Auf dem Schlachtfeld der Liebe
Damen mit Dirnen zu verkehren.
Aber sie war nicht im mindesten schockiert, weil sie von Marny betreut wurde. Doc Abe und seine Helfer hatten genug mit den Verwundeten zu tun. In der Ferne sah sie das Lazarett. Leicht benommen richtete sie sich auf. Warum war ihr so schwindelig?
»Immer mit der Ruhe, Miss Magee«, mahnte Marny sanft und legte ihr einen feuchten Lappen auf die Stirn.
»Danke, Marny, ich bin in Ordnung - und nur verlegen, weil ich den armen jungen Soldaten im Stich gelassen habe.«
»Sorgen Sie sich nicht. General Goths Frau hat sich wie eine Glucke um Sie gekümmert, als Sie zusammengebrochen sind. Und danach nahm sie Ihren Platz ein. Natürlich sind Sie eine wunderbare Krankenschwester, Miss Magee. Aber es gibt noch andere.«
»Jetzt sollte ich zurückgehen. Ich fühle mich viel besser.«
»Bei dieser Hitze sollten Sie sich schonen. Sonst passiert 's bald wieder.«
»Nur ein kleiner Schwächeanfall ...«
»Wenn Sie meinen«, murmelte Marny und wich Risas Blick aus.
»Ich verstehe nicht...«
»Wirklich nicht?«
»Nein. Bitte, Marny ...«
»Hören Sie, Miss Risa, Sie sind eine gute, anständige Frau, ganz anders als die arroganten Offiziersfrauen, die sich einbilden, sie würden an Gottes rechter Seite sitzen.« Marny bekreuzigte sich ehrfürchtig. »Und ich wünsche Ihnen nur das Allerbeste. Wahrscheinlich hatten Sie in letzter Zeit einige Schwierigkeiten, und ich schließe Sie in meine Gebete ein. Aber mir müssen Sie nichts vormachen.«
Schwankend stand Risa auf, und Marny stützte sie. »Was sollte ich Ihnen vormachen?«
»Wie naiv ihr feinen Damen seid! Selbstverständlich ist Ihr Geheimnis bei mir sicher. Wenn sich auch manche Leute das Maul über Ihr Verhältnis mit Captain McKenzie zerreißen ...«
»Wovon reden Sie?« flüsterte Risa. »Ich habe kein Verhältnis mit dem Captain, obwohl...«
Ungeduldig fiel Marny ihr ins Wort. »Miss Risa, Sie erwarten ein Baby. Darauf wette ich meinen kümmerlichen Jahreslohn, den ich von diesen geizigen Soldaten kriege.« Unter Risas Füßen begann der Boden zu zittern, und sie versank in einer neuen Ohnmacht.
Angus Magee lehnte sich in seinem Klappsessel zurück und seufzte tief auf. Vormarsch, Rückzug, Vormarsch, Rückzug. So lautete die konstante Order. Sie hatten genug Soldaten und Waffen zur Verfügung. Aber sooft er
McClellan und dessen Speichelleckern auch erklärte, General Robert E. Lee würde nur auf seine Willenskraft bauen, wollten's diese Bastarde nicht begreifen.
Wenn sie doch endlich eine Entscheidung herbeiführen würden! Er nahm eine Whiskeyflasche und Gläser aus einer Schreibtischschublade. Dann musterte er seinen Stab. »Wie Sie wissen, Gentlemen, war Pope unfähig, Stonewall Jackson im Valley zu schlagen.« Nachdem er gefüllte Gläser verteilt hatte, breitete er eine Landkarte auf der Tischplatte aus. »An dieser Stelle rückt Pope in Richtung Gordonville vor. Hier begegnen wir Lees Streitkräften - schätzungsweise zwischen achtzigtausend und hundertfünfzigtausend Mann, und McClellan tritt ihm bei Richmond entgegen. Pope kommandiert fünfzigtausend im Valley. Auf diese Weise nehmen wir die Rebs in die Zange. Demnächst erwarten wir Verstärkung. Alles klar?«
»Ja, Sir«, antworteten die Offiziere und standen auf, weil sie wußten, daß sie mit den letzten Worten des Generals entlassen worden waren.
Nur Lieutenant Courtenay wandte sich an ihn.
»Sir, wenn wir massiv vorrücken würden ...«
»Hoffentlich«, erwiderte Angus müde. »Eines Tages, hoffentlich. Gute Nacht, Gentlemen.«
Während die Offiziere das Kommandozelt verließen, schenkte er sich noch einen Whiskey ein. Nach einer Weile trat er ins Freie, das Glas in der Hand. Das verlassene alte Plantagenhaus fungierte als Lazarett. Darin hatten sich auch einige Offiziere einquartiert. Angus zog es vor, ein Zelt in einem Kiefernwäldchen zu bewohnen, einen Steinwurf vom Haus entfernt. Ganz in der Nähe stand Risas Zelt, am Ufer des Bachs. Seufzend schüttelte er den Kopf und dachte an seine Tochter. Stolz und innige Liebe erfüllten sein Herz. Wie schön und klug und tüchtig sie war ...
Von allen Soldaten wurde sie verehrt und bewundert. Nahe den Schlachtfeldern zeigte sie kein bißchen Angst. Tapfer ertrug sie den Anblick blutender Wunden, unermüdlich betreute sie die Patienten und ermunterte sie mit ihrem melodischen Gelächter. An manchen Abenden saß sie mit den Männern am Lagerfeuer und stimmte jene Lieder an, die ihnen Mütter, Ehefrauen und
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