe mit Helmut Schmidt als gesellschaftlichen Aufstieg verstanden?
    Das habe ich nie so empfunden. Wir sind beide in der Lichtwarkschule groß geworden, wo die Herkunft der Kinder keine Rolle gespielt hat. Dort kam es darauf an, ob einer intelligent genug war und auch sonst den Anforderungen dieser Reformschule genügte. Nach einem Jahr wurde dann nach diesen Maßstäben entschieden, wer auf der Schule bleiben durfte und wer nicht. Die Herkunft spielte keine Rolle, genauso wenig wie bei meiner Ehe mit Helmut.
    Ihr Mann hat gesagt, dass er, als er Ihnen eine vergessene Mütze in Ihre Wohnung gebracht hat, entsetzt gewesen sei über die Wohnverhältnisse Ihrer Familie.
    Ich kann mir vorstellen, warum er entsetzt war. Bei ihm zu Hause gab es nämlich ein Elternschlafzimmer, ein Esszimmer, ein Herrenzimmer, wo der große Schreibtisch meines Schwiegervaters stand, und die beiden Jungs hatten je ein Zimmer. Eines war allerdings eine kleine Kammer. Das eine Zimmer war groß genug, sodass derjenige, der darin schlief, dort seine Schularbeiten machen konnte, der andere erledigte sie am Esszimmertisch. Aber meine Schwiegereltern waren sehr gerechte Eltern. Irgendwann mussten ihre beiden Söhne wechseln, das heißt, der andere bekam dann das
      
    aaaKabuff. Das habe ich sehr deutlich miterlebt und als gerecht empfunden.
    Nun war Helmut Schmidt, als Sie geheiratet haben, schon Oberleutnant, und er war der Sohn eines Lehrers, also von seinem Status her durchaus bürgerlich. Aber diese Bezeichnung behagt Ihnen sicherlich nicht.
    So ist es. Und noch etwas anderes: Ich habe mir lange den Kopf darüber zerbrochen, warum die Schmidts, diese dem Äußerlichen nach bürgerlichen Menschen, ihre beiden Söhne auf die Lichtwarkschule geschickt haben. Es gibt vielleicht die Erklärung, dass ein Freund des Hauses – ein Maler, auch mit dem Namen Schmidt, aber nicht mit ihnen verwandt – eine Frau hatte, die Lehrerin an einer Reformschule war. Jahre später habe ich mit Reiner Lehberger zusammen einmal eine Ausstellung über die Reformschulen in Hamburg gemacht. Und da habe ich auf einem Bild – Emma hieß sie, glaube ich – Emma Schmidt entdeckt. Sie war also Ende der zwanziger, Anfang der dreißiger Jahre in pädagogischer Hinsicht schon so modern, dass sie die ganze Reformschulzeit als Lehrerin mitgemacht hat. Und Helmut und ich haben vermutet, dass sie das Ehepaar Schmidt dazu gebracht hat, seine beiden Kinder auf so eine moderne Schule zu schicken.
    Wie haben denn Ihre und Helmuts Eltern auf Ihre Hochzeit reagiert?
    Helmut war inzwischen an der Front in Russland gewesen und heil zurückgekommen. Als er seinen Heiratsantrag machte, hat meine Mutter im Hintergrund gestanden und gegrinst. Mein Vater hat Helmut angelacht und gesagt: »Du kennst sie lange genug, du weißt ja, was du kriegst.«
    Und wie haben die Schmidts reagiert?
    Die Mutter hat gesagt: »Das habe ich mir schon lange gewünscht.« Mein Schwiegervater äußerte sich ja nicht viel, aber dass er mit unserer Ehe einverstanden war, merkte man ihm an.
    Haben Sie als Offiziersfrau Veränderungen in Ihrem Leben festgestellt?
    Nicht wirklich. Wahrscheinlich liegt das daran, dass wir nicht plötzlich bürgerlich im herkömmlichen Sinne waren, sondern weiter so

Weitere Kostenlose Bücher