Auf dem Schlachtfeld der Liebe
einen sehr wertvollen Gefangenen. Der Kavallerist - im Norden wegen seiner Reitkünste und seiner Fähigkeit bewundert, feindliche Positionen auszuspionieren - wurde ebenso im Süden respektiert, seit er im Shenandoah Valley den Galgentod von fünf Rebellen verhindert hatte.
Da seine Untergebenen überzeugt waren, die fünf Männer hätten Jacksons Truppen die Unionsstellung verraten, wollten sie die Gefangenen lynchen. Jesse Halston trat dazwischen und betonte, es gebe keine Beweise.
Aber es war nicht seine Menschlichkeit, die ihm in den Augen der Konföderierten eine besondere Bedeutung verlieh. Infolge seiner außerordentlichen Reputation wurde man ihn vermutlich gegen zwei gefangene Rebellengeneräle austauschen können, obwohl er nur ein Colonel war.
Sydneys Bruder Brent hatte ihm das Leben gerettet. Während der Schlacht war Halston von fünf Kugeln getroffen worden. Wunderbarerweise hatte keine einzige einen Knochen zersplittert. Andere Yankee-Patienten warfen Brent vor, er würde keine Amputationen vornehmen, um sie sterben zu lassen. Doch der Colonel hatte nur kurz die goldbraunen Augen geöffnet, den Rebellenarzt gemustert und ihm vertraut. Trotz der unzureichenden Anästhesie - einer halben Flasche Whiskey - gab er bei der Operation keinen Laut von sich. Letzten Endes verlor er die Besinnung. Danach rief er im Fieberwahn nach einer Mary, mit der er Sydney verwechselte. Wegen der enormen Bedeutung des Gefangenen hatte die Oberschwester sie beauftragt, sich ausschließlich seiner Betreuung zu widmen. Brent hielt frische Luft für einen wichtigen Faktor bei der Genesung.
Seit Halston fieberfrei war, wurde er jeden Morgen in den Hof gebracht. An diesem Tag hatte er bei Sydneys Ankunft bereits draußen in seinem Rollstuhl gesessen und gedöst. Er konnte zwar schon gehen, würde aber bis an sein Lebensende hinken - ein geringes Übel angesichts seiner schweren Verletzungen.
»Nur Familienklatsch«, beantwortete sie seine Frage.
»Den würde ich gern hören.«
»So interessant sind die Geschichten gar nicht.«
»Wenn man im Krankenhaus liegt, ist alles interessant.«
»Also gut. Meine Schwägerin Alaina bekommt bald ein Baby.«
»Ah, Alaina ...«
»Sie kennen sie?«
»Nein, aber ich ritt sehr oft an Ians Seite, und hier erkannte ich in meinem Doktor sofort einen McKenzie. Ian hat oft das chirurgische Geschick seines Vetters und seines Bruders gelobt und andere Ärzte mit Erklärungen erzürnt, was die beiden in diesem oder jenem Fall tun würden. Auch Sie sind eine typische McKenzie, allerdings eine ganz besondere Version mit Ihrer exotischen Erscheinung, wenn ich so kühn sein darf, das zu erwähnen ...«
»Sicher liegt's an meinem Indianerblut.«
»Mag sein. Jedenfalls sind Sie ungewöhnlich schön.«
»Vorsicht, Sir, Sie schmeicheln mir beinahe wie ein echter Südstaaten-Gentleman.«
»Entweder ist man ein Gentleman oder nicht. Das gilt für den Norden genauso wie für den Süden.«
»Und manche Gentlemen machen besonders raffinierte Komplimente. Wenn Sie glauben, Sie könnten diese Taktik anwenden, um mir zu entfliehen ...«
»Warum sollte ich das wünschen?«
Sydney fragte sich, warum er ihr immer wieder das Blut in die Wangen trieb. »Nun, Sie werden nicht entkommen, also benehmen Sie sich ordentlich. Was den Brief betrifft - neulich hat Captain Jerome McKenzie geheiratet, mein berühmt-berüchtigter Bruder. Seine Frau ist ebenfalls guter Hoffnung.«
»Ja, ich weiß. Magees Tochter. Der General schäumt immer noch vor Wut.«
»Das kann ich mir vorstellen ... Aber jetzt habe ich Ihnen genug erzählt. Von Ihnen weiß ich fast gar nichts.«
»Ich bin der einzige Enkel eines schwerreichen Pelzhändlers und besitze ein luxuriöses Haus in New York City.«
»Womit Sie kein bißchen prahlen ...«
Jesse Halston lachte. »Natürlich nicht. Für diesen Wohlstand habe ich nichts getan. Seit der Lewis- und -Clark*-
Meriwether Lewis, 1774-1809, William Clark, 1770-1838, amerikanische Forschungsreisende, die das Pflanzen- und Tierleben westlich des Mississippi studierten.
Expedition hat sich das Geld praktisch von selbst vermehrt. Dann kam noch das Geld meiner Mutter dazu, die mit meinem Vater, einem Soldaten, durchbrannte. Er kämpfte im Amerikanisch-Mexikanischen Krieg und verschaffte mir einen Studienplatz an der Militärakademie West Point. Dort lernte ich Ihren Vetter Ian kennen. Was wollen Sie sonst noch wissen?«
Zögernd fragte sie: »Wer ist Mary?«
Es dauerte eine Weile, bis er
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