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Auf dem roten Teppich und fest auf der Erde

Auf dem roten Teppich und fest auf der Erde

Titel: Auf dem roten Teppich und fest auf der Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Loki Schmidt
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Hungersnot haben meine Eltern und ihre Freunde geredet und überlegt, wie man da helfen kann, obwohl wir selbst nichts hatten.
    Haben die Eltern helfen können?
    Im Freundeskreis wurden Pakete mit Nahrungsmitteln gepackt. Damals war mein Vater zwar noch in Lohn und Brot, aber ich weiß, dass er nicht viel verdiente.
    Haben Sie dann später in Ihrer Ehe häufiger über Politik diskutiert?
    Wir hatten kaum Zeit dafür, denn wir hatten beide viel zu tun. Als Helmut nach Bonn in den Bundestag ging, blieb noch weniger Gelegenheit, politisch miteinander zu diskutieren. Ich war ohnehin immer unter Druck als Lehrerin, die ihren Beruf sehr ernst nahm, die sich keine Putzfrau leisten konnte undein Kind versorgen musste. Viel Zeit und Kraft, um mich intensiv mit Politik zu beschäftigen, blieb daher nicht.
    Als Ihr Mann für den Bundestag kandidierte, war Ihnen da bewusst, dass ihn die neue Aufgabe völlig in Beschlag nehmen könnte?
    Das war zuvor weder ihm noch mir bewusst. Vier Jahre wollte er im Bundestag sein, aus Neugier sozusagen …
    Aber was das bedeutete an Arbeit und Präsenz …
    Das war uns beiden nicht klar.
    Das ist Ihnen sicher schnell klar geworden?
    Schon deshalb, weil ich meinen Mann kaum noch gesehen habe. Er musste natürlich viel in Bonn sein, und die Verbindung von dort nach Hamburg war noch nicht so schnell und problemlos wie heute.
    Wie war damals Ihr Verhältnis zur SPD?
    Darüber habe ich mir keine großen Gedanken gemacht. Ich war nur der Meinung, wenn ich einmal in eine Partei eintrete, muss ich auch etwas für sie tun, und da ich vollauf beschäftigt war, habe ich es gelassen. 1961 bin ich dann aber tatsächlich in die SPD eingetreten, und das geschah folgendermaßen: Unser Kreisvorsitzender, den ich sehr schätzte, besuchte mich eines Tages und fragte: »Hast du einen Schnaps im Haus?« Ich habe ihn erstaunt angeschaut, und er forderte mich auf: »Schenk mal zwei Gläser ein!« Ich glaube, wir hatten noch Cognac im Haus – viel Alkohol tranken wir ja nicht. Dann sagte er: »Hier habe ich die Parteibeitrittserklärung, die wirst du jetzt unterschreiben, und dann trinken wir darauf.« Danach hat er mir erzählt, dass er aufhöre, Kreisvorsitzender zu sein, aber das wolle er noch erreichen, dass ich in die Partei eintrete. Ich bin also mit Hilfe eines Cognacs gezwungen worden, in die Partei einzutreten … Er hat mir übrigens klargemacht: »Ich will ja nur, dass du eintrittst, du musst nicht groß mitarbeiten. «Das kann ich auch nicht», habe ich ihm geantwortet, denn ich muss mich um fünfzig Kinder in meiner Klasse kümmern, und zu Hause habe ich auch noch eins.
    Ich habe damals übrigens noch eine ganze Reihe von Kindern unterrichtet, die mit ihren Familien in Nissenhütten wohnten und mit denen ich mich besonders intensiv beschäftigen musste. Das waren Ausgebombte und Flüchtlinge. Unter den Bewohnern der Nissenhütten – halbrunde Baracken aus Wellblech, die uns die britische Besatzungsmacht beschert hatte – gab es sehr unterschiedliche Menschen. Ich erinnere mich beispielsweise an eine Arztfrau, die mit ihren beiden Kindern dort wohnte. Ihr Mann war als Soldat vermisst. Sie wusste nicht, ob er noch lebte. Deren Jungs habe ich Rundstücke gekauft und mit Butter bestrichen, damit die beiden mal ein anständiges Frühstück bekamen. Sie hat mich später umarmt und geheult. Unter solchen Umständen überlegt man sich natürlich nicht lange, ob man idealistischerweise noch irgendwo anders, zum Beispiel in einer Partei, mitmachen will.
    Beim Bundestagswahlkampf für Ihren Mann waren Sie demnach nicht beteiligt?
    Nur wenig. Ich musste für die Schule arbeiten und mein Haus versorgen.
    Als Bundestagsabgeordneter war Ihr Mann sehr erfolgreich und wurde bald schon zu einem profilierten Politiker und Redner – gelegentlich auch »Schmidt-Schnauze« genannt. Wie haben Sie diese Bezeichnung für Ihren Mann empfunden?
    Die habe ich nicht für besonders freundlich gehalten, aber man konnte ja nichts machen. Das Wort war nun einmal in der Welt und ließ sich nicht mehr wegradieren.
    Wie fand er den hart klingenden Beinamen?
    Das kann ich Ihnen nicht sagen. Ich vermute aber, dass er das Anerkennende, das auch in dieser Bezeichnung mitschwang, wahrgenommen hat. Jedenfalls war das bestimmt kein Gesprächsthema zwischen uns.
    Ihr Mann hat in den fünfziger Jahren schnell in der SPD Karriere gemacht und wurde Mitglied des Bundesvorstands. Haben Sie vor seiner Wahl in dieses Gremium mit ihm darüber

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