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Auf dem spanischen Jakobsweg

Auf dem spanischen Jakobsweg

Titel: Auf dem spanischen Jakobsweg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Dannhäuser
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hatte ein hübsches
Töchterlein, das sich Hals über Kopf in den Jüngling aus Köln verliebte. Doch
der verschmäht ihre Liebe und deshalb sann sie auf Rache. So schmuggelte sie
dem ahnungslosen Jüngling ein paar silberne Löffel ins Gepäck und zeigte den
„Diebstahl“ an. Die Löffel wurden gefunden und schon am nächsten Tag wurde der
junge Mann vor den Richter gezerrt. Der glaubte ihm kein Wort, verstand
vielleicht auch sein Kölsch nicht und ließ ihn vor den Toren der Stadt
aufhängen. Betrübt zogen seine Eltern weiter bis Santiago, wo sie für das
Seelenheil ihres armen Sohnes beteten. Auf der Heimreise wurden sie um so
betrübter, je näher sie wieder an Santo Domingo herankamen. Doch da, am Galgen
angekommen, — was ist das? Ihr armer Sohn hing noch immer am Galgen — und
lebte. Also war er unschuldig, Sankt Jakobus hatte geholfen. Da eilten sie
schnell zum Richter und erzählten ihm diese Begebenheit. Doch der hatte nur ein
spöttisches Lächeln für diese armen, unwissenden Leute. Auch war er wegen
dieser Störung ungehalten. Der Dickwanst und Vielfraß, der er war, wollte
nämlich gerade einen gesottenen Hahn und auch noch eine ebensolche Henne, die
vor ihm auf dem Tisch lagen, verzehren. So höhnte er auch noch: „Euer Sohn ist
so lebendig wie diese beiden Vögel.“
    Im selben
Augenblick aber wuchsen Hahn und Henne in Windeseile neue Federn und schon
flogen sie durch ein Loch in der Hauswand hinaus. Der Jüngling aber wurde
sofort vom Galgen geholt und konnte mit seinen glücklichen Eltern wieder nach
Köln zurückkehren. Das Grab des Heiligen Jakobus hatte er allerdings nie
gesehen — und das schöne Wirtstöchterchen auch nicht mehr.
    Aber seit
dieser Zeit gibt es im rechten Flügel des Querschiffs der Kathedrale von Santo
Domingo einen reich verzierten „Gallinero“, einen Hühnerstall. In ihm werden
ständig ein prächtig weißer Hahn mit einer ebensolchen Henne gehalten.
Jederzeit dürfen sie nach Herzenslust krähen und gackern. Und alle Einwohner
von Santo Domingo sind stolz darauf, wenn sie an der Reihe sind, dieses Paar
stellen zu dürfen.
    Über die
Begebenheit des 14. Jahrhunderts berichtet auch schon Hermann Künig von Vach,
ein Servitenmönch, dessen Pilgerbuch 1495 in Straßburg erschienen ist:
    „Das sye
von dem bratspyß synt geflogen. Ich weiß fürwar das es nicht ist erlogen dan
ich selber hab gesehen das loch dar uff eyns dem anderen nach floch und den
hert dar uff sye synt gebraten.“
    Das Loch hat
er sogar gesehen!
     
     

Die
eingeschlossenen Akademiker von Belorado
     
    Die
Pilgerherberge in Santo Domingo verlassen wir, es ist inzwischen schon die
Ausnahme geworden, mal wieder gemeinsam, also Heinz,
    Tobias und ich.
Schon nach kurzer Zeit stellt sich diese Zufälligkeit als segensreich heraus.
Denn geteiltes Leid ist halbes Leid und gemeinsam lässt es sich auch viel
besser schimpfen. Nicht einmal das sanftmütige Herz unseres Pfarrers Tobias
bleibt von diesem Unmut verschont. Wir müssen nämlich schon wieder an der
Nationalstraße Nr. 120 entlanglaufen, so gibt es unser Pilgerführer vor. Links
und rechts von uns verlaufen sanfte Hügelketten, die Sonne, die heute morgen so
angenehm ist, bläst ihr Gold in die Stoppelfelder, man ahnt den Frieden und die
Einsamkeit hinter den nahen Bergen — wir aber müssen durch Lärm und Gestank
stapfen.
    „Da hinten,
die da kommen, da muss der Paolo dabei sein, das sieht man schon am Gang“,
meint Heinz.
    „Sieht ganz so
aus, die werden auch schön fluchen.“
    „Ich
verstehe nicht, dass es keinen anderen Weg geben soll, aber die meinen
wahrscheinlich, dass sie uns was Gutes tun, wenn sie uns auf der Straße laufen
lassen, die Heinis“, wirft Tobias ein.
    „Da waren
wieder die Herren aus der Stadt im dunklen Nadelstreifenanzug am Werk, über die
sich schon der Aebli in seinem Buch mokiert hat“, maule ich.
    „Wetten,
dass die sich noch nie mit einem Pilger unterhalten haben?“
    Nach einiger
Zeit holen wir Carmen ein. Sie geht heute allein, und man sieht ihrem Gang an,
dass sie Schmerzen hat. Auch ihr übliches „óla,
    Wolfgang
Amadeus Mozart“ geht ihr heute nicht über die Lippen. Statt dessen wirft sie
einen vielsagenden Blick zum Himmel. Ich denke, dass sie als Spanierin
vielleicht eine Erklärung dafür hat, weshalb man uns hier entlang laufen lässt.
Deshalb frage ich sie, warum die nicht andere Strecken markieren. Aber da
funkelt sie mich mit ihren kleinen, schwarzen Augen an und faucht, dass

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